# taz.de -- Niedersachsen beobachtete Journalisten: Niederlage für den Verfass… | |
> Der niedersächsische Verfassungsschutz steht in der Kritik, weil er | |
> jahrelang Daten über Journalisten gesammelt hat. In einem Fall wurde er | |
> jetzt zur Löschung verurteilt. | |
Bild: Hatte beim Amtsantritt Aufklärung zugesagt: Die Chefin des niedersächsi… | |
GÖTTINGEN dpa | Der in die Kritik geratene niedersächsische | |
Verfassungsschutz hat eine juristische Niederlage erlitten. Das | |
Verwaltungsgericht Göttingen verurteilte den Geheimdienst am Mittwoch dazu, | |
die über einen Göttinger Journalisten gesammelten Daten zu löschen. | |
Der Verfassungsschutz hatte den Journalisten als möglichen politisch | |
linksmotivierten Straftäter eingestuft. Dafür ergeben sich aus den | |
bekanntgewordenen Daten, die der Geheimdienst gespeichert hat, keine | |
Anhaltspunkte, sagte Gerichtspräsident Thomas Smollich als Vorsitzender | |
Richter in der Urteilsbegründung. Im Rahmen eines Auskunftsersuchens hatte | |
der Verfassungsschutz dem Journalisten mitgeteilt, dass er jahrelang | |
beobachtet wurde und personenbezogene Daten über ihn gespeichert seien. | |
Der Verfassungsschutz hatte unter anderem registriert, dass der Journalist | |
beim [1][Göttinger „Stadtradio“] arbeitet, weil im Rahmen des Bürgerfunks, | |
für den der Redakteur überhaupt nicht verantwortlich ist, Linksradikale zu | |
Wort gekommen seien. Zudem habe der Journalist an Demonstrationen | |
teilgenommen. „Was soll daran verfassungsfeindlich sein?“, hatte der | |
Vorsitzende Richter schon während der Verhandlung gefragt. Die Teilnahme an | |
Demonstrationen sei schließlich ein Grundrecht. | |
Die Vertreter des Verfassungsschutzes verwiesen darauf, dass es „weitere | |
Erkenntnisse“ über den Journalisten gebe, über die man aus | |
Geheimhaltungsgründen nicht sprechen könne. Dies ließ das Gericht als Grund | |
für das Datensammeln nicht gelten. Es sei zwar höchstrichterlich | |
entschieden, dass Verfassungsschützer nicht alle gewonnenen Erkenntnisse | |
öffentlich machen müssen, sagte Smollich. „Aber was wir nicht kennen, | |
können wir nicht zur Grundlage unserer Entscheidung machen.“ Deswegen | |
müssten die bekannten Daten in jedem Fall gelöscht werden. | |
## „Alles Unsinn“ | |
Der Verfassungsschutz hatte nach eigenen Angaben 1997 damit begonnen, Daten | |
über den Redakteur zu sammeln. Er soll nach Durchsuchungsaktionen in | |
Verdacht geraten sein, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu | |
bekämpfen. „Alles Unsinn“, sagte der Anwalt des Journalisten, Sven Adam. | |
Das damalige Strafverfahren sei eingestellt worden. Sein Mandant habe zudem | |
niemals verfassungsfeindliche Bestrebungen gehabt, sondern stets nur seine | |
Arbeit gemacht und deshalb auch Demonstrationen beobachtet. Ein | |
Themenschwerpunkt des Journalisten ist Rechtsextremismus. | |
Den weitergehenden Antrag des Anwalts, den Verfassungsschutz zur Löschung | |
sämtlicher über den Redakteur vorhandenen Daten zu verpflichten, müsse das | |
Gericht ablehnen, sagte Smollich. Da die Behörde sich rechtmäßig weigern | |
könne, alle gespeicherten Erkenntnisse zu offenbaren, habe dies für den | |
Journalisten „die bedauerliche Konsequenz“, dass er – anders als bei den | |
bekannten Daten – keinen ausreichend konkreten Löschungsantrag stellen | |
könne. | |
Der niedersächsische Verfassungsschutz war in die Kritik geraten, nachdem | |
bekanntgeworden war, dass er – zumindest in früheren Jahren – auch | |
Journalisten verbotenerweise beobachtet hatte. Die neue Präsidentin Maren | |
Brandenburger hatte Aufklärung zugesagt. (Az: 1 A 246/11) | |
6 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.stadtradio-goettingen.de/ | |
## TAGS | |
Verfassungsschutz | |
Niedersachsen | |
Gerichtsurteil | |
Journalist | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Sprengstoff | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Uwe Schünemann | |
Verfassungsschutz | |
Andrea Röpke | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sprengsätze in Göttingen gefunden: „Flora und Fauna“ will's gewesen sein | |
Vor mehreren Gebäuden in Göttingen wurden Sprengsätze gefunden. Eine Gruppe | |
namens „Flora und Faune“ hat sich bekannt. Die Polizei geht von | |
linksmotivierten Tätern aus. | |
Bespitzelung von Journalisten: Verfassungsschutz unverdächtig | |
Andrea Röpke hat Anzeige gegen den niedersächsischen Verfassungsschutz | |
erstattet. Doch die Staatsanwaltschaft will nicht ermitteln. | |
Schutz vor dem Verfassungsschutz: Schünemann droht Verfahren | |
Niedersachsens Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gerät wegen | |
Überwachung von Journalisten unter Rechtfertigungsdruck. | |
Zwischenbericht zum Verfassungsschutz: Nur angebräunt | |
Dem Geheimdienst bescheinigen Historiker eine eher geringe | |
Beschäftigungsquote ehemaligen NSDAP-Personals. Doch die Quellenbasis ist | |
unvollständig. | |
Ausspäh-Affäre: Anwalt unter Beobachtung | |
Niedersachsens Verfassungsschutz führte Akten über den Anwalt Sven Adam. | |
Der vertritt Reporter, die sich gegen Überwachung durch den Geheimdienst | |
wehren. | |
Überwachung von Journalisten: Sauberer Rechtsbruch | |
In Niedersachsen wurde auch Andrea Röpkes Anwalt illegal ausgespäht. Er | |
hatte Anti-Castor-Aktivisten vertreten. Der Verfassungsschutz sieht sich im | |
Recht. |