# taz.de -- Schutz vor dem Verfassungsschutz: Schünemann droht Verfahren | |
> Niedersachsens Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gerät wegen | |
> Überwachung von Journalisten unter Rechtfertigungsdruck. | |
Bild: Niedersachsens Verfassungsschützer falten keine Zitronen. | |
Die Verfassungsschutzaffäre um den ehemaligen Innenminister Uwe Schünemann | |
(CDU) spitzt sich weiter zu. Nach dem Bekanntwerden der verbotenen | |
Überwachung mehrerer Journalisten, darunter der taz-Autorin Andrea Röpke, | |
eines Anwaltes und der Mitarbeiterin einer grünen Landtagsabgeordneten | |
fordert die grüne Landtagsfraktion nun juristische Konsequenzen. | |
Der Landesdatenschutzbeauftragte solle Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen | |
Schünemann und die ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Günter Heiß und | |
Hans-Werner Wargel einleiten. „Wir haben den Eindruck, dass es hier ein | |
systematisches Vorgehen gibt’ das die Behördenleitung oder sogar die | |
politische Leitung gesteuert haben“, erklärt Helge Limburg, der | |
parlamentarische Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion. | |
Menschen aus dem politisch linken Spektrum seien gezielt beobachtet worden | |
– und damit der Verfassungsschutz instrumentalisiert. „Deshalb sind aus | |
unserer Sicht die Voraussetzungen für ein Ordnungswidrigkeitsverfahren | |
gegeben“, so Limburg. | |
Der Innenminister habe die Richtlinien für den Verfassungsschutz gesetzt | |
und trage somit die politische Verantwortung für den Skandal. Alles weitere | |
müsse eine Überprüfung der Akten durch den Landesdatenschutzbeauftragten | |
ergeben, so Limburg. Die grüne Landtagsfraktion hat selbst Akteneinsicht | |
beantragt. | |
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder unterstützt die Absicht der | |
Grünen, juristische Konsequenzen gegen Schünemann und die früheren Leiter | |
des Verfassungsschutzes einzuleiten. | |
„Diese Daten-Affäre trägt die Handschrift der abgewählten | |
CDU-FDP-Landesregierung. Und die damals Handelnden werden sich dafür | |
verantworten müssen“, so Modder. | |
Der ehemalige Innenminister Schünemann könne sich nicht länger damit | |
herausreden, dass er nichts von der rechtswidrigen Datensammelpraxis der | |
ihm unterstellten Behörde gewusst habe. | |
„Es ist unglaubwürdig, dass solche Aktionen im Verfassungsschutz ohne | |
Wissen des früher zuständigen Ministers und des damaligen Präsidenten | |
möglich gewesen sein sollen.“ | |
Schünemann selbst weist noch immer jegliche Verantwortung für die | |
Verfassungsschutz-Affäre von sich. „Das ist absoluter Humbug“, äußerte s… | |
der ehemalige Innenminister lapidar gegenüber der Deutschen Presse Agentur. | |
„Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass sich der Verfassungsschutz | |
ausschließlich im Rahmen der Gesetze bewegt.“ Das geplante | |
Ordnungswidrigkeitsverfahren der Grünen sei lediglich ein Versuch, seinen | |
Wahlkampf um das Landratsamt in Hameln-Pyrmont zu torpedieren. | |
Schünemann forderte seinen Nachfolger Boris Pistorius (SPD) dazu auf, | |
umgehend disziplinarische Maßnahmen gegen die verantwortlichen | |
Sachbearbeiter einzuleiten. Für die Opposition ist das ein Ausweichmanöver: | |
„Da wird versucht, die Verantwortung auf die kleinere Beamten abzuwälzen“, | |
sagt Helge Limburg. „Dabei ist doch klar, dass der Minister die Leitlinien | |
für die Arbeit des Verfassungsschutzes selber gegeben hat.“ | |
Schünemanns Forderung, die Aufklärungsarbeit bis zur Landratswahl | |
auszusetzen, lehnt Limburg ab: „Wir klären auf, sobald Fälle bekannt werden | |
– ohne Rücksicht auf Wahltermine.“ | |
Schließlich seien kritische Journalisten, Mitarbeiter von | |
Oppositionsabgeordneten und Rechtsanwälte beobachtet worden – drei zentrale | |
Instanzen, die zur Kontrolle der Exekutive beitrügen, so Limburg. „So etwas | |
ist einer Demokratie unwürdig.“ | |
Schünemann müsse sich öffentlich bei den Opfern der Bespitzelungen | |
entschuldigen. | |
1 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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