| # taz.de -- Kommentar Strafanzeige wegen NSA: Erstaunlich wenig Substanz | |
| > Bürgerrechtler erstatteten Anzeige gegen Geheimdienstler und Politiker. | |
| > Doch das Dokument entpuppt sich als Armutszeugnis. | |
| Bild: Abhörsicher? Wohl kaum. | |
| Eine erfolgreiche Strafanzeige kann aus nur drei Sätzen bestehen. „Herr B. | |
| hat seine Frau getötet. Die Leiche liegt unter dem Bett. Das Tatmesser ist | |
| in seiner Aktentasche.“ Wenn die Polizei dann das Haus durchsucht und alles | |
| wie beschrieben vorfindet, wird sofort ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn | |
| B. eingeleitet. | |
| Im Fall des NSA-Skandals ist es nicht so einfach, Ermittlungen auszulösen. | |
| Generalbundesanwalt Harald Range prüft die Massenüberwachung durch den | |
| US-Geheimdienst schon seit Juni 2013. Im Oktober kam ein weiterer | |
| Prüfvorgang hinzu, als bekannt wurde, dass die NSA das Handy von Kanzlerin | |
| Merkel abgehört hat. Einen zusätzlichen Hinweis auf die Enthüllungen von Ed | |
| Snowden hat er ganz sicher nicht nötig. Er wartet vielmehr auf grünes Licht | |
| der Politik (und bekommt es nicht). Erforderlich ist also mehr politischer | |
| Druck. | |
| Was bringt da die am Montag eingereichte Strafanzeige von drei | |
| Bürgerrechtsorganisationen ([1][Chaos Computer Club], [2][Liga für | |
| Menschenrechte], [3][Digitalcourage])? Sie könnte die unübersichtlich | |
| gewordenen Enthüllungen aus dem Snowden-Fundus ordnen. Sie könnte | |
| herausarbeiten, was davon für Deutschland relevant ist und warum es in | |
| Deutschland bestraft werden muss. Damit würde zugleich politischer und | |
| juristischer Druck erzeugt. | |
| Die eingereichte Strafanzeige ist 59 Seiten lang, wirkt also ambitioniert. | |
| Doch im Fokus steht erstaunlicherweise gar nicht die NSA, sondern der | |
| Bundesnachrichtendienst und sein aktueller Chef Gerhard Schindler. Ihm wird | |
| vorgeworfen, dass Daten aus der Fernmeldeaufklärung des BND an die NSA | |
| weitergegeben wurden. Damit habe er den BND „funktionell“ in die NSA | |
| eingegliedert, heißt es in einer Schlüsselstelle der Anzeige auf Seite 39. | |
| Schindler und dem Bundesnachrichtendienst wird deshalb „geheimdienstliche | |
| Agententätigkeit“ gegen Deutschland vorgeworfen. | |
| Dass der BND millionenfach Kommunikationsdaten an die NSA weitergibt, ist | |
| lange bekannt. In den Unterlagen von Snowden war von rund 500 Millionen | |
| Daten pro Monat die Rede. Schon seit August 2013 weiß man allerdings auch, | |
| dass es sich dabei nicht um Telefonate und Emails in und aus Deutschland | |
| handelte, sondern um Kommunikationsdaten, die der BND im Ausland abgefangen | |
| hat. Dies wird in der Strafanzeige jedoch erstaunlicherweise nicht | |
| thematisiert. | |
| ## Aufguss des Längstbekannten | |
| Damals hatte die Bundesregierung den NSA-Skandal für beendet erklärt. Das | |
| war natürlich Quatsch. Aber so zu tun, als sei die längst eingeräumte | |
| Weitergabe von ausländischen Verbindungsdaten der Kern des Skandals, ist | |
| leider auch nicht auf der Höhe der Zeit. | |
| Dementsprechend fehlt auch fast jede Auseinandersetzung darüber, wie die | |
| NSA tatsächlich massenhaft an Daten aus Deutschland herankommt und wie dies | |
| juristisch zu bewerten ist. Greift die NSA Datenströme an Unterseekabeln ab | |
| (vielleicht mit Hilfe der britischen Kollegen vom GCHQ)? Wertet die NSA | |
| systematisch Daten von Deutschen auf den US-Servern von Ebay, Amazon und | |
| Google aus? Und wären diese Aktivitäten als geheimdienstliche Tätigkeit | |
| gegen Deutschland strafbar? Antworten darauf wären spannend gewesen. | |
| Vielleicht hätte sie auch Chefankläger Range mit Gewinn gelesen. | |
| ## Wikipedia zu kopieren, wie peinlich! | |
| Dünn sind aber nicht nur die juristischen Ausführungen. Es fehlen schon | |
| eigene technische und politische Analysen der Snowden-Enthüllungen. Als | |
| Beschreibung des vermeintlich strafbaren Handelns wurden vielmehr | |
| seitenweise Wikipedia-Einträge kopiert. Wie peinlich. Als „neue | |
| Erkenntnisse“ kommen noch ein paar Absätze aus dem Buch „Geheimer Krieg“ | |
| von John Goetz hinzu. Wenn das die Bestandsaufnahme der | |
| Bürgerrechtsbewegung sein soll, dann ist die Strafanzeige ein | |
| Armutszeugnis. | |
| Und selbst wenn die Anzeige, wie angekündigt, nur ein Zwischenschritt auf | |
| dem Weg zum Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte sein soll, erstaunt | |
| eine so lieblose Arbeit doch. Auch dort muss man schließlich Substanz | |
