| # taz.de -- Big Brother Awards in Bielefeld: Große Brüder ausgezeichnet | |
| > Datenschützer vergeben sechs Preise für Überwachung. Die Bundesregierung | |
| > kommt schlecht weg. Einen Positivpreis gibt es auch. | |
| Bild: Orwell?! Zlatko war schon BigBrother-Gewinner, da gab´s die NSA noch gar… | |
| BERLIN taz | Auf diesen Preis würden die Preisträger wohl gerne verzichten. | |
| Datenschutzaktivisten und Bürgerrechtsorganisationen vergeben am | |
| Freitagabend den Big Brother Award für besonders perfide Formen von | |
| Überwachung und Datenklau. Eine Jury mit Vertretern von | |
| [1][Digitalcourage], dem [2][Chaos Computer Club], der [3][Internationalen | |
| Liga für Menschenrechte] und der [4][//www.datenschutzverein.de/:Deutschen | |
| Vereinigung für Datenschutz] verleiht in Bielefeld die Preise in sechs | |
| Kategorien. | |
| Den Big Brother Award Politik erhält das Bundeskanzleramt. Die Jury tadelt | |
| in ihrer Begründung die „geheimdienstlichen Verstrickungen“ sowie | |
| „unterlassene Schutzmaßnahmen“ der alten und neuen Bundesregierung im | |
| Zusammenhang mit der Überwachung durch den amerikanischen Geheimdienst NSA. | |
| Die deutschen Regierungsverantwortlichen hätten „mit Massenausforschung und | |
| Digitalspionage verbundene Straftaten und Bürgerrechtsverstöße nicht | |
| abgewehrt“ und ihre Bürger nicht ausreichend geschützt, sagt Laudator Rolf | |
| Gössner, Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte. | |
| In direkter Beziehung zur Bundesregierung steht auch der Preisträger in der | |
| Kategorie Wirtschaft, die amerikanische Firma Computer Sciences Corporation | |
| (CSC) mit Ableger in Wiesbaden. Die CSC sei als die „outgesourcte | |
| EDV-Abteilung der amerikanischen Geheimdienste CIA und NSA“ zu betrachten, | |
| heißt es in der Beurteilung der Preisverleiher. | |
| Für Aufträge in Deutschland soll das Unternehmen seit der Wiedervereinigung | |
| offenbar rund 180 Millionen Euro erhalten haben. Den Datenschützern zufolge | |
| ging es dabei unter anderem um Projekte zur sicheren Kommunikation von | |
| Behörden oder um das bundesweite Waffenregister. [5][CSC soll zudem mit der | |
| Organisation von Flügen für CIA-Entführungen betraut gewesen sein]. | |
| Eigentlich sei auch in diesem Fall die Bundesregierung zu kritisieren, sagt | |
| Rena Tangens von Digitalcourage. Mit dem Preis wollen die Veranstalter die | |
| Firma nun aus der „organisierten Verantwortungslosigkeit“ herausholen. | |
| ## Unverständnis für den Preis | |
| Bei der CSC stößt die Verleihung des Big Brother Awards hingegen auf | |
| Unverständnis. In Wiesbaden verweist man auf ein Statement der | |
| Bundesregierung vom 22. Januar. Dort hatte die Regierung auf eine | |
| parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion geantwortet, man sehe „keine | |
| Anhaltspunkte“ für Verstöße von CSC gegen „Sicherheits- oder | |
| Vertraulichkeitsauflagen“. Das Unternehmen betont zudem, man halte sich | |
| „jederzeit an die Gesetze der Länder, in denen wir tätig sind“ und hoffe | |
| auf einen „konstruktiven Diskurs, wie Sicherheit in unserer | |
| digital-vernetzten Welt bereitgestellt“ werden könne. | |
| Auch das Reiseunternehmen MeinFernbus ist seit Freitagabend Träger des Big | |
| Brother Awards in der Kategorie Verkehr. Durch eine Ausweispflicht bei | |
| Online-Buchungen hätte das Unternehmen anonyme Busfahrten praktisch | |
| unmöglich gemacht, begründet Laudator Peter Wedde, Professor für | |
| Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft in Frankfurt, die | |
| Entscheidung der Jury. Das Unternehmen hält die Vorwürfe für eine | |
| unzutreffende „Fehleinschätzung“. | |
| Weitere Awards gehen an die RWE AG, LG-Electronics und verschiedene | |
| „Auto-Spione“, allesamt für ihren zweifelhaften Umgang mit Kunden- und | |
| Mitarbeiterdaten. Die Unternehmen waren am Freitag nicht erreichbar oder | |
| nicht zu einer Stellungnahme bereit. Lediglich die RWE AG betonte, | |
| fragwürdige Aufzeichnungen in den Call-Centern dienten „ausschließlich der | |
| Qualitätskontrolle“ und unterlägen „klaren Regeln“. | |
| ## Eine Million Aufkleber | |
| Zum ersten Mal vergeben die Veranstalter in diesem Jahr auch einen | |
| Positivpreis. Der Julia und Winston Award, benannt nach den Widerständlern | |
| in George Orwell's Roman „1984“, geht an [6][Edward Snowden]. Seine | |
| Enthüllungen hätten eine Diskussion über das Verhältnis von Rechtsstaat und | |
| Geheimdiensten in Gang gesetzt. Dotiert ist der Preis mit einer Million | |
| Aufkleber. Sie tragen das Konterfei Snowdens und sollen nun bundesweit | |
| kostenlos verteilt werden. | |
| Viel Zeit zum Feiern gönnen sich die Veranstalter des Big Brother Awards | |
| nicht. Für den Samstag haben die Datenschützer und Bürgerrechtler in Köln | |
| eine Demonstration gegen Massenüberwachung angekündigt. | |
| 11 Apr 2014 | |
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| Lukas Meyer-Blankenburg | |
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