# taz.de -- Vorratsdatenspeicherung und EU-Recht: Mit der Charta nicht vereinbar | |
> Nach einem Gutachten des EU-Generalanwalts verstößt die Datenspeicherung | |
> gegen die Grundrechte-Charta. Die Richtlinie müsse präzisier formuliert | |
> werden. | |
Bild: Bringt Datensammler in Schieflage: der Europäische Gerichtshof in Luxemb… | |
FREIBURG taz | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll die Richtlinie zur | |
Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklären. Das schlägt Pedro Cruz | |
Villalón, der unabhängige Generalanwalt, in seinem am Donnerstag | |
veröffentlichten Schlussantrag vor. Die EU-Richtlinie sei nicht mit der | |
Charta der EU-Grundrechte vereinbar, heißt es in dem Antrag. Dabei stellt | |
der Jurist die Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung aber nicht generell | |
infrage. | |
Die Richtlinie verpflichtet die 28 EU-Staaten seit 2009, eine | |
Vorratsdatenspeicherung einzuführen, damit die Polizei im Verdachtsfall | |
Daten anfordern kann. Das heißt: Telefonfirmen müssen mindestens sechs | |
Monate speichern, wer wen wann und wo angerufen hat. Internetfirmen müssen | |
die Verkehrsdaten der E-Mails speichern und ebenso, wer wann mit welcher | |
IP-Adresse online ging. Bei Mobiltelefonen ist auch der jeweilige Standort | |
sechs Monate zu speichern. | |
Fast alle EU-Staaten haben diese Pflicht umgesetzt. In Deutschland galt die | |
Vorratsdatenspeicherung aber nur kurzzeitig. Schon 2010 erklärte das | |
Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz für nichtig. Seitdem gelang es | |
der schwarz-gelben Koalition nicht, sich auf eine Wiedereinführung zu | |
einigen. Die EU-Kommission hat Deutschland deshalb schon beim EuGH | |
verklagt. | |
Das Gutachten des Generalanwalts erging jedoch in einem anderem Verfahren. | |
Hier wollten der irische High Court und der österreichische | |
Verfassungsgerichtshof vom EuGH wissen, ob die Vorratsdaten-Richtlinie | |
unverhältnismäßig in Grundrechte eingreift. | |
In beiden Staaten hatten Bürgerrechtler geklagt. Das Urteil, das in einigen | |
Monaten verkündet wird, hat dann auch für Deutschland bindende Wirkung. | |
Vorbereitet werden EuGH-Urteile durch Gutachten, sogenannte Schlussanträge | |
des Generalanwalts. Meist folgt der EuGH der Linie der Schlussanträge. | |
## Betrügerische oder gar heimtückische Zwecke | |
Cruz Villalón stellt in seinen Gutachten fest, dass die anlasslose | |
Speicherung der Telefon- und Internetdaten tief in die Grundrechte | |
eingreift. Die Auswertung dieser Daten könne „eine ebenso zuverlässige wie | |
erschöpfende Kartografie eines erheblichen Teils der Verhaltensweisen einer | |
Person“ ermöglichen. Außerdem bestehe ein erhöhtes Risiko, dass die | |
zwangsgespeicherten Daten „zu betrügerischen oder gar heimtückischen | |
Zwecken“ missbraucht werden. | |
Dennoch hält der Generalanwalt die anlasslose Speicherung zur Bekämpfung | |
der Kriminalität für geeignet und erforderlich. Allerdings sei beim | |
derzeitigen Wortlaut der Richtlinie die Verhältnismäßigkeit der Mittel | |
nicht gewahrt. Konkret kritisiert der Generalanwalt dabei, dass die | |
Richtlinie selbst zu wenig Vorgaben für die Verwendung der Daten mache. Die | |
EU dürfe nicht darauf vertrauen, dass Verhältnismäßigkeit und Datenschutz | |
auf nationaler Ebene sichergestellt werden. | |
Cruz Villalón fand es zu unpräzise, dass die Daten zur Aufklärung und | |
Verhütung „schwerer Straftaten“ verwendet werden dürfen. Die Richtlinie | |
hätte konkrete Straftatbestände nennen sollen. Der Mitgliedsstaat hätte | |
verpflichtet werden müssen, nicht mehr benötigte Daten zu löschen und | |
Betroffene in der Regel über eine Abfrage zu unterrichten. | |
All das ist im geplanten deutschen Gesetz berücksichtigt. Auch die vom | |
Generalanwalt monierte Höchstdauer der Speicherung von zwei Jahren ist für | |
Deutschland kein Problem, hier sind nur sechs Monate vorgesehen. | |
12 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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