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# taz.de -- Bürgerrechtler gegen NSA: „Absoluter Unwillen“ bei Aufklärung
> Per Anzeige wollen Bürgerrechtler Ermittlungen in der NSA-Affäre
> erzwingen. Viele Internetnutzer prüfen, ob sie vom jüngsten Datenklau
> betroffen sind.
Bild: Ermittelt er oder nicht? Generalbundesanwalt Harald Range.
BERLIN taz | Seit Monaten prüft Generalbundesanwalt Harald Range die
Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens in Sachen NSA – bisher folgenlos. Nun
machen Bürgerrechtsgruppen Druck: Sie stellen Strafanzeige bei der
Bundesanwaltschaft gegen die Bundesregierung. Diese habe die
Großausspähungen des US-Geheimdienstes geduldet und mitgetragen.
Die Strafanzeige der Internationalen Liga für Menschenrechte, vom Chaos
Computer Club und dem Verein Digitalcourage soll am Donnerstag vorgestellt
werden. Bis Monatsende werde sie beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe
eingehen, sagte der Anwalt Eberhard Schultz, auch Vorstandsmitglied der
Liga.
Neben den politisch Verantwortlichen sind auch deutsche Geheimdienste Ziel
der Klage. Ihnen wird die „Duldung und Mittäterschaft bei widerrechtlichen
Übergriffen auf die Kommunikationsfreiheit und Privatsphäre“ deutscher
Bürger vorgeworfen.
Die Anzeige dürfte vor allem symbolische Wirkung entfalten. Die
Bundesanwaltschaft ist mit der NSA-Affäre ja bereits vertraut, zögert aber
mit offiziellen Schritten. Zu heikel sind mögliche Verwerfungen mit den
USA. Auch könnte ein Verfahren mit dem Paragrafen 153d der
Strafprozessordnung schnell wieder eingestellt werden: dann, wenn daraus
ein „schwerer Nachteil“ für die Bundesrepublik erwächst.
Rena Tangens, Sprecherin von Digitalcourage, forderte eine „ernsthafte
Prüfung“ der Anzeige. Es herrsche „ein absoluter Unwillen“ bei der
NSA-Aufklärung. „Deshalb helfen wir nach.“ Auch der Grüne Hans-Christian
Ströbele wird am Donnerstag bei der Vorstellung der Anzeige sprechen. Er
fordert seit Wochen Ermittlungen in Karlsruhe. „Der Generalbundesanwalt
macht sich lächerlich, wenn er, anders als selbst Präsident Obama, weiter
leugnet, dass wenigstens der Verdacht solcher US-Überwachung besteht.“
## BSI wusste längst Bescheid
Unterdessen gab das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
(BSI) bekannt, dass es bereits seit Dezember von dem massenhaften Datenklau
von Online-Identitäten gewusst hat. Am Dienstag hatte die Behörde hiervor
gewarnt. BSI-Chef Michael Hange sagte, um eine echte Hilfe für die
betroffenen BürgerInnen bereitzustellen, habe es eine längere
Vorbereitungszeit benötigt, ehe man an die Öffentlichkeit ging.
Das BSI hatte bekannt gegeben, dass mindestens 16 Millionen E-Mail-Adressen
und Passwörter durch Unbekannte ausgelesen wurden – und weiterhin werden.
Die Folge war eine Massenreaktion von Internetnutzern. Bis Mittwochmittag
hatten Nutzer nach Angaben von Hange bereits weit über 12,6 Millionen
E-Mail-Adressen über eine Website des BSI überprüft, ob sie von dem
Datenklau betroffen waren. Darunter seien knapp 900.000 tatsächlich
Betroffene gewesen.
Auf einer Veranstaltung zur Cybersicherheit in Berlin sagte Hange: „Wir
leben in einer Informationsgesellschaft, in der Informationsvorsprünge
ausgeglichen werden, indem man Informationen stiehlt.“ Es gebe in
Deutschland einen Nachholbedarf an Cyber-Sicherheitsprodukten.
„Der Schutz digitaler Profile muss einen wichtigeren Stellenwert erhalten.“
Die Regierungsbeauftragte für Informationstechnik, Cornelia Rogall-Grothe,
sagte, dass in der kommenden „digitalen Industrialisierung“ noch mehr Daten
durch Privatunternehmen erhoben würden, etwa in Autos, Küchen oder
Herzschrittmachern. „Wir müssen darüber reden, ob und wie der Staat diese
Datenflüsse regulieren muss und kann.“
23 Jan 2014
## AUTOREN
Martin Kaul
Konrad Litschko
## TAGS
BSI
NSA-Affäre
Harald Range
Bundesanwaltschaft
Schwerpunkt Chaos Computer Club
Digitalcourage
Hans-Christian Ströbele
Schwerpunkt Überwachung
Datenschutz
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