# taz.de -- Anleihekaufprogramm der EZB: Draghis Bazooka wirkt – zunächst | |
> EZB-Chef Mario Draghi hat bei seinem umstrittenen Anleihe-Kaufprogramm | |
> doch noch Rücksicht auf deutsche Bedenken genommen. Ob das klug war? | |
Bild: Gelddrucken muss keineswegs die schlechteste Lösung sein. Das haben etli… | |
BRÜSSEL taz | Der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, kann | |
zufrieden sein: Nur einen Tag, nachdem er die geldpolitische „Bazooka“ in | |
Stellung gebracht und ein milliardenschweres Anleihen-Kaufprogramm | |
angekündigt hat, ist der Euro auf Talfahrt gegangen. | |
Die Gemeinschaftswährung nähert sich nun der Parität mit dem US-Dollar.Und | |
das dürfte die Exporte beflügeln und das Wachstum in der | |
krisengeschüttelten Eurozone beleben. | |
Draghi hatte sich am Donnerstag über Bedenken der Bundesbank hinweggesetzt | |
und ein 1.140 Milliarden Euro teures Programm aufgelegt, mit dem die EZB | |
Unternehmens- und Staatsanleihen kaufen will. Das Hauptziel der bereits in | |
den USA erfolgreich erprobten sogenannten quantitativen Lockerung ist, die | |
drohende Deflation abzuwenden. Im Dezember waren die Verbraucherpreise in | |
der Eurozone auf breiter Front gefallen. | |
## Hurra, wir kurbeln die Inflation an! | |
Finanziert wird die Geldschwemme mit der Notenpresse – Draghi lässt einfach | |
mehr Euro drucken. Dies soll die Inflation ankurbeln und wieder auf den | |
Zielwert von zwei Prozent bringen. Doch im Vergleich zur US-Notenbank Fed, | |
die nach dem Kollaps der Lehman Brothers 2008 ebenfalls massenhaft | |
Staatsanleihen aufkaufte, ist Draghis Geschütz bescheiden. Die Federal | |
Reserve kaufte Bonds, die einem Viertel der Wirtschaftsleistung der USA | |
entsprechen. Die EZB-Feuerkraft liegt nur bei rund zehn Prozent. | |
Eingeschränkt wird die Wirkung auch durch Rücksichtnahme auf Deutschland. | |
Weil die Kritiker in Bundesbank und Bundesregierung vor unwägbaren | |
Haftungsrisiken gewarnt hatten, griff Draghi zu einem Trick: Nur bei einem | |
Fünftel der geplanten Wertpapierkäufe wird das Risiko auf alle Euro-Länder | |
verteilt, bei den übrigen Transaktionen tragen die nationalen Notenbanken | |
das Risiko. | |
Die Bundesbank als Teil des Eurosystems wird also vor allem deutsche | |
Staatsanleihen kaufen – keine griechischen oder italienischen. Das klingt | |
beruhigend, könnte aber den Erfolg des EZB-Programms gefährden. | |
Ausgerechnet die deutsche Wirtschaftsweise Isabel Schnabel spricht von | |
einem „falschen Signal“, weil es die Glaubwürdigkeit der Zentralbank | |
schwäche. | |
## Merkel traut KollegInnen in Krisenländern nicht | |
Ganz andere Sorgen macht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Sie | |
fürchtet, dass sich die Regierungen in den Euro-Krisenländern nun | |
zurücklehnen und unpopuläre neoliberale Reformen etwa am Arbeitsmarkt | |
aufschieben. „Keine Zentralbank dieser Welt wird Politik ersetzen können, | |
sondern die Politik muss ihre Verantwortung selber wahrnehmen“, warnte | |
Merkel bei einem Besuch in Rom. | |
Unterstützung bekam sie vom italienischen Regierungschef Matteo Renzi, der | |
in seinem Land trotz Massenarbeitslosigkeit und Gewerkschafts-Protesten | |
gerade den Kündigungsschutz gelockert hat. Die EZB-Entscheidung „erlegt es | |
uns sogar mit noch größerer Dringlichkeit auf, unsere Reformen | |
fortzuführen“, sagte er – ein Seitenhieb auf Frankreich, wo die Reformen | |
nicht wie von Brüssel und Berlin gefordert vorankommen. | |
Im März muss die EU-Kommission entscheiden, ob sie gegen Rom und Paris | |
Strafen wegen überhöhter Defizite verhängt. Außerdem muss dann die | |
Eurogruppe beschließen, wie sie weiter mit Griechenland umgeht, wo nach der | |
Wahl am Wochenende neue Turbulenzen drohen. Und auch das neue EZB-Programm | |
soll starten. Hinter den Kulissen dürfte es bis dahin noch hoch her gehen. | |
23 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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