Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Überwachte Journalistin wehrt sich: Geheimniskrämerei verklagt
> Der niedersächsische Verfassungsschutz verweigert der
> Rechtsextremismusexpertin Andrea Röpke vollständige Auskunft über
> rechtswidrig geführte Akten. Der Grund: Quellenschutz. Nun klagt sie.
Bild: Will ihre Akten einsehen und hat deswegen Klage eingereicht: Journalistin…
HAMBURG/HANNOVER taz | Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD)
sprach von einer unrechtmäßigen Überwachung, als im September die
Bespitzelung gleich mehrerer Journalisten durch seinen Verfassungsschutz
publik wurde. Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger (SPD)
versprach Aufklärung. Die Journalistin Andrea Röpke muss dennoch vor das
Verwaltungsgericht Stade ziehen, um den gesamten Inhalt der rechtswidrig
über sie angelegten Akten des Verfassungsschutzes (VS) zu erfahren. „Die
Klage ist eingerecht“, teilte ihr Anwalt Sven Adam mit.
„Es ist schon beachtlich, dass der Verfassungsschutz trotz des jahrelangen
Fehlverhaltens mir gegenüber sogar jetzt noch die vollständige Aufklärung
dieser Abgründe verweigert“, sagt Röpke. Einen Grund für die neue
Zurückhaltung deutet das niedersächsische Innenministerium in seiner
Antwort auf ein Auskunftsersuchen von Anwalt Adam an: Aus „Gründen vom § 13
Abs. 2 NVerfSchG“ könnten nicht alle „personenbezogenen Daten“ über Rö…
mitgeteilt werden.
Nach diesem Paragrafen des Landesverfassungsschutzgesetzes kann eine
Auskunft verweigert werden, wenn dadurch „Informationsquellen gefährdet
würden“. Kurzum: Quellenschutz – also Spitzelschutz.
Vor gut vier Monaten begann die Auseinandersetzung um die mutmaßlich
illegale Journalistenüberwachung. Damals musste der VS einräumen, dass er
unter Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ohne Rechtsgrundlage Akten über
ein gutes halbes Dutzend Journalisten angelegt hatte. Darunter auch Röpke,
die unter anderem für das NDR-Magazin „Panorama“ und die taz arbeitet: Üb…
Röpke wurden von 2006 bis 2012 Daten gesammelt. Schon 2012 hatte die
48-Jährige per Auskunftersuchen von der Behörde wissen wollen, ob es eine
Akte über sie gibt. Damals löschte man die Daten kurzerhand – und teilte
Röpke mit, sie sei nicht im Fokus. Wegen dieser Falschauskunft hatte Adam
eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht und die Rekonstruktion der
vernichteten Akten gefordert.
Der Forderung nach Rekonstruktion ist das Innenministerium nun mit
„erheblichen Aufwand“ nachgekommen – und sorgt damit für neue Zweifel an
der Arbeit des VS. Röpke wird weiterhin mit Verweis auf den Quellenschutz
eine vollständige Auskunft verweigert. Auch an den unvollständigen Angaben,
die vorgelegt wurden, haben Röpke und ihr Anwalt Zweifel.
In der rekonstruierten Akte über Röpke, die als renommierte
Rechtsextremismusexpertin gilt, führt der VS von ihr gehaltene Vorträge bei
Parteien und Initiativen an. Auch ihre Anwesenheit bei rechtsextremen
Trauermärschen und Kinderlagern wird ihr angelastet – Termine, die zum
Arbeitsalltag der Journalistin und Buchautorin gehören.
2005 etwa soll sie bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Neonazistische
Umtriebe in Bremen“ einen Film vorgeführt haben, der die „tätlichen
Angriffe von unbekannten Personen“ auf einen NPD-Parteitag zeige, heißt es
in dem Schreiben des Innenministeriums an Adam. Dabei hätte sie laut der
rekonstruierten VS-Akte angemerkt, „gegen den Faschismus in jeder Form zu
kämpfen“. In diesem Zusammenhang, so das Ministerium, sei gegen Röpke ein
Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die Betroffene wusste davon
nichts.
Röpke, die im NSU-Bundestagsuntersuchungsausschuss als Sachverständige
geladen war, erklärt dagegen: „Ich habe niemals zu mehr als
zivilgesellschaftliches Engagement aufgerufen.“ Die Filmaufnahmen, die sie
gezeigt habe, stammten vom ARD-Magazin „Panorama“ – und dokumentieren
brutale Übergriffe von NPD-Aktivisten auf eine Gegendemonstration in
Steinburg.
Einzelne Kader wurden später verurteilt. Bei der Veranstaltung habe es sich
um eine öffentliche Präventionsveranstaltung gehandelt – in der Bremischen
Bürgerschaft. „Die Behörde schreckt offenbar nicht vor bewusst gewählten
Ungenauigkeiten und Diskreditierungen zurück“, ist das Fazit von Röpkes
Anwalt. Zur weiteren Prüfung werde man notfalls bis vor das
Bundesverwaltungsgericht ziehen.
