Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die mutmaßlichen Paris-Attentäter: Zwei Jungs vom Stadtrand
> Saïd und Chérif Kouachi waren kiffende, Rap hörende, gewöhnliche
> Vorstadtkinder – bis sie auf einen salafistischen Prediger trafen.
Bild: Französische Spezialeinheiten fahnden nach den mutmaßlichen Tätern. De…
BERLIN taz | Nach zwei „bewaffneten und gefährlichen Männern“ [1][fahndet
die französische Polizei]. Die beiden Fahndungsfotos zeigen zwei ernst
dreinschauende junge Männer mit kurzen Haaren. Der eine ist glatt rasiert,
der andere trägt einen fusseligen Kinnbart.
Die beiden Brüder, die die französische Polizei als Täter identifiziert
hat, sind den Behörden seit Jahren bekannt. Unklar ist, ob sie auch
überwacht wurden. Ihr Werdegang zeigt, wie aus Einwandererkindern
Dschihadisten wurden. Eine Radikalisierung am Stadtrand von Paris.
Saïd (34) und Chérif Kouachi (32) sind beide in Paris geboren. Ihre Eltern
waren Einwanderer aus Algerien und starben früh. Mit Anfang 20 führten die
Brüder ein Leben wie viele andere junge Erwachsene, nicht nach den Regeln
einer strengen Auslegung des Koran. Chérif arbeitete als Pizzausfahrer. Er
hat getrunken, gekifft, Rap-Musik gehört, hatte eine Freundin. Im jungen
Salafistenprediger Farid Benyettou fand er offenbar einen, der ihm
Orientierung gab im Leben.
Sein Leben änderte Chérif nicht so schnell, aber seine Ansichten wurden
radikaler. Er wollte Mitstreiter dazu bewegen, jüdische Ziele in Frankreich
anzugreifen. Inwieweit er sich damit nur aufspielen wollte, lässt sich
heute schwer sagen. Klar ist: Er lernte schießen und bereitete sich darauf
vor, außerhalb von Frankreich in den „Heiligen Krieg“ zu ziehen.
## Kontakt zum Dschihadismus
Der Mann, der seine Radikalisierung maßgeblich beeinflusst hat, heißt Farid
Benyettou. Schauplatz ist der 19. Bezirk von Paris, ganz im Nordosten, ein
durchmischtes Stadtviertel mit dem bekannten Parc des Buttes-Chaumont.
Mehrere Jahre lang rekrutierte der charismatische Selfmade-Prediger
Benyettou Dschihadisten für den Kampf gegen die US-Truppen im Irak.
Auch Farid Benyettou hat algerische Vorfahren. Als Teenager kam er mit dem
Dschihadismus in Kontakt. Der Mann seiner Schwester wurde 1998
festgenommen, weil er bei der Vorbereitung eines Attentats auf die
Fußballweltmeisterschaft beteiligt gewesen sein soll, als Teil der
algerischen Dschihadistengruppe GSPC, der Vorläuferorganisation von
al-Quaida im Magreb.
Von da an folgte Benyettou der al-Quaida-Ideologie, ohne unbedingt enger
vernetzt zu sein. Das würde ins Bild passen, da Zeugen des Anschlags davon
sprechen, die Täter hätten sich als al-Quaida-Kämpfer bezeichnet. Dafür,
dass sie in deren Auftrag gehandelt haben, gibt es bislang keinerlei
Hinweise.
Farid Benyettou überwarf sich mit den gemäßigten Imamen und machte sein
eigenes Ding. „Filière Irakienne“ nannte er seine Gruppe“, irakische
Zweigstelle. Er scharrte junge Leuten um sich, die sich schon aus der
Schule oder vom Fußballplatz kannten. Ein Dutzend junger Leute, die meisten
Nachkommen nordafrikanischer Einwanderer.
## Er war „Gelegenheitsmuslim“
Manche reisten in den Irak, einige wurden dort im Kampf getötet. Chérif
gehörte zu denen, die es gar nicht dorthin geschafft haben. 2005 buchte er
einen Flug nach Damaskus und wurde festgenommen. 2008 verurteilte ihn ein
Pariser Gericht zu drei Jahren Haft, davon anderthalb Jahre auf Bewährung.
Chérif habe Zweifel und Angst gehabt und sei ganz froh gewesen, dass er
festgenommen wurde, sagt sein Anwalt. Er stellte ihn damals als einen
ziemlich harmlosen Kerl da, einen „Gelegenheitsmuslim“, der schlicht
erschüttert gewesen sei über die Lage im Irak. Auch gegen Saïd wurde damals
ermittelt.
2010 wurde Chérif Kouachi erneut verhaftet. Er soll an der Befreiungsaktion
eines inhaftierten algerischen Terroristen beteiligt gewesen sein, der
wegen mehrerer Anschläge in Paris in den neunziger Jahren im Gefängnis saß.
Wie Le Monde berichtet, saß er vier Monate im Gefängnis, dann wurden die
Ermittlungen eingestellt.
Beruflich war Chérif Kouachi danach offenbar gut integriert. Laut
französischen Medien leitete er die Fischtheke in einem Supermarkt.
8 Jan 2015
## LINKS
[1] /Nach-Attentat-auf-Charlie-Hebdo/!152442/
## AUTOREN
Sebastian Erb
## TAGS
Polizei
Islamismus
Paris
Charlie Hebdo
Attentat
Chérif Kouachi
Saïd Kouachi
Fahndung
Schwerpunkt Rassismus
Fußball
Paris
Terrorismus
Europäischer Gerichtshof
Dschihadismus
Titanic
Terrorismus
Reaktionen
Schwerpunkt Frankreich
Islamophobie
Terroranschlag
Islamismus
Gedenken
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mutmaßliche Islamisten in Belgien: „Großer Schlag“ gegen den Terror
Razzia in der Islamistenszene: Belgien gilt als „Drehscheibe der
Dschihad-Rekrutierung“. Dort ist es leicht, Waffen zu besorgen.
Terrorismus im französischen Fußball: Das Spiel ist aus
Die Attentäter trafen sich beim Kicken. Indizien legen nahe, dass bereits
während der WM 1998 ein gigantischer Anschlag geplant war.
Ermittlungen nach Anschlag in Paris: „Ihr attackiert den Islamischen Staat“
Möglicherweise hat einer der Attentäter auch einen Jogger lebensgefährlich
verletzt. In einem Video erklärt er seine Treue zum Islamischen Staat.
Terror in Frankreich: Mindestens vier Geiseln tot
Nach der Geiselnahme im Osten von Paris sollen fünf Menschen tot sein,
darunter auch der Geiselnehmer. Die mutmaßlichen „Charlie Hebdo“-Attentät…
wurden getötet.
Nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“: Vorratsdaten zur Terrorabwehr
Nach dem Anschlag in Paris rollen CSU und CDU die Debatte über die
Vorratsdatenspeicherung wieder auf. Von SPD, Grünen und der Linken kommt
Gegenwind.
Drama nach Attentat in Paris: Geiseln in koscherem Supermarkt
In Paris soll ein Mann, der möglicherweise mit den „Charlie
Hebdo“-Attentätern in Verbindung steht, fünf Geiseln genommen haben,
darunter auch Kinder.
Die Wahrheit: Spott über Gott
Libérté toujours wie bei „Charlie Hebdo“? In Deutschland bleiben 100
Prozent Kunstfreiheit immer noch ein frommer Wunsch.
Radikalisierung von Muslimen: Solche Täter sind Alleingänger
Terroranschläge wie den in Paris können muslimische Gemeinden nicht alleine
verhindern.
Arabische Presse zu „Charlie Hebdo“: Entschuldiger und Aufstachler
Der Anschlag auf die französische Satirezeitung wird in der arabischen
Presse als Akt des Terrors verurteilt. Doch auch Rassismus sei ein Problem.
Terrorexperte über Pariser Anschlag: „Das war nicht zufällig in Frankreich�…
Je mehr Dschihadisten in einem Land leben, desto höher ist die
Anschlagsgefahr, sagt Guido Steinberg. Daher sei auch Deutschland
gefährdet.
Kommentar „Je suis Charlie Hebdo“: Jede Menge falsche Freunde
Die Pegidas dieser Welt haben kein Recht, die ermordeten Satiriker zu
instrumentalisieren. Und wer die Tat mit „Aber“ verurteilt, rechtfertigt
sie.
„Titanic“-Chef über „Charlie Hebdo“: Im Tod den Humor nicht verlieren
Satire muss möglich sein, ohne dass man erschossen wird, sagt
„Titanic“-Chef Tim Wolff. Nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ sollten
weiter Witze gemacht werden.
Kommentar Reaktionen in Frankreich: Ungewollter Krieg
Die Feinde kommen nicht aus der Ferne, sondern aus der Nachbarschaft:
Frankreich befindet sich am Tag nach den Anschlägen im Schockzustand.
Berliner reagieren auf Anschlag: Trauer am Pariser Platz
Rund 1.000 Menschen gedenken vor der französischen Botschaft in Berlin der
Opfer des Terroranschlags auf „Charlie Hebdo“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.