# taz.de -- Niedersächsischer Verfassungsschutz: Bespitzelung mit Nachspiel | |
> In der Überwachungsaffäre leitet taz-Autorin Andrea Röpke als erste | |
> Betroffene rechtliche Schritte ein: Strafanzeige bei der | |
> Staatsanwaltschaft. | |
Bild: Möchte gerne wissen, was der niedersächsische Verfassungsschutz über s… | |
HANNOVER/HAMBURG taz | Wenn sich Niedersachsens Landtag am Mittwoch in der | |
Aktuellen Stunde mit der illegalen Journalistenbespitzelung durch den | |
Verfassungsschutz befasst, liegt die Sache längst bei der | |
Staatsanwaltschaft Hannover. Dort stellte die Rechtsextremismusexpertin und | |
taz-Autorin Andrea Röpke bereits am Dienstag Strafanzeige wegen | |
Urkundenunterdrückung, wie ihr Anwalt Sven Adam mitteilte. | |
Auch der Sportjournalist Ronny Blaschke, der sich unlängst als weiterer | |
Betroffener geoutet hat, kündigt rechtliche Schritte an. Vergangene Woche | |
hatten Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und | |
Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger (beide SPD) publik | |
gemacht, dass in der Amtszeit von Pistorius’ Vorgänger Uwe Schünemann (CDU) | |
[1][mindestens sieben JournalistInnen unrechtmäßig überwacht wurden]. | |
Bei Röpke hatte man gar versucht, die Beobachtung zu vertuschen. Als sie | |
2012 von der Behörde wissen wollte, ob es dort eine Akte über sie gibt, | |
löschte man kurzerhand die Daten – und teilte Röpke mit, sie sei nicht im | |
Fokus. Wegen dieser Falschauskunft hat ihr Anwalt Dienstaufsichtsbeschwerde | |
eingereicht, zudem fordert er die Rekonstruktion der vernichteten Akten. | |
Brandenburger, seit dem Antritt von Rot-Grün im Frühjahr im Amt, war auf | |
die Spitzeleien bei einer Stichprobenprüfung der Daten ihrer Behörde | |
gestoßen. Von der Vertuschung bei Röpke will sie, die unter Schünemann noch | |
Pressesprecherin war, erst jetzt über Mitarbeiter erfahren haben. | |
## „Extreme Einschränkung der Pressefreiheit“ | |
Röpke und Blaschke sind bislang die einzigen Betroffenen, die an die | |
Öffentlichkeit gegangen sind. „Der ganze Vorgang ist eine extreme | |
Einschränkung der Pressefreiheit“, sagt Blaschke, der im Oktober einen | |
Ehrenpreis des vom Deutschen Fußball-Bund ausgelobten Julius-Hirsch-Preis | |
für couragiertes Engagement gegen rechtsextreme Umtriebe im Sport erhalten | |
soll. | |
In ihrer Arbeit durch die Überwachung belastet waren beide schon vor dem | |
offiziellen Bekanntwerden. Blaschke etwa wurde einst von einer | |
Illustrierten gefragt, „ob ich in einer extremistischen Organisation sei“. | |
An Röpke wurde bei Tätigkeiten als Referentin herangetragen, dass aus | |
„Sicherheitskreisen“ Bedenken gegen sie gestreut würden. | |
„Aufgrund der besorgniserregenden Erkenntnisse in Niedersachsen“, sagt | |
Adam, wird er für Röpke und Blaschke bei allen 16 Verfassungsschutzämter | |
bundesweit Auskunft über möglicherweise gespeicherte personenbezogene Daten | |
beantragen. „Wir wollen, dass die illegale Überwachung nicht einfach | |
vergessen, sondern aufgeklärt wird“, sagt Röpke selbst. Zudem wolle sie | |
„das gesamte Ausmaß der Datenerfassung erfahren“. Von 2006 bis 2012 wurden | |
laut Verfassungsschutzpräsidentin Brandenburger Daten über sie gesammelt. | |
## „Am Anfang der Aufarbeitung“ | |
Den Eingang von Röpkes Anträgen bestätigt man bei ihrer Behörde. Äußern | |
dürfe man sich dazu aber nicht, erklärt ein Sprecher. Eigene juristische | |
Maßnahmen hat der Verfassungsschutz unterdessen noch nicht ergriffen. „Wir | |
sind am Anfang der Aufarbeitung“, so der Sprecher. Alle gespeicherten Daten | |
zu 9.000 Personen sollen auf Rechtmäßigkeit überprüft werden. Erst dadurch | |
erhoffe man sich Aufschluss über das gesamte Ausmaß sowie die möglichen | |
Verantwortlichen der rechtswidrigen Überwachungen. | |
SPD und Grüne im Landtag sehen indes bereits Ex-Innenminister Schünemann in | |
der Verantwortung. In der Aktuellen Stunde wollen sie „dringende Fragen zu | |
dieser skandalösen Überwachungsaffäre“ stellen, wie es die SPD-Fraktion | |
formuliert. Auch Grünen-Rechtspolitiker Limburg äußert sich empört. | |
Er kritisiert besonders die Vertuschung im Fall Röpke. „Die | |
Auskunftspflicht ob eine Akte besteht oder nicht, ist eine rechtsstaatliche | |
Schranke, damit sich Bürgerinnen und Bürger gegen Willkür wehren können“, | |
sagt er. Mit der Aktenvernichtung sei Röpke eben diese Möglichkeit genommen | |
worden. | |
24 Sep 2013 | |
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[1] /Ueberwachung-von-Journalisten/!124008/ | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
Andreas Speit | |
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