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# taz.de -- Verfassungsschutz-Symposium in Berlin: Was ist denn nun linksextrem?
> Ein Symposium des Verfassungsschutzes gerät zum bizarren
> Meinungsaustausch. Was richtet sich gegen die demokratische Grundordnung?
Bild: Eine Demo in Dresden. Links oder linksextrem?
BERLIN taz | Zum Auftakt gibt es einen Kalauer von Frank Henkel:
Linksextremismus, so Berlins Innensenator (CDU), sei eine „im wahrsten
Wortsinne gewaltige Herausforderung für unsere Demokratie“.
Der Verfassungsschutz, dem im Zuge des NSU-Skandals manch einer
unterstellte, selbst eine solche Herausforderung zu sein, sieht das ebenso
und hatte deswegen am Mittwoch in Berlin zu einem Symposium zum Thema
Linksextremismus geladen. Einer Behörde, die Öffentlichkeitsarbeit nicht zu
ihren Kernkompetenzen zählt, muss man wohl diese Einladung allein schon
anrechnen, insofern soll die Sinnhaftigkeit einer solchen Veranstaltung an
sich hier nicht weiter diskutiert werden.
Was aber gleichwohl erstaunte, war das Fehlen einer Definition dessen, was
der Begriff Linksextremismus eigentlich meint. Richard Stöss, emeritierter
Professor für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin, gab sich
in seinem Vortrag zwar redlich Mühe, den hier so selbstverständlich
vorausgesetzten und dabei wissenschaftlich doch so umstrittenen Begriff des
Linksextremismus kritisch zu beleuchten. Stöss’ Plädoyer: Aufgabengebiet
des Verfassungsschutzes sollten nur jene Gruppen, Personen und Taten sein,
die sich tatsächlich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung
richteten.
Kapitalismuskritik etwa, und sei sie noch so radikal, erfülle diesen
Tatbestand nicht, schließlich mache das Grundgesetz keine Angaben zur
Wirtschaftsordnung. Unter dem Begriff „Linksextremismus“ aber würden alle
möglichen Erscheinungen zusammengefasst und so illegitimerweise zum
Tätigkeitsfeld des Verfassungsschutzes gemacht, argumentierte Stöss.
## „Von wo geht die Gefahr aus?“
Doch für derlei Überlegungen war im sonstigen Programm kein Platz. Der
Begriff Linksextremismus sei wie eine Wasserpumpenzange, erklärte der
Berliner Verfassungsschutzchef Bernd Palenda: „Vielleicht nicht schön, aber
er erfüllt seinen Zweck“. Stöss’ Anmerkungen gerieten so zu einem
dekorativen Beiwerk, mit dem man sich nicht weiter aufhalten musste. Das
freilich erwies sich nicht nur als politisch problematisch, sondern auch
inhaltlich als schwierig: Ohne eine Definition zentraler Begriffe konnte
eine überzeugende Analyse kaum gelingen.
Die gab es dann auch nicht. Stattdessen wurden Links- und Rechtsextremismus
auch schon mal gleichgesetzt (der Moderator: „Von wo geht eigentlich die
größere Gefahr aus?“), wurde die angebliche Verharmlosung linksextremer
Gewalt angeprangert (der Polizeivizepräsident aus Hamburg: „Außer Springer
tragen alle Medien zum Feindbild Polizei bei“), und wurde linke Theorie
verzerrt (Udo Baron vom Verfassungsschutz Niedersachsen: „Der Lenin, der
ist für die Gewaltverbrechen in der Sowjetunion verantwortlich“). Fazit der
Veranstaltung: die Linksextremen, sie sind so gefährlich wie unbekannt.
18 Dec 2014
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Linksextremismus
Verfassungsschutz
Extremismus
Kapitalismuskritik
Henkel
Schwerpunkt Überwachung
Manuela Schwesig
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