| # taz.de -- Snowden-Debatte im Bundestag: Ein Völkerrecht im Netz | |
| > Die einen wollen Asyl für Snowden, die anderen mehr Informationsschutz, | |
| > wiederum andere die Partnerschaft mit den USA. Der Bundestag zur | |
| > NSA-Affäre. | |
| Bild: Eine Merkel, viele Snowdens: Protest vor dem Reichstag | |
| BERLIN taz | Trotz des Lauschangriffs auf ihr Handy hat die | |
| geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag vor dem | |
| Bundestag das deutsch-amerikanische Verhältnis in ihrer Regierungserklärung | |
| als „überragend wichtig“ bezeichnet. | |
| Der geschäftsführende Innenminister, Hans-Peter Friedrich (CSU), | |
| kritisierte im Bundestag zwar die Informationspolitik der US-Behörden, | |
| stellte aber klar: „Über allem steht, dass wir eine enge Partnerschaft mit | |
| den USA brauchen.“ Unter Gelächter aus dem Parlament betonte Friedrich, es | |
| gebe in Deutschland keinen „kontrollfreien Raum“ der Geheimdienste. Das | |
| hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar zuvor attestiert und | |
| mehr parlamentarische Kontrollmöglichkeiten gefordert. | |
| Der Bundestag war in Berlin zu einer Sondersitzung zusammengekommen, um | |
| über mögliche Konsequenzen aus der NSA-Spionageaffäre zu beraten. Weil seit | |
| den Bundestagswahlen keine neue Regierung gebildet wurde, ist die alte | |
| Regierung weiterhin geschäftsführend im Amt. | |
| SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte: „Es geht hier um die | |
| Frage, wie wir Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im 21. Jahrhundert | |
| gewährleisten können.“ Er forderte „so etwas wie ein Völkerrecht im Netz… | |
| Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, forderte von der | |
| Bundesregierung, dem US-Whistleblower Edward Snowden einen sicheren | |
| Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. „Deutschland ist erst dann | |
| souverän, wenn es Herrn Snowden anhört, schützt, ihm Asyl gewährt und | |
| seinen sicheren Aufenthalt gewährleistet“, sagte Gysi. „Wenn die deutschen | |
| Dienste das nicht gewährleisten können, dann müssen sie dichtmachen.“ | |
| ## Beratungsstelle für Whistleblower | |
| Die Linkspartei forderte am Montag ein Gesetz zum Schutz von | |
| Whistleblowern. Es soll Arbeitnehmer, die auf Missstände in ihren | |
| Unternehmen oder Institutionen hinweisen, vor arbeitsrechtlicher oder | |
| strafrechtlicher Verfolgung schützen. Darin wünscht sich die Linkspartei | |
| auch eine öffentliche Beobachtungs- und Beratungsstelle für Whistleblower. | |
| Auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, der zuletzt Edward | |
| Snowden in Moskau persönlich besucht hatte, kritisierte die Bundesregierung | |
| scharf und erneuerte vor dem Parlament seine Forderung nach einem sicheren | |
| Aufenthalt für Snowden in Deutschland. „Wenn Edward Snowden kein | |
| klassischer Kronzeuge ist, dann kenne ich keinen Kronzeugen“, sagte | |
| Ströbele. | |
| ## Proteste vor dem Bundestag | |
| Protest gegen die derzeitige Regierungshaltung gab es auch draußen vor dem | |
| Bundestag. Rund 200 Rechtsanwälte aus ganz Deutschland demonstrierten dort | |
| gegen die bekannt gewordene Überwachung. | |
| Der Vizepräsident des Deutschen Anwaltsvereins, Ulrich Schellenberg, sagte: | |
| „Wir machen uns große Sorgen um das Berufsgeheimnis der Anwaltschaft.“ | |
| Mandanten würden nur ehrlich sagen, was für den Fall relevant ist, wenn sie | |
| sicher seien, dass dies ihr Geheimnis bleibe, sagte er. Auch die Anwälte | |
| forderten daher eine bessere Kontrolle der Geheimdienste. | |
| Mit einer weiteren Protestaktion begleiteten Vertreter der | |
| Kampagneninitiative Campact, des Bürgerrechtsvereins Digitalcourage sowie | |
| des Whistleblower-Netzwerks die Bundestagssitzung. Sie übergaben eine Liste | |
| mit über 167.000 Unterstützerunterschriften an Politiker von SPD, Grünen | |
| und Linkspartei. Mit dem Appell fordern die Unterzeichner einen Schutz von | |
| Snowden sowie einen besseren Schutz von Informanten in Deutschland. | |
| 18 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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