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# taz.de -- Behördenanfragen bei E-Mail-Anbieter: Posteo gibt Zahlen preis
> Als erster deutscher Provider verrät Posteo, wie häufig die Behörden
> Nutzerdaten angefragt haben. Der Anbieter hofft, dass nun andere
> nachziehen.
Bild: Allein bei Posteo wurden im vergangenen Jahr sieben Anfragen gestellt.
BERLIN taz | Als erster deutscher E-Mail-Anbieter veröffentlicht Posteo am
Montag Zahlen über Anfragen von Behörden. Demnach haben
Strafverfolgungsbehörden im vergangenen Jahr in insgesamt sieben Fällen
Auskünfte über Nutzerdaten verlangt. In sechs davon wollten die Behörden
von dem Provider nur Bestandsdaten über die Nutzer haben – also etwa den zu
einem Account gehörenden Namen, die Adresse und Kontoverbindung. In einem
Fall ging es darüber hinaus auch um die Inhalte des Postfachs und die
Überwachung der laufenden Kommunikation, eine sogenannte
Telekommunikationsüberwachung. Geheimdienstanfragen gab es keine.
Laut dem Bericht, der der taz vorab vorliegt, haben die Behörden nur in
einem einzigen Fall – bei der Telekommunikationsüberwachung – auch Daten
erhalten. Denn anders als andere E-Mail-Provider erhebt Posteo keine
Bestandsdaten, sodass sich Nutzer einen anonymen Mail-Account einrichten
können. Die Bestandsdatenabfrage ist für Behörden mit vergleichsweise
niedrigen Hürden verbunden. Während Ermittler für eine Überwachung der
laufenden Kommunikation den Beschluss eines Richters brauchen, können sie
die Bestandsdaten ohne richterliche Einwilligung abfragen.
Dennoch: Posteo zufolge waren fünf von sieben Bestandsdatenabfragen nicht
einmal formal korrekt. „Mehr als zwei Drittel der Ersuchen wurden entweder
nicht vorschriftsmäßig an uns übermittelt oder es wurden Daten abgefragt,
die ohne einen richterlichen Beschluss gar nicht hätten abgefragt werden
dürfen“, sagt Posteo-Gründer Patrik Löhr. In einem Fall hätten Beamte
vorgegeben, einen Beschluss zu Durchsuchung und Beschlagnahmung der
gesamten Geschäftsunterlagen zu besitzen, der gar nicht existiert habe.
Wenn es nach Löhr geht, ist sein Unternehmen in Deutschland aber nur das
erste, das einen Transparenzbericht vorlegt: „Wir hoffen, dass andere nun
nachziehen.“
## Interpretationsspielraum der Gesetzesgrundlage
In der Vergangenheit gab es da einiges an Widerstand. Denn die gesetzliche
Grundlage, in diesem Fall unter anderem das G-10-Gesetz, lässt sich auch so
interpretieren, dass die Veröffentlichung von Informationen über
Behördenanfragen strafbar ist. Mancher Provider macht es sich daher
einfach: So erklärte etwa die Telekom der taz Anfang des Jahres, dass man
sich gar nicht für zuständig halte. Die Behörden müssten die Zahlen schon
selbst veröffentlichen.
Die haben allerdings ein geringes Interesse an Transparenz, das zeigen
schon die sehr allgemeinen Zahlen über Behördenanfragen, die das Bundesamt
für Justiz öffentlich macht: Daraus ist weder ersichtlich, welcher Provider
Nutzerdaten herausgeben musste, noch, wie viele Daten die Unternehmen
tatsächlich an die Behörden weitergaben. Schließlich ist denkbar, dass die
Bereitschaft zur Kooperation mit den Behörden bei jedem Anbieter
verschieden ist – eine Information, die für Nutzer durchaus von Interesse
sein könnte.
Posteo als verhältnismäßig kleiner Provider hat derzeit 50.000 Postfächer.
Zum Vergleich: Die Zahl der T-Online-Konten lag laut Telekom im vergangenen
Sommer bei knapp 20 Millionen. Insgesamt wurden im Jahr 2012 laut
Bundesnetzagentur 36,3 Millionen Mal Bestandsdaten abgefragt – so häufig
wie nie zuvor. Bei den großen Providern müssen also auch im Verhältnis
deutlich mehr Anfragen eingehen. Das könnte unter anderem damit
zusammenhängen, dass Anbieter mit mehr als 100.000 Nutzern Bestandsdaten
automatisiert zur Abfrage bereitstellen müssen – wenn sie diese erheben.
US-Provider sind – auch wenn sonst nicht gerade ein Vorbild in Sachen
Datenschutz – bei der Transparenz etwas weiter: Gerade im Zuge der
Diskussion um die Überwachung durch Geheimdienste und das schwindende
Vertrauen der Nutzer, versuchen sie verstärkt, Offenheit zu zeigen. So
legen mittlerweile unter anderem Google, Apple und Yahoo regelmäßig
Berichte über Behördenanfragen vor, dieses Jahr gab es erstmals auch grobe
Zahlen zu Geheimdienstanfragen. Ende vergangener Woche hatten einige
Konzerne angekündigt, Nutzer künftig auch direkt zu informieren, wenn
Anfragen zu ihren Accounts vorliegen, zumindest „in den meisten Fällen“.
5 May 2014
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Posteo
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Nutzerdaten
Datenschutz
Microsoft
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Datenschutz
NSA
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