# taz.de -- Merkel über Sozialmissbrauch: „Die EU ist keine Sozialunion“ | |
> Die Kanzlerin will Einreisesperren bei Sozialmissbrauch gesetzlich | |
> verankern. Die Grünen bezeichnen Merkels Pläne als „populistisches | |
> Wahlkampfgetöse“. | |
Bild: Sauertöpfisch: Angela Merkel. | |
BERLIN dpa | Mit fünfjährigen Einreiseverboten und Beschränkungen beim | |
Kindergeld will die Bundesregierung gegen einen möglichen Sozialmissbrauch | |
durch EU-Ausländer vorgehen. Das geht aus dem vorläufigen Gesetzentwurf | |
hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Kanzlerin Angela Merkel | |
betonte in der Passauer Neuen Presse: „Die EU ist keine Sozialunion.“ | |
Wie ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch in Berlin sagte, | |
befindet sich der Gesetzentwurf derzeit in der Abstimmung zwischen den | |
einzelnen Ministerien. Er soll aber noch vor der Sommerpause vom Kabinett | |
beschlossen worden. Zuvor hatte Der Freitag darüber berichtet. | |
Die Grundzüge des Gesetzentwurfs sind bereits seit zwei Wochen bekannt – | |
jetzt liegen auch die angepeilten Detailregelungen vor, die nach einem | |
Kabinettsbeschluss allerdings noch durch Bundestag und Bundesrat müssen. | |
Nach den bisherigen Plänen soll Zuwanderern aus der EU für bis zu fünf | |
Jahre zwingend die Wiedereinreise verboten werden, wenn sie beim Missbrauch | |
von Sozialleistungen ertappt werden. | |
Wer sich durch falsche oder unvollständige Angaben eine | |
Aufenthaltserlaubnis erschleicht, muss mit bis zu drei Jahren Gefängnis | |
rechnen. Den unberechtigten Bezug von Kindergeld will man dadurch | |
verhindern, dass der Antragsteller künftig Steueridentifikationsnummern für | |
sich und das jeweilige Kind vorlegen muss. EU-Zuwanderer sollen zur | |
Arbeitssuche zudem in der Regel nur noch ein auf sechs Monate befristetes | |
Aufenthaltsrecht bekommen. | |
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete die Pläne mit | |
Blick auf die Europawahl als „populistisches Wahlkampfgetöse“. In der | |
[1][Saarbrücker Zeitung (Donnerstag) beklagte sie], Wiedereinreisesperren | |
seien europarechtswidrig und bloße Augenwischerei. | |
Anlass für die gesetzliche Neuregelung war die CSU-Kampagne „Wer betrügt, | |
der fliegt“, mit der die Christsozialen vor einem angeblich massenhaften | |
Missbrauch von Sozialleistungen durch Bulgaren und Rumänen gewarnt hatten. | |
Bürger aus diesen beiden jungen EU-Staaten haben seit dem 1. Januar freien | |
Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Einige Kommunen fühlten sich jedoch | |
durch den steigenden Zuzug von sozial schwachen Osteuropäern überfordert. | |
## EuGH-Gutachten zu „Armutszuwanderung“ | |
Grundsätzlich ist Deutschland verpflichtet, Zuwanderern aus anderen | |
EU-Staaten Sozialleistungen zu zahlen. Der Generalanwalt am Europäischen | |
Gerichtshof hielt allerdings am Dienstag in einem Gutachten fest, dass man | |
sogenannten Armutszuwanderern dann Hartz IV verweigern darf, wenn die | |
Betroffenen ausschließlich nach Deutschland kamen, um Sozialhilfe zu | |
beziehen. | |
Merkel sagte der Passauer Neuen Presse: „Wir wollen Hartz IV nicht für | |
EU-Bürger zahlen, die sich allein zur Arbeitsuche in Deutschland | |
aufhalten.“ Zum Kindergeld gebe es in der EU Freizügigkeitsregelungen und | |
ein klares Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Danach hätten in | |
Deutschland arbeitende EU-Bürger grundsätzlich Anspruch darauf, wenn sie in | |
Deutschland erwerbstätig sind. „Wir arbeiten daran, hierbei bestmöglich | |
Missbrauch ausschließen zu können.“ | |
Im Vorjahr haben in Deutschland lebende Ausländer Hartz-IV-Leistungen in | |
Höhe von rund 6,7 Milliarden Euro bezogen – etwa ein Fünftel des | |
Gesamtvolumens. Auf die rund 900.000 Ausländer aus Nicht-EU-Staaten | |
entfielen fünf Milliarden Euro, auf die 311 000 Zugewanderten aus den | |
anderen EU-Ländern 1,7 Milliarden Euro. Das geht aus einer Antwort des | |
Bundesarbeitsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage hervor. Darin | |
sind Gesamtaufwendungen für Hartz-IV-Leistungen von 33,7 Milliarden Euro | |
ausgewiesen. Bundesbürger erhielten davon 26,8 Milliarden Euro. | |
22 May 2014 | |
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