# taz.de -- Geringe Inflation in Deutschland: Eurokurs im Tiefflug | |
> Im vergangenen Jahr stiegen die Preise in Deutschland so wenig wie lange | |
> nicht. Der Grund ist billiges Erdöl. Jetzt gibt es Angst vor einer | |
> Deflation. | |
Bild: EZB-Präsident Mario Draghi lebt in einer bonbonbunten Welt ewiger Geldve… | |
BERLIN taz | Die Inflationsrate in Deutschland ist auf den niedrigsten | |
Stand seit dem Krisenjahr 2009 gesunken. Im Dezember lag sie bei 0,2 | |
Prozent; das ist das vorläufige Ergebnis der Berechnungen des Statistischen | |
Bundesamts, das die Behörde am Montag mitteilte. | |
Im gesamten Jahr 2014 stiegen die Preise im Durchschnitt um 0,9 Prozent und | |
damit so langsam wie zuletzt im Rezessionsjahr 2009. Wichtigste Ursache ist | |
der dramatisch fallende Ölpreis, der sich nach und nach auch an den | |
Tankstellen bemerkbar machte. Wegen der unsicheren Lage in Griechenland | |
sackte der Euro am Montag auf den tiefsten Stand seit neun Jahren und wurde | |
mit weniger als 1,19 US-Dollar gehandelt. | |
Der Preisauftrieb wurde zum Jahresende insbesondere vom Rückgang der | |
Energiepreise gebremst: Haushaltsenergie und Kraftstoffe für Fahrzeuge | |
waren im Dezember 6,6 Prozent billiger als ein Jahr zuvor. Dieser Posten | |
macht im Verbrauchsmix der Statistiker knapp 11 Prozent aus. | |
Auch Nahrungsmittel – sie schlagen mit knapp 10 Prozent im Warenkorb zu | |
Buche – wurden billiger, nämlich um 1,2 Prozent. Hingegen zogen die | |
Nettokaltmieten um 1,4 Prozent an. Mieten machen etwa ein Fünftel des | |
statistischen Warenkorbs aus – ein Wert, der der Realität in vielen | |
Großstädten allerdings kaum noch entspricht. | |
## Importe verteuert | |
Der geringe Preisauftrieb nährt bereits die Sorge vor einer Deflation, also | |
einem Preisverfall, wie es ihn schon in Spanien gibt. Sinken die Preise | |
anhaltend auf breiter Front, könnte das Unternehmen und private Verbraucher | |
dazu verleiten, Investitionen und Anschaffungen zu verschieben – in der | |
Hoffnung, dass es demnächst noch günstiger werden könnte. Darunter litte | |
dann das ohnehin schwache Wirtschaftswachstum. | |
Der Kursverlust des Euro wiederum könnte dazu führen, dass der Abwärtstrend | |
der Preise gebremst wird. Denn ein niedriger Eurokurs verteuert zumindest | |
die Importwaren, die aus Ländern außerhalb des Euroraums eingeführt werden. | |
Zudem macht ein schwacher Euro Produkte aus Euroländern in der Welt | |
günstiger. Dies kurbel den Export an, was insbesondere auch den | |
europäischen Krisenländern hilft. | |
Für die Europäische Zentralbank (EZB) kommt der Kursverlust des Euro also | |
alles andere als ungelegen. Zuletzt hatte EZB-Chef Mario Draghi angedeutet, | |
die Zentralbank könne mit dem Ankauf von Staatsanleihen bald beginnen. Der | |
EