# taz.de -- Millionen Zugangsdaten geklaut: Der Feind auf meinem Rechner | |
> Hunderttausende Rechner in Deutschland sind offenbar mit einer | |
> Schadsoftware befallen. Millionen Netzidentitäten wurden gestohlen – und | |
> nun? | |
Bild: Wer hat jetzt die Zugangsdaten? | |
BERLIN taz | Es fühlt sich ja meist recht gemütlich an: Da ist diese | |
E-Mail-Adresse und dieses praktische Passwort. Und das eine gilt dann | |
gleich für alles. Fahrkartenkauf bei der Bahn, Klamotten-Shopping beim | |
Internethändler, Fotos austauschen mit Freunden – und E-Mails abrufen, | |
natürlich. Doch nun droht Hunderttausenden Internetnutzern in Deutschland | |
gehöriges Ungemach – und gegebenenfalls ein ordentlicher Tag Arbeit. Denn | |
die Botschaft, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik | |
(BSI) am Dienstag verbreitete, ist gewaltig: Hunderttausende Rechner in | |
Deutschland sind offenbar von einer Schadsoftware infiziert. | |
In der Folge haben Unbekannte sich Zugang zu Millionen von E-Mail-Adressen | |
und Nutzerdaten verschafft. Laut BSI sollen so die Daten von rund 16 | |
Millionen E-Mail-Accounts ausgeforscht worden sein – einschließlich der | |
dazugehörigen Passwörter. Rund die Hälfte dieser Accounts sollen dabei auf | |
E-Mail-Adressen beruhen, die auf „.de“ enden – und damit nahelegen, dass … | |
sich um deutsche Nutzer handelt. | |
Grundlage für die massenhafte Datenausspähung ist ein sogenanntes Botnetz. | |
Dabei werden – vom Nutzer unbemerkt – private PCs mit Trojanern infiziert, | |
die sich mit anderen Trojanern verbinden. So entsteht ein riesiges | |
digitales Netzwerk, über das – wiederum unbemerkt – etwa E-Mail-Adressen, | |
Passwörter und persönliche Daten ausgelesen und ausgetauscht werden können. | |
Das BSI rät nun eindringlich dazu zu prüfen, ob eigene Daten betroffen sein | |
könnten. Die Behörde, einstmals aus den klassischen deutschen | |
Geheimdiensten ausgegründet, soll Bürger und Bundesregierung in Sachen | |
Cybersicherheit beraten und vor Gefahren warnen. Sie untersteht dem | |
Bundesinnenministerium und ist verantwortlich für die Sicherheit der | |
deutschen Netzinfrastruktur. | |
## Laufende Ermittlungen | |
So ist in dem etwas piefigen Bonner Verwaltungsgebäude in der Godesberger | |
Allee 183 etwa auch das sogenannte Cert-Bund ansässig. Das steht für | |
Computer Emergency Response Team der Bundesverwaltung. Dort werden | |
Netzattacken analysiert und ausgewertet. | |
Auch das Nationale Cyber-Abwehr-Zentrum befindet sich unter dem Dach des | |
BSI in Bonn. Dabei handelt es sich um eine Einrichtung, die etwas | |
martialischer klingt als sie ist: Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamts, | |
des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesamts für Verfassungsschutz | |
sitzen mit in der Behörde, um sich über aktuelle Cyberbedrohungen | |
auszutauschen. | |
Geballte Kompetenz also – doch am Dienstag blieben trotzdem viele Fragen | |
offen. Im aktuellen Fall ist offenbar nicht das BSI selbst auf den | |
Datenklau gestoßen, sondern Ermittlungsbehörden, die das BSI über das | |
Ausmaß des Diebstahls in Kenntnis gesetzt haben, entdeckten ihn. Nähere | |
Angaben zum Hintergrund des Botnetzes wollte das BSI am Dienstag nicht | |
machen. Eine Sprecherin sagte der taz, man könne nicht sagen, um welche | |
konkreten Schadprogramme es sich bei dem Angriff handele. Die Behörde | |
verwies auch auf laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. | |
Welche Staatsanwaltschaft diese Ermittlungen führt und was der Hintergrund | |
dieser Ermittlungen ist, wollte das BSI ebenfalls nicht kommentieren. So | |
kann nur spekuliert werden, was mit den Daten nun passieren könnte: Sind es | |
Online-Kriminelle, die auf fremde Kosten Geld ausgeben wollen? Oder ist es | |
doch ein Zufallsfund aus dem Schatz der NSA? | |
Entwarnung gibt es jedenfalls nicht, das Botnetz ist weiterhin aktiv. Das | |
heißt auch: Zu den 16 Millionen kompromittierten E-Mail-Accounts kommen | |
täglich neue hinzu. Mit einem [1][Sicherheitscheck] bietet die Behörde | |
Nutzern nun an, zu prüfen, ob die eigene E-Mail-Adresse betroffen ist. Das | |
bedeutet: Das BSI verfügt über den gigantischen Datensatz der betroffenen | |
Nutzer. | |
Allerdings sagt die Behörde, dass sie weder über die zugehörigen Passwörter | |
verfüge, noch Kenntnisse über die IP-Adressen der Nutzer habe. Diese | |
Adressen sind die individuellen Kennungen, über die jeder Rechner verfügt. | |
Damit ließe sich etwa feststellen, welche E-Mail-Adresse sich von wo aus | |
bei verschiedenen Diensten eingeloggt haben könnte. | |
21 Jan 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.sicherheitstest.bsi.de/ | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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