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# taz.de -- Nutzerdaten im Internet: Mehr Transparenz beim Ausspähen
> Wie oft geben Unternehmen Nutzerdaten an Behörden weiter? In den USA darf
> darüber jetzt mehr informiert werden, in Deutschland nicht.
Bild: Anti-Überwachungsdemo in Washington im Oktober 2013.
BERLIN taz | Wenn die NSA sich an transatlantische Kabel hängt, merken
weder Nutzer noch Anbieter eines Webdienstes, dass hier gerade jemand
mitliest. Eine andere Art der Überwachung rückt da schnell in den
Hintergrund: Begehren, mit denen FBI, NSA und Co Internetkonzerne ganz
offiziell zur Herausgabe von Daten auffordern, etwa um gerichtsfeste
Beweise zu erhalten.
Die US-Regierung hat sich dabei in der vergangenen Woche für ein kleines
Stück mehr an Transparenz entschieden. Unternehmen dürfen künftig genauer
als bisher darüber Auskunft geben, wie häufig Behörden mittels geheimer
Anfragen die Herausgabe von Nutzerdaten verlangen und wer die Daten haben
will. Dabei haben sie zwei Optionen: Entweder können sie die Anfragen
sortiert nach Rechtsgrundlage offenlegen – dann aber nur in
Tausenderschritten. Oder sie fassen alle Anfragen zusammen und dürfen dann
mit 250er-Schritten arbeiten.
Im Fall von Apple, das die neue Möglichkeit schon genutzt hat, heißt das:
In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres erhielt das Unternehmen weniger
als 250 Anfragen in Form der vom FBI verschickten National Security Letters
(NSL) oder der Fisa-Geheimgerichte. Auch wenn es nicht ganz genau wird –
die Internetkonzerne, unter ihnen Microsoft und Google, kündigten an, eine
entsprechende Klage auf erweiterte Auskunftsrechte zurückzuziehen.
Dabei sind die USA in diesen Fragen weiter als die Praxis in Deutschland.
Denn US-Unternehmen dürfen nicht nur grob die Anzahl geheimer Anfragen,
sondern auch detaillierter aufgeschlüsselt die Zahl der Anfragen zur
allgemeinen Strafverfolgung, also etwa durch die Polizei, veröffentlichen.
Das ist deutlich mehr, als Konzerne in Deutschland tun: Die Telekom etwa
verweist darauf, dass die Behörden schon selbst Zahlen veröffentlichen
müssten. Das ist auch der Fall – allerdings ist dort weder ersichtlich,
welche Provider Nutzerdaten herausgeben mussten, noch, wie viele Daten die
Unternehmen tatsächlich an die Behörden weitergaben. Schließlich ist
denkbar, dass die Bereitschaft zur Kooperation mit den Behörden bei jedem
Anbieter verschieden ist.
## Hier gibt es keine Kontrolle
Doch die Provider scheinen auch vor der Rechtslage zurückzuschrecken: Die
Telekom verweist auf das G10-Gesetz als Grundlage für Anfragen von
Sicherheitsbehörden. Das sieht eine Verschwiegenheitspflicht nicht nur bei
Auskunftsersuchen von Geheimdiensten, sondern auch bei Anfragen durch
Strafverfolgungsbehörden vor. Wer sich nicht daran hält, dem droht
schlimmstenfalls eine mehrjährige Haftstrafe.
„Die USA sind uns hier einen Schritt voraus“, sagt Patrik Löhr,
Geschäftsführer des Mail-Anbieters Posteo. „Es muss irgendeine Art von
Kontrolle über diese Anfragen geben, und die gibt es hier derzeit nicht.“
Löhr wünscht sich, im Nachhinein offenlegen zu können, ob und wie viele
Anfragen nach Datenweitergabe er erhalten hat. Das sei nicht nur wichtig
für die demokratische Kontrolle, sondern auch für das Vertrauen der Nutzer
in Kommunikationstechnologien. Denn die sind laut Löhr durch die
Überwachungsdebatte stark verunsichert. „Sie fangen an, jeglichen
Kommunikationswegen zu misstrauen.“ Dürften die Provider offenlegen, wie
viele Behördenanfragen zu wie vielen Accounts sie erhalten haben, könne das
die Relation geraderücken.
Der Rechtsanwalt Meinhard Starostik, unter anderem Autor der Massenklage
gegen die Vorratsdatenspeicherung, kann sich vorstellen, dass man die
Verschwiegenheitsklauseln auch anders interpretieren kann und das
Veröffentlichen allgemeiner Zahlen rechtens wäre. „Wir müssen doch wissen,
in welchem Umfang in das Telekommunikationsgeheimnis eingegriffen wird“,
sagt er. Der Bürger dürfe nicht das Gefühl haben, ständig überwacht zu
werden. „Momentan ist die Zahl der Überwachungsmaßnahmen erschreckend
hoch.“ Tatsächlich ist aus Kreisen von Strafverteidigern zu hören, dass ein
Beschluss für die Überwachung ohne Probleme vom Gericht zu bekommen ist –
auch bei kleinen Straftaten.
Rena Tangens vom Verein Digitalcourage sieht die USA trotzdem nicht als
Vorbild. Den Internetkonzernen dort, kritisiert sie, gehe es doch nur
darum, die Kunden aus Europa nicht zu verschrecken. Intransparentes Sammeln
von Daten über weit verzweigte Netzwerke, das Verknüpfen von Informationen
aus verschiedenen Quellen und die Tendenz zur Monopolstellung blieben
problematisch. Ein Stück Transparenz beim Umgang mit behördlichen Umfragen
mache die Unternehmen noch lange nicht privatsphärenfreundlich.
2 Feb 2014
## AUTOREN
Svenja Bergt
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