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# taz.de -- Deutsche Politik zu „Charlie Hebdo“: Die Terrortaten Einzelner
> Die CSU fordert nach dem Anschlag schärfere Maßnahmen, etwa die
> Vorratsdatenspeicherung. Die SPD warnt vor Verallgemeinerungen bei
> Muslimen.
Bild: „Es ist wichtig, dass wir uns jetzt vor die Muslime in Deutschland stel…
BERLIN/KREUTSCH rtr/afp/dpa | Nach dem Anschlag auf die Satirezeitung
Charlie Hebdo am Mittwoch in Paris hat Bundesinnenminister Thomas de
Maizière eine bundesweite Trauerbeflaggung der obersten Bundesbehörden und
anderer Einrichtungen des Bundes angekündigt. Von Donnerstag bis Samstag
würden dort die Flaggen auf Halbmast gesetzt. Auch mehrere Bundesländer
ordnen Trauerbeflaggung an. Bei dem Anschlag waren zwölf Menschen getötet
worden. Die Täter sind auf der Flucht. Vermutet wird ein islamistischer
Hintergrund.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnte derweil davor, die nach seinen
Worten große Mehrheit der friedlich lebenden Muslime in Deutschland und
Europa für die „Terrortaten“ Einzelner haftbar zu machen. „Es ist wichti…
dass wir uns jetzt vor die Muslime in Deutschland stellen“, sagte Oppermann
am Donnerstag in Berlin vor einer Klausurtagung in Berlin.
Die Anti-Islam-Bewegung Pegida und die Partei Alternative für Deutschland
(AfD) müssten „aufpassen, dass sie nicht das Geschäft der Terroristen
betreiben“. Deren erste Reaktionen auf den Anschlag seien unsäglich.
Namentlich dem AfD-Vizechef Alexander Gauland warf Oppermann vor, „die
Killer von Paris mit den friedlichen muslimischen Einwanderern in
Deutschland“ zu vermischen. „Das ist eine politische Brandstiftung“, sagte
Oppermann.
## Lucke fordert Besonnenheit
Gauland hatte am Donnerstag den Anschlag als [1][Beleg für die Gefahr des
islamistischen Terrors] in Europa und „der Mitte unserer Gesellschaft“
bezeichnet und die islamkritischen Pegida-Proteste mit Verweis auf das
Attentat in Paris gerechtfertigt.
AfD-Chef Bernd Lucke hat dagegen besonnene Reaktionen angemahnt. Er warnte
davor, „die Gewalttat zweier Extremisten einer ganzen Religionsgemeinschaft
anzulasten, deren Großteil aus friedliebenden, unbescholtenen Menschen
besteht“.
Der dritte AfD-Sprecher, Konrad Adam, wiederum zog eine Parallele zwischen
dem Anschlag auf das Satire-Blatt und der These vom „Kampf der Kulturen“.
Der Satz aus dem gleichnamigen Buch von Samuel Huntington, der Islam habe
„blutige Ränder“, scheine sich „als richtig zu erweisen“, sagte Adam d…
Magazin Focus.
In einem am Donnerstag auf der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in
Wildbad Kreuth verabschiedeten Positionspapier fordern die Christsozialen
ein schärferes Vorgehen gegen islamistischen Terrorismus. Dazu gehörten
eine intensivere Beobachtung sozialer Netzwerke und Änderungen im
Strafrecht, etwa bei der Finanzierung und Werbung von terroristischen
Vereinigungen. Das Mindeststrafmaß für die Vorbereitung terroristischer
Anschläge und beim Nichtbeachten von vereinsrechtlichen Betätigungsverboten
sei auf ein Jahr Freiheitsstrafe anzuheben.
## CSU für Vorratsdatenspeicherung
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Stephan Mayer
sagte, die CSU sei der festen Überzeugung, dass das Personalausweisgesetz
novelliert werden müsse, damit Terrorverdächtigen auch der Personalausweis
entzogen werden könne. Außerdem solle das Staatsangehörigkeitsrecht
geändert werden. Dschihadisten, die über zwei Staatsangehörigkeiten
verfügen, müsse die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden können.
„Wichtiger denn je“ sei zudem die Einführung der Vorratsdatenspeicherung,
um die Kommunikationswege besser kontrollieren zu können.
Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht lehnte dagegen eine
stärkere Datenüberwachung der Bürger ab. „Das Problem (...) ist ja, dass
offenbar selbst die Sammlung und Analyse von Fluggastdaten und
Telekommunikationsdaten, die in Frankreich beide schon seit mehreren Jahren
laufen, nicht dazu geführt haben, diesen Anschlag zu verhindern“, sagte der
Innenpolitiker am Donnerstag vor Journalisten in Brüssel.
„Da gilt es jetzt Besonnenheit zu wahren und nicht zum Beispiel den Ruf
nach neuen Sicherheitsmaßnahmen zu äußern“, so Albrecht. Er regte an, über
eine bessere Zusammenarbeit der Polizei und der Justizbehörden in Europa
nachzudenken.
Der Politiker rief dazu auf, Muslime nach dem Anschlag nicht unter
Generalverdacht zu stellen. Die Verdächtigen hätten die französische
Staatsbürgerschaft. „Wir müssen dafür sorgen, dass solche Extremisten
aufgespürt und verfolgt und festgesetzt werden.“ Zudem müssten solche
Menschen besser integriert und „auf den Boden des Rechtsstaats“ gebracht
werden, um etwa Reisen nach Syrien zuvorzukommen.
## Eine klare Einschätzung
Die Grünen verlangen von der Bundesregierung und den Sicherheitsbehörden
detaillierte Auskunft über die Sicherheitslage in Deutschland. „Wir
brauchen endlich konkrete Hintergründe zur aktuellen Terrorgefahr in
Deutschland“, sagte die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic am Donnerstag
in Berlin.
Die Abgeordnete beantragte, das Thema in der nächsten Sitzung des
Bundestags-Innenausschusses am kommenden Mittwoch auf die Tagesordnung zu
setzen. „Hierzu erwarten wir vom Innenminister und den Behörden eine klare
Einschätzung, in die auch die Erkenntnisse aus den Bundesländern und dem
internationalen Austausch einbezogen werden“, sagte Mihalic. „Bisher sind
uns die Informationen der Bundesebene viel zu unspezifisch.“
Die Bundesregierung hatte als Reaktion auf den Anschlag in Paris betont,
die Terrorgefahr in Deutschland sei nach wie vor abstrakt hoch. Hinweise
auf konkrete Anschlagspläne gebe es jedoch nicht. Mihalic sagte, ihre
Fraktion wolle genau wissen, auf welcher Grundlage Anschlagsplanungen
ausgeschlossen würden.
8 Jan 2015
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