# taz.de -- Datenschützer warnen: Schöne neue Software | |
> Die Ämter für Jugendhilfe, Sozialhilfe und Wohngeld sollen fusionieren, | |
> damit die neue Software Jus IT optimal eingesetzt werden kann. | |
Bild: Viele Daten mit vielen Zugriffsberechtigten: Software (nicht die im Bild)… | |
Trotz Bedenken der Datenschützer hält die Sozialbehörde an dem Plan fest, | |
die in den Jugendämtern eingeführte Software Jus IT ab 2014 auch für | |
Sozialhilfe und Wohngeld einzusetzen. Um dem Datenschutz zu genügen, sollen | |
nun offenbar diese Ämter zusammengelegt werden. Das geht aus dem Protokoll | |
der „Lenkungsgruppe Jus IT“ vom 31. Juli hervor, das der taz vorliegt. | |
Wie berichtet, läuft das Programm in den Jugendämtern nicht reibungslos. Es | |
werde von den Mitarbeitern als „unübersichtlich, Benutzer unfreundlich und | |
zeitaufwendig“ wahrgenommen, kritisiert der Jugendpolitiker Mehmet Yildiz | |
(Linke). Im September steht die Entscheidung an, ob für besagte Ausweitung | |
von Jus IT weitere 40 Millionen Euro ausgegeben werden. | |
Das Papier preist nun die Vorzüge, die Jus IT Dank seiner „integrierten | |
Hilfesicht“ habe. Für den Bürger gebe es Hilfe aus einer Hand. Für die | |
Verwaltung ergäben sich „Effienzsteigerungen und Kostendämpfungen“ und au… | |
eine „Verminderung von Leistungsmissbräuchen“ sei möglich. | |
Datenschutzrechtlich ist die Sache heikel, darauf hat Detlef Malessa vom | |
Büro des Datenschutzbeauftragten schon im Mai hingewiesen. „Es geht das | |
Jugendamt nichts an, ob ein Vater, der Sorgerecht beantragen will, Wohngeld | |
bezieht“, erklärt er. | |
Die Lenkungsgruppe argumentiert, dass die gemeinsame Datennutzung rechtens | |
sei, wenn sich eine Erforderlichkeit dafür ergebe. Dabei sind die Planungen | |
widersprüchlich. Da ist mal von einem „sparsamen“ gemeinsamen Datengebrauch | |
die Rede, der sich nur auf „Stammdaten“ beziehe. Dann soll aber doch ein | |
„Hinweis auf aktiven Leistungsbezug“ eines Bürgers als „Popup“ install… | |
werden. | |
Mal heißt es, für Kontrollzwecke sollten „grundsätzlich“ keine Daten | |
ausgetauscht werden. Gleich danach heißt es: „Wenn allerdings die Kenntnis | |
von Daten mögliche Leistungsmissbräuche verhindern kann, dann wird ein | |
entsprechender Zugriff für nötig erachtet.“ Und schließlich sollen auch | |
„Bedarfsrelevante Merkmale“ für alle drei Behörden einsehbar sein, wie | |
„Lernschwierigkeiten von Kindern“ oder „Schwierigkeiten den Alltag zu | |
bewältigen“ und auch die Verfügung der Hilfe zur Erziehung. | |
Doch liest man das Papier zu Ende, so sollen die Mitarbeiter nicht nur | |
Daten austauschen, sondern auch noch quasi in einem Büro sitzen. Die | |
„integrierte Hilfesicht“ erfordere eine „organisatorische Neuausrichtung�… | |
schreiben die Planer. Die Rede ist von sozialen Dienstleistungszentren, für | |
die es zunächst Modellversuche geben soll. „Die wollen, dass alle alles | |
machen“, sagt ein Insider der taz. Das sei aber für Mitarbeiter eine | |
Überforderung. | |
Der Datenschützer Malessa kennt diese Pläne noch nicht. Er sagt aber, dass | |
eine Zusammenlegung der Ämter „nichts an der rechtlichen Einschätzung | |
ändern würde“. | |
Sozialbehörden-Sprecherin Nicole Serocka versichert, über die Vorschläge | |
sei noch nicht entschieden. Auch für die Modellversuche gebe es bisher nur | |
„theoretische Ansätze“ und keine konkreten Pläne. Und selbst die Frage, ob | |
sich die integrierte Hilfesicht mit dem Datenschutz vertrage, sei „noch | |
nicht abschließend geprüft“. Man werde dies „sehr genau“ mit dem | |
Datenschutzbüro abstimmen. | |
Ver.di-Fachsekretärin Sieglinde Friess kann die Pläne so nicht | |
nachvollziehen. „Ich sehe die Gefahr, dass hier Kontrolle und Überwachung | |
in den Vordergrund rücken anstelle eines sinnvollen Hilfesystems.“ Es werde | |
versucht, neue inhaltliche Konzepte durchzusetzen. Es sei spannend, dass | |
darüber „nicht offen debattiert wird“. | |
27 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Jugendamt | |
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