# taz.de -- Verfassungsschutz Niedersachsen: Hallo, du wurdest überwacht | |
> Hannover reformiert den VS. Stärkere Kontrollen soll es geben. Einmalig | |
> ist: Der Dienst muss Überwachte nun über die Beobachtung informieren. | |
Bild: Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) während der Pr… | |
HANNOVER taz | Nach dem Totalversagen im NSU-Skandal und diversen Affären | |
um die Bespitzelung von Journalisten, Rechtsanwälten und engagierten | |
BürgerInnen setzt Niedersachsens rot-grüne Landesregierung auf eine | |
umfassende Reform des landeseigenen Verfassungsschutzes. | |
Innenminister Boris Pistorius (SPD) will klar regeln, wer wann aus welchen | |
Gründen ins Visier des Geheimdienstes gerät. Außerdem sollen die „V-Leute�… | |
genannten Informanten besser ausgewählt und geführt werden – und auf Wanzen | |
und Kameras in Wohnräumen werden die Mitarbeiter künftig vollständig | |
verzichten müssen. | |
Dabei ist der entsprechende Gesetzentwurf, der noch im Oktober in den | |
Landtag eingebracht werden soll, ein Kompromiss. Im Wahlkampf hatten die | |
Grünen noch die komplette Abschaffung des Verfassungsschutzes gefordert: | |
[1][Ein „Scheißhaufen“ sei der], befand Fraktionschefin Anja Piel vor zwei | |
Jahren. | |
Sozialdemokraten und Grüne hatten besonders dem ehemaligen | |
CDU-Innenminister Uwe Schünemann vorgeworfen, die Behörde politisch | |
instrumentalisiert zu haben. So wurden mindestens sieben | |
regierungskritische JournalistInnen bespitzelt. Außerdem gerieten Tausende | |
BürgerInnen zu Unrecht ins Visier der Geheimen – so etwa ein Landwirt, der | |
nach der Teilnahme an gewaltfreien Anti-Atom-Protesten als „linksextrem“ | |
eingestuft wurde. | |
## Der Fall Röpke | |
In Zukunft dagegen sollen die Geheimdienstmitarbeiter nach einer | |
„Verdachtsgewinnungsphase“ begründen, warum sie welche Person oder Gruppe | |
zum „Beobachtungsobjekt“ machen wollen. Gespitzelt werden darf nur noch mit | |
ausdrücklicher Zustimmung des Ministers. Bei langfristigen Beobachtungen | |
muss das Kontrollgremium des Landtags eingeschaltet werden. | |
Als bundesweit einmalig gilt, dass der Dienst Überwachte nach Abschluss der | |
Beobachtung darüber informieren muss, dass sie bespitzelt wurden. Bisher | |
geschieht das nur auf Antrag. [2][Zumindest im Fall der taz-Autorin Andrea | |
Röpke] hat der Verfassungsschutz sogar versucht, die Überwachung zu | |
vertuschen. | |
Professioneller soll auch die Nutzung der V-Leute werden: Diese dürfen | |
künftig keine „Straftaten von besonderer Bedeutung“ mehr begangen haben, | |
sollen nicht von den Verfassungsschutzhonoraren abhängig sein. Ihre Führung | |
muss spätestens nach fünf Jahren ausgetauscht werden, damit kein | |
persönliches Verhältnis mit den Informanten entsteht, die aus | |
verfassungsfeindlichen Organisationen wie der NPD berichten. | |
Sein Gesetz sei bundesweit richtungsweisend, glaubt der amtierende | |
Innenminister Pistorius deshalb schon heute. „Da sind Regelungen drin, die | |
hat es vorher noch in keinem Verfassungsschutzgesetz gegeben“, sagt er. Und | |
glaubt: „Viele andere Länder werden folgen.“ | |
16 Oct 2014 | |
## LINKS | |
[1] /!137361/ | |
[2] /Bespitzelung-von-Journalisten/!125101/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Niedersachsen | |
Verfassungsschutz | |
Andrea Röpke | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Linksextremismus | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Grüne | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Verfassungsschutz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Im Visier der Schlapphüte: Sich selbst bewahrheitender Verdacht | |
Weil er sich einmal an einer friedlichen Castor-Blockade beteiligte, geriet | |
unser Autor in den Verdacht, Teil des „linksextremistischen Spektrums in | |
Göttingen“ zu sein. | |
Verfassungsschutz wird moderner: Abschied vom Schlapphut | |
Die überfällige Reform des niedersächsischen Verfassungsschutzes schreitet | |
voran. Zu Unrecht Überwachte werden nun aber doch nicht informiert. | |
Verfassungsschutz-Symposium in Berlin: Was ist denn nun linksextrem? | |
Ein Symposium des Verfassungsschutzes gerät zum bizarren Meinungsaustausch. | |
Was richtet sich gegen die demokratische Grundordnung? | |
Datenschutz in Niedersachsen: In jeder Imbissstube ein Spion | |
Jede noch so friedliche Kundgebung wird in Niedersachsen polizeilich | |
überwacht. Wurden Daten von Demonstranten an den Verfassungsschutz | |
weitergeleitet? | |
Affäre um NSU-Kommission in Stuttgart: Streit in der „Talkrunde“ | |
Die NSU-Enquetekommission in Baden-Württemberg ist arbeitsunfähig. Der | |
Vorsitzende ist zurückgetreten, weil er ein Gutachten weitergegeben hat. | |
Überwachung in Niedersachsen: Daten müssen gelöscht werden | |
Niedersachsens Verfassungsschutz hat Tausende Personen zu Unrecht | |
ausspioniert. Er muss nun fast 40 Prozent der Personendaten löschen. | |
Verfassungsschutz-Reform: Transparent und öffentlich soll's sein | |
Der niedersächsische Verfassungsschutz soll verlorenes Vertrauen | |
zurückgewinnen: Künftig soll die Arbeit stärker kontrolliert und | |
transparenter ablaufen . |