Bei Niedersachsens Verfassungsschutz erklärte ein Sprecher unterdessen am
Donnerstag, der Behörde liege keine Klageschrift vor. Zu konkreten
Auskunftersuchen und deren Inhalt dürfe er sich aus datenschutzrechtlichen
Gründen nicht äußern. Und auch die Prüfung der sonstigen Datensammlungen
der Behörde verzögert sich.
Gleich zu Beginn der Überwachungsaffäre hatten Innenminister Pistorius und
Verfassungsschutzpräsidentin Brandenburger angekündigt, alle Akten zu rund
9.000 Personen würden nach möglichen weiteren illegalen Überwachungen
durchforstet. Ursprünglich sollte die eigens dafür eingesetzte „Task Force�…
schon Ende 2013 Ergebnisse vorlegen. Damit ist allerdings erst ab Mai zu
rechnen, heißt es jetzt vom Verfassungsschutz. Zwischenergebnisse werde man
bis dahin nicht kommunizieren.
30 Jan 2014
## AUTOREN
Teresa Havlicek
Andreas Speit
## TAGS
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Überwachung
Verfassungsschutz
Schwerpunkt Überwachung
Verfassungsschutz
Nazis
NSA
Schwerpunkt Rassismus
Polizei
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Uwe Schünemann
Andrea Röpke
Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Überwachung in Niedersachsen: Daten müssen gelöscht werden
Niedersachsens Verfassungsschutz hat Tausende Personen zu Unrecht
ausspioniert. Er muss nun fast 40 Prozent der Personendaten löschen.
Verfassungsschutz-Reform: Transparent und öffentlich soll's sein
Der niedersächsische Verfassungsschutz soll verlorenes Vertrauen
zurückgewinnen: Künftig soll die Arbeit stärker kontrolliert und
transparenter ablaufen .
Debatte Rechtsextremismus: Bürokratisch korrekte Blindheit
Formal ist alles korrekt gelaufen, und nun hat ein ostdeutsches Dorf einen
Nazi als Feuerwehrhauptmann. Das muss man nicht hinnehmen.
Kommentar Strafanzeige wegen NSA: Erstaunlich wenig Substanz
Bürgerrechtler erstatteten Anzeige gegen Geheimdienstler und Politiker.
Doch das Dokument entpuppt sich als Armutszeugnis.
Bei der Linken abgekupfert: Rechtsextreme planen „Braune Hilfe“
NPD-Politiker wollen in Schleswig-Holstein einen Verein gründen, der bei
der Auseinandersetzung mit Justiz, Medien und Antifaschisten hilft.
Deutsche Journalisten unter Beobachtung: Illegale Überwachungen
Wenn Journalisten mehr wissen als Geheimdienste und Behörden, werden sie
bespitzelt und durchsucht. Das war 1970 nicht anders als heute.
Geheimniskrämer: Verfassungsschutz macht Fehler
Das Verwaltungsgericht Göttingen urteilt: Niedersachsens
Verfassungsschützer müssen Daten über den Journalisten Kai Budler löschen.
Sicherheit oder Einbildung: Brauchen wir den Verfassungsschutz?
Der niedersächsische Inlandsgeheimdienst hat die Journalisten Andrea Röpke
und Kai Budler beobachtet - rechtswidrig. Soll man die Institution
abschaffen?
Rechtsanwalt über Überwachung: „Fremdkörper in der Demokratie“
Über 38 Jahre wurde der Bremer Publizist und Anwalt Rolf Gössner vom
Verfassungsschutz beobachtet. Im Interview erklärt er, warum dieser seiner
Meinung nach abgeschafft gehört.
Bespitzelung von Journalisten: Verfassungsschutz unverdächtig
Andrea Röpke hat Anzeige gegen den niedersächsischen Verfassungsschutz
erstattet. Doch die Staatsanwaltschaft will nicht ermitteln.
Schutz vor dem Verfassungsschutz: Schünemann droht Verfahren
Niedersachsens Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gerät wegen
Überwachung von Journalisten unter Rechtfertigungsdruck.
Ausspäh-Affäre: Anwalt unter Beobachtung
Niedersachsens Verfassungsschutz führte Akten über den Anwalt Sven Adam.
Der vertritt Reporter, die sich gegen Überwachung durch den Geheimdienst
wehren.
Überwachung von Journalisten: Sauberer Rechtsbruch
In Niedersachsen wurde auch Andrea Röpkes Anwalt illegal ausgespäht. Er
hatte Anti-Castor-Aktivisten vertreten. Der Verfassungsschutz sieht sich im
Recht.
Verfassungsschutz Niedersachsen: Noch mehr Journalisten bespitzelt
Nicht nur über „taz“-Autorin Andrea Röpke und andere sammelte der
Verfassungschutz jahrelang Daten. Laut „Spiegel“ traf es noch mehr
Journalisten als bekannt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.