# taz.de -- Geldpolitik in Europa: Draghi bietet Kompromiss an | |
> Der EZB-Chef will Deutschland die Zustimmung zum Aufkauf von | |
> Staatsanleihen erleichtern: Die Bundesbank soll nur Bundesanleihen | |
> erwerben. | |
Bild: Die Ausnahme im Kompromiss: Griechenland dürfte sich nicht beteiligen. | |
BERLIN taz | Die Europäische Zentralbank (EZB) will offenbar Kritikern aus | |
Deutschland entgegenkommen, um einen breit angelegten Aufkauf von | |
Staatsanleihen durchzusetzen. Nach jüngsten Planungen von EZB-Chef Mario | |
Draghi sollen die nationalen Notenbanken nur Papiere des eigenen Landes | |
kaufen, berichteten am Wochenende übereinstimmend Financial Times, Spiegel | |
und Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). | |
Experten rechnen damit, dass die EZB am Donnerstag das Aufkaufprogramm | |
beschließen wird, das mehr Geld auf den Markt pumpen und die Kreditvergabe | |
durch die privaten Banken steigern soll. So wollen die EZB-Strategen die | |
Wirtschaft ankurbeln und eine befürchtete Deflation verhindern. Das Mittel, | |
die Zinsen zu senken, hat die Zentralbank schon ausgereizt. | |
Besonders die Bundesregierung und die Bundesbank lehnen es aber ab, dass | |
die EZB Staatsanleihen kauft. Ein Einwand ist, dass Deutschland nicht für | |
die Schulden anderer Staaten haften wolle. | |
Die EZB-Pläne gehen auf diese Bedenken ein. Die Bundesbank etwa würde nur | |
Bundesanleihen, die italienische Notenbank nur italienische Staatsanleihen | |
erwerben. Verluste, die möglicherweise irgendwann aus den Käufen von | |
Anleihen entstehen, sollen nicht wie bislang üblich auf die Notenbanken | |
aller Länder verteilt werden. Vielmehr soll jede Notenbank für die Risiken | |
ihres Landes allein haften – zumindest für die Hälfte. Griechenland dürfte | |
sich an dem Programm nicht beteiligen, weil seine Staatsanleihen die | |
Qualitätsstandards für die Maßnahme nicht erfüllen. | |
## Skeptische Niederlande signalisieren Zustimmung | |
Aus den bislang ebenfalls skeptischen Niederlanden kamen bereits Signale im | |
Sinne Draghis. Der Chef der niederländischen Notenbank, Klaas Knot, sprach | |
sich im Spiegel dafür aus, die Durchführung des Programms den nationalen | |
Währungsbehörden zu übertragen. Würde der Vorschlag von EZB-Präsident Mario | |
Draghi von den nationalen Notenbanken durchgeführt und für das Risiko der | |
neu angekauften Papiere das jeweilige Land geradestehen, würde die EZB | |
deutlich machen, dass es „ihr ausschließlich um Geldpolitik und nicht um | |
Finanzpolitik geht“, sagte Knot. | |
Bundesbankpräsident Jens Weidmann aber habe weitere, grundlegende Bedenken | |
gegen den Kauf von Staatsanleihen, hieß es nach Angaben der FAS in | |
Bundesbankkreisen. Demnach gibt es Zweifel hinsichtlich Notwendigkeit, | |
Effektivität und Risiko. | |
Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass die deutschen Vertreter im EZB-Rat | |
den Staatsanleihen-Kauf komplett verhindern werden. Das Kompromissangebot | |
Mario Draghis könnte ihnen nun ermöglichen, ihre Blockadehaltung ohne einen | |
allzu großen Gesichtsverlust aufzugeben. | |
18 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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