| liefern, wenn man Erfolg haben will. | |
| 4 Feb 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://ccc.de/de/updates/2014/complaint | |
| [2] http://ilmr.de/2014/internationale-liga-fuer-menschenrechte-initiiert-straf… | |
| [3] http://digitalcourage.de/presse/pressemitteilungen/strafanzeige-gegen-bunde… | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| NSA | |
| Klage | |
| Geheimdienst | |
| Edward Snowden | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
| NSA | |
| Datenschutz | |
| Schwerpunkt Chaos Computer Club | |
| NSA | |
| NSA | |
| Edward Snowden | |
| Edward Snowden | |
| NSA | |
| NSA | |
| Schwerpunkt Chaos Computer Club | |
| NSA | |
| Post Privacy | |
| Rechtsextremismus | |
| Datenschutz | |
| Edward Snowden | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Generalbundesanwalt und NSA: Kein Verfahren wegen Spähaffäre | |
| Generalbundesanwalt Harald Range sagt die Spionage-Ermittlungen gegen die | |
| NSA ab. Eine Totalblamage, findet die Opposition. | |
| Big Brother Awards in Bielefeld: Große Brüder ausgezeichnet | |
| Datenschützer vergeben sechs Preise für Überwachung. Die Bundesregierung | |
| kommt schlecht weg. Einen Positivpreis gibt es auch. | |
| Schlecht gesichertes Netzwerk: Liebesgrüße aus Karlsruhe | |
| 20.000 E-Mails wurden von Unbekannten unter fremdem Namen an der Hochschule | |
| Karlsruhe verschickt. Die Polizei ermittelt, die HsKA ist sauer auf den | |
| Chaos Computer Club. | |
| Überwachung durch US-Geheimdienst: „Was soll ich denken?“ | |
| Statt der Kanzlerin soll die NSA jetzt vermehrt ihr Umfeld abhören, etwa | |
| Thomas de Maiziére. Daraus soll hervorgehen, wie eng das Verhältnis der | |
| beiden ist. | |
| Ärger über NSA: US-Senator verklagt Obama | |
| Die Überwachungspraktiken des US-Geheimdienstes im eigenen Land gehen den | |
| Republikanern zu weit. Senator Rand Paul hat nun eine Sammelklage | |
| eingereicht. | |
| Enthüllungsplattform „The Intercept“: Sammelbecken für Snowden-Docs | |
| Die Journalisten hinter Edward Snowden haben eine eigene Website gestartet. | |
| Sie wird von einem milliardenschweren Ebay-Gründer mitfinanziert. | |
| NSA-Enthüllungsaffäre: Ein Berliner Anwalt vertritt Snowden | |
| Der Menschenrechtler Wolfgang Kaleck will Chancen für eine Rückkehr | |
| Snowdens in die USA ausloten. Auch sein Recht auf Asyl in Deutschland wird | |
| geprüft. | |
| Streit zwischen EU und Google: Wer sucht, soll bald mehr finden | |
| Bevorzugt Google eigene Services gegenüber anderen Wettbewerbern? Ja, sagt | |
| die EU-Kommission und forderte Verbesserungen. Jetzt scheint der Streit | |
| gelöst. | |
| Kritik nach Schröder-Bespitzelung: Zielperson Schröder | |
| Angela Merkels Handy war nicht das erste, das für den US-Geheimdienst von | |
| Interesse war. Ebenfalls wenig überraschend wird erneut nach Aufklärung | |
| gerufen. | |
| Datenabfragen durch US-Geheimdienste: Yahoo ist am häufigsten betroffen | |
| Die US-Internetkonzerne haben erstmals Zahlen über die Anfrage von | |
| Nutzerdaten an die NSA veröffentlicht. Yahoo gab rund 30.000 Mal Auskunft – | |
| in sechs Monaten. | |
| NSA-Affäre: Bürgerrechtler zeigen Merkel an | |
| Der Chaos Computer Club wirft der Bundesregierung Kooperation mit dem | |
| US-Geheimdienst vor. Die Kanzlerin und ihr Kabinett hätten sich dadurch | |
| schuldig gemacht. | |
| Nutzerdaten im Internet: Mehr Transparenz beim Ausspähen | |
| Wie oft geben Unternehmen Nutzerdaten an Behörden weiter? In den USA darf | |
| darüber jetzt mehr informiert werden, in Deutschland nicht. | |
| Post-Privacy-Experte über Daten: „Der Geist ist aus der Flasche“ | |
| Er will die digitale Sammelwut der Internetkonzerne demokratisieren: Der | |
| Soziologe Dirk Helbing plädiert für die Öffnung der digitalen Privatsphäre. | |
| Überwachte Journalistin wehrt sich: Geheimniskrämerei verklagt | |
| Der niedersächsische Verfassungsschutz verweigert der | |
| Rechtsextremismusexpertin Andrea Röpke vollständige Auskunft über | |
| rechtswidrig geführte Akten. Der Grund: Quellenschutz. Nun klagt sie. | |
| Ausspionierung von Apps: NSA beobachtet „Angry Birds“ | |
| Aktuellen Leaks zufolge sind auch Apps von britischer und us-amerikanischer | |
| Spionage betroffen. Denn sie enthalten viel mehr Informationen, als den | |
| Nutzern bewusst ist. | |
| Snowden im ARD-Interview: NSA betreibt Wirtschaftsspionage | |
| Die NSA sammelt nicht nur fleißig Daten, sondern spioniert auch | |
| Wirtschaftsbetriebe aus. Das behauptet Edward Snowden in seinem ersten | |
| TV-Interview. Fernsehinterview |