# taz.de -- Kommentar Reaktionen in Frankreich: Ungewollter Krieg | |
> Die Feinde kommen nicht aus der Ferne, sondern aus der Nachbarschaft: | |
> Frankreich befindet sich am Tag nach den Anschlägen im Schockzustand. | |
Bild: Reaktionen der französischen Presse am Donnerstagmorgen. | |
Am Tag nach dem Attentat auf Charlie Hebdo ist Frankreich im Kriegszustand. | |
Nein, es war kein Alptraum, die Karikaturisten und anderen Mitarbeiter der | |
Wochenzeitung sowie Polizisten sind wirklich ermordet worden. Es gibt in | |
Frankreich Leute, welche jede Form von Kritik der Perversion religiöser | |
Ideen und jeden satirischen Spott zum Schweigen bringen wollen: mit der | |
Kalaschnikow gegen den Zeichenstift. Es geht um die Freiheit zu denken, zu | |
schreiben, zu karikieren. | |
Der barbarische Anschlag auf die Pressefreiheit wird als Kriegserklärung | |
empfunden. Diesen Krieg hat das Land nicht gewollt, nicht gesucht. Der | |
Kampf gegen den Terrorismus in Afrika, Afghanistan, im Irak, in Syrien oder | |
Libyen war eine Verteidigung gegen eine Bedrohung von außen und eine | |
Vergeltung für Geiselnahmen. | |
Selbst frühere Terroranschläge wie die von Mohammed Merah in Toulouse | |
wollte man noch als fürchterliche Einzelphänomene erklären und möglichst | |
schnell verdrängen. Doch jetzt ist Frankreich von diesem Krieg definitiv | |
eingeholt worden. Die Redaktion von Charlie Hebdo ist als Kriegsschauplatz | |
zur Frontlinie geworden. Die Feinde kommen nicht aus der Ferne, sondern aus | |
der Nachbarschaft. | |
Wie diese dazu kommen, in ihrem religiösen Wahn auf friedfertige Zeichner | |
zu schießen und auf Polizeibeamte, die bloß ihre Aufgabe erfüllen, ist für | |
die Franzosen und Französinnen schlicht nicht nachvollziehbar und | |
vergrößert nur den Horror. | |
Zugleich wächst angesichts der Irrationalität des Terrors die Gefahr | |
„kollateraler Schäden“ wie in jedem Krieg, wo der Hass die Klarsicht und | |
Vernunft verdrängt. Das Risiko ist dabei groß, dass neben den eigentlichen | |
Tätern auch die muslimische Bevölkerung mitverantwortlich gemacht wird. In | |
der Nacht wurde bereits auf eine Moschee in Mans und auf einen muslimischen | |
Gebetsraum in Port-la-Nouvelle geschossen. Und Marine Le Pen fordert ein | |
Referendum zur Wiedereinführung der Todesstrafe. | |
Der Appell zur „union sacrée“ muss darum neben den Parteien auch und vor | |
allem die Muslime einschließen, die auf der Seite der Opfer und nicht der | |
Täter stehen. | |
8 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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