Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schlecht gesichertes Netzwerk: Liebesgrüße aus Karlsruhe
> 20.000 E-Mails wurden von Unbekannten unter fremdem Namen an der
> Hochschule Karlsruhe verschickt. Die Polizei ermittelt, die HsKA ist
> sauer auf den Chaos Computer Club.
Bild: Ausgeladen: Constanze Kurz.
KARLSRUHE dpa | So viel Liebe war nie an der Hochschule Karlsruhe: „Ich hab
dich letztens auf dem Campus gesehen und musste dich einfach ewig ansehen“
– so beginnt eine E-Mail, die mehr als 20.000 Mal verschickt wurde, an
Studierende und Dozenten der Hochschule Karlsruhe (HsKA).
Diese hat Anzeige gegen „Unbekannt“ erstattet und eine bekannte Aktivistin
des Chaos Computer Clubs (CCC), Constanze Kurz, von einem Vortrag
ausgeladen – weil die Mails aus einem offenen Netzwerk verschickt wurden,
das Ende Dezember 2013 für den Kongress des CCC in Hamburg eingerichtet
wurde. Der Vorfall zeigt einmal mehr, wie leicht es ist, E-Mails zu
manipulieren – und die Notwendigkeit, sich davor zu schützen.
„Eine E-Mail ist wie eine Postkarte“, erklärt Martin Vietz vom CCC in
Karlsruhe. „Was ich da als Absender drauf schreibe, kann auch niemand
nachprüfen.“ Hinzu kam, dass der Mailserver der HsKA für den Versand von
Mails innerhalb der Hochschule keine Passworteingabe verlangte – das ist
nach dem [1][E-Mail-Transportprotokoll SMTP] durchaus möglich.
Die Karlsruher CCC-Gruppe, der Verein Entropia, kritisiert die Vorwürfe der
Hochschule. Jeder habe das Netz zum Kongress 30C3 nutzen können, das
Internet sei eben offen. Die Hochschule wollte unter Hinweis auf die
laufenden Ermittlungen keine Informationen zu dem Vorfall geben.
## „Weil wirs können!“
Der oder die Absender der Liebesmail vom 29. Dezember schickten nach mehr
als fünf Stunden eine weitere E-Mail, in der die Sache als Scherz
aufgeklärt wurde. Darin schreiben sie zu den Motiven der Aktion: „Weil wirs
können! Weil wir darauf hinweisen wollen wie unsicher die
Hochschulinfrastruktur ist. Weil wir wollen, dass sich das ändert!“ Beide
Mails wurden vom Blog [2][blog.debuglevel.de] dokumentiert.
Ein CCC-Mitglied hätte sich in diesem Fall korrekterweise so verhalten,
dass man den Admin, also den Verwalter des Hochschulnetzes, auf das Problem
aufmerksam gemacht hätte, sagt der Informatiker Hannes Sowa im Vereinstreff
von Entropia im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Das massenhafte
Ausnutzen des Fehlers sei nicht in Ordnung gewesen, stimmt Nicola Apicella
zu. „Aber die Ausladung von Constanze Kurz war auch nicht richtig.“
Die Hochschule hatte Kurz zu einem Vortrag zur „Langen Nacht der
Mathematik“ am 4. April eingeladen. Die Veranstaltung wurde inzwischen
komplett abgesagt.
## Lehrreiche Beispiele
„Angeblich hat einer der über zehntausend 30C3-Besucher das dort
bereitgestellte Internet genutzt, um ein offenbar seit Jahren bekanntes
Konfigurationsproblem des Mailservers der Hochschule drastisch zu
demonstrieren“, erklärt CCC-Sprecher Michael Horn. Die Reaktion der
Hochschule auf den Vorfall „erscheint uns wenig logisch oder zielführend,
die eigenwilligen Aktionen der Hochschulleitung sprechen deutlich für
sich“.
Kurz wollte in Karlsruhe über „Kryptographie nach Snowden“ sprechen – und
damit ausgerechnet über die Wege, die der Hochschule Ärger erspart hätten.
Die [3][Verschlüsselung der Transportwege] wie des E-Mail-Inhalts sind
wesentliche Vorkehrungen für einen sicheren Mail-Verkehr. „Die Technik für
sichere elektronische Kommunikation ist da“, sagt Sowa. „Sie muss halt nur
genutzt werden. Und da sind solche Beispiele eigentlich ganz lehrreich.“
6 Mar 2014
## LINKS
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Simple_Mail_Transfer_Protocol
[2] http://blog.debuglevel.de/
[3] /E-Books-ueber-Verschluesselung/!127716/
## TAGS
Schwerpunkt Chaos Computer Club
E-Mail
Judentum
NSA
Sascha Lobo
30C3
CCC-Kongress
## ARTIKEL ZUM THEMA
Amerikanische Offline-Initiative: Digitaler Sabbat
Das Telefon-Display mehr im Blick als das Gegenüber am Tisch? Eine New
Yorker Organisation rät: Einmal komplett vom Netz abmelden.
Kommentar Strafanzeige wegen NSA: Erstaunlich wenig Substanz
Bürgerrechtler erstatteten Anzeige gegen Geheimdienstler und Politiker.
Doch das Dokument entpuppt sich als Armutszeugnis.
Eine andere Antwort auf Sascha Lobo: Wir müssen das Internet austauschen
Sascha Lobo ist gekränkt, weil er merkt, dass das Netz seine Hoffnungen
enttäuscht hat. Der Thriller-Autor Daniel Suarez hat einen
Heilungsvorschlag.
Kolumne 30C3 – Tag 3: Edward Snowden beim CCC-Kongress
Über die Großen, die Kleinen und die Leckeren. Was wir am dritten Tag des
30C3 gelernt haben.
Kolumne 30C3 – Tag 2: Nicht alles hat einen tieferen Sinn
Rohrpost, Google Russland und Menschen, die Snowden nicht kennen. Was wir
am zweiten Tag des 30C3 gelernt haben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.