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# taz.de -- Überwachung in Niedersachsen: Daten müssen gelöscht werden
> Niedersachsens Verfassungsschutz hat Tausende Personen zu Unrecht
> ausspioniert. Er muss nun fast 40 Prozent der Personendaten löschen.
Bild: Die Task Force betont: Sitzblockaden gefährden nicht die Demokratie
HANNOVER taz | Der Niedersächsische Verfassungsschutz hat das Daten-Sammeln
jahrelang übertrieben. 39 Prozent seiner personenbezogenen Datensätze
sollen nun gelöscht werden, etwa 21 Prozent „umgehend“. Das betrifft
insgesamt 3.501 Menschen und ist das Ergebnis der Prüfung durch eine Task
Force, die Innenminister Boris Pistorius (SPD) in Auftrag gegeben hatte.
Mit so einem Ergebnis hatte auch der Minister nicht gerechnet: „Das ist
erschreckend.“ Offenbar habe es sich nicht um Versehen oder Fehler
einzelner Mitarbeiter gehandelt. „Nach diesen Ergebnissen liegt ein Fall
von Organisationsversagen vor.“
Pistorius hatte die Untersuchung veranlasst, nachdem Akten von
JournalistInnen entdeckt worden waren, die das Ministerium für rechtswidrig
hielt. Unter den nun überprüften rund 9.000 Datensätzen seien „nur in
äußerst geringem Maße“ Aufzeichnungen über JournalistInnen entdeckt worde…
so die Task Force. Beim „überwiegenden Anteil“ habe man sich dafür
ausgesprochen, die Daten auch weiterhin zu speichern.
Offenbar hatte der Verfassungsschutz auch großzügig bürgerliche Proteste
wie zum Beispiel beim Castor-Transport als „linksextrem“ eingestuft. Die
Task Force betont in ihrem Bericht, dass bewusste Rechtsbrüche als
Protestform allein noch keine Beobachtung durch den Verfassungsschutz
rechtfertigten. Sitzblockaden gefährden demnach nicht die Demokratie:
„Diese Delikte sind ohne Zweifel politisch motiviert, in der Regel wegen
der fehlenden systemüberwindenden Stoßrichtung aber nicht als extremistisch
zu bewerten.“
## Moscheebesuch ist nicht genug
Auch ein Besuch des Freitagsgebets in einer „extremistisch beeinflussten
Moschee“ reiche laut Task Force nicht für eine Überwachung durch den
Geheimdienst aus. Akten über etwa 100 Muslime sollen deswegen gelöscht
werden.
Innenminister Boris Pistorius kündigte an, den Datenbestand des
Verfassungsschutzes nun „schnellstmöglich bereinigen“ zu wollen. Er hatte
die Untersuchung auch eingeleitet, um die Zeit unter Innenminister Uwe
Schünemann (CDU) aufzuarbeiten. Tatsächlich trägt der nicht die alleinige
Verantwortung: Zwar stamme der „allergrößte Teil“ der beanstandeten Daten
aus den vergangenen zehn Jahren, so ein Ministeriumssprecher zur taz.
Einige wurden aber bereits in den 1990er-Jahren, und damit unter einer
SPD-Regierung, erhoben.
13 May 2014
## AUTOREN
Benjamin Laufer
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Niedersachsen
Verfassungsschutz
Boris Pistorius
Verfassungsschutz
Castor-Transport
Schwerpunkt Überwachung
Rechtsextremismus
Polizei
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