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# taz.de -- Daten-Verwaltung im Jugendamt: Umstrittene Software gestoppt
> Sozialsenator lehnt Ausweitung des Verwaltungsprogramms JUS IT auf
> Sozialämter ab. Linke fordert Abschaffung auch bei Jugendämtern
Bild: Elektronische Aktenführung frisst Zeit und ermöglicht keinen Gesamtübe…
Die Ausweitung der gern auch als „Elbphilharmonie der Sozialbehörde“
verspotteten Software JUS IT auf Hamburgs Sozialämter findet nicht statt.
Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hat entschieden, das entsprechende
Angebot für der Firma IBM nicht anzunehmen. Nun soll die über 20 Jahre alte
Sozialbehörden-Software „Prosa“ durch ein anderes Programm ersetzt werden.
Die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) dagegen arbeiten schon seit Mai 2012
mit JUS IT und sollen dies weiter tun. Dabei gibt es seit der Einführung
stetig Kritik von Mitarbeitern, dass das Programm zu kompliziert und schwer
anzuwenden sei. Die noch unter CDU-Regierung entstandene Idee war, dass
Jugendämter, Sozialämter und Wohngeldstellen mit einem System vernetzt
arbeiten, um den Kinderschutz zu verbessern. „Daraus wird nun nichts“, sagt
Scheeles Sprecher Marcel Schweitzer. Es handle sich um eine „rein
wirtschaftliche Entscheidung“. Bisher wurden für das Programm 109 Millionen
Euro ausgegeben. Für die Ausweitung bewilligt sind weitere 21,5 Millionen
Euro.
„Sozialsenator Scheele hat endlich erkannt, dass das System zu teuer und
längst veraltet ist“, begrüßt die Jugendpolitikerin Sabine Boeddinghaus
(Die Linke), den Schritt. Doch dass dies in der Jugendhilfe weiter
eingesetzt wird, „finde ich nicht witzig“. Die ASD-Mitarbeiter hätten
dargelegt, dass das System bis zu 70 Prozent ihrer Arbeitszeit fresse. Es
sei „kompliziert, zeitraubend, fehlerhaft und dient der Überwachung der
Beschäftigten“. Nötig sei ein Stopp von JUS IT, mindestens dessen
Aussetzung und Überprüfung.
Eben dies hatten mit „Abschalten!“-Rufen bei einer Personalversammlung im
August 2012 auch die Beschäftigten gefordert. Doch die zuständige
Ver.di-Sekretärin Sieglinde Frieß hält dies für nicht realistisch. „Wir
sind froh, das JUS IT jetzt seine Grenzen gefunden hat“, sagt sie mit Blick
auf die Sozialämter. Im komplizierten Arbeitsfeld der Jugendämter habe wohl
auch ein anderes System Schwierigkeiten. Wichtig sei, dass das Programm nun
verschlankt und gebrauchsfreundlich werde.
„Unsere Kritik an JUS IT bleibt bestehen“, sagt der Personalrat Thomas
Auth-Wittke. Doch die Abschaffung hält auch er für unrealistisch. Wichtig
sei, dass bisher nur versprochene Nachbesserungen auch passierten und dafür
Geld bereit stehe. So sei es in JUS IT nicht mal möglich, eine
chronologische Gesamtübersicht über eine Akte zu bekommen. Deshalb werde
weiter die Papierakte geführt. Dem Plan der Behördenleitung, Akten nur noch
elektronisch zu führen, hätten die Personalräte und Gewerkschaften nicht
zugestimmt. Ein Zeitproblem sei die Papierdokumentation nicht. „Zeit frisst
allein die elektronische Akte.“
Der Sozialpädagogik-Professor Manfred Neuffer hat Ende April eine Tagung
mit Workshops für den ASD abgehalten, bei dem JUS IT Thema war. Sein Fazit:
„Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.“ Die aus den
USA stammende Software sei für die soziale Arbeit ungeeignet. Deshalb
würden auch Nachbesserungen wenig helfen. „Es gibt in Deutschland
einfachere Software, die die Anforderungen erfüllt.“
14 May 2015
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Jugendamt
Kinderschutz
Detlef Scheele
Till Steffen
Yagmur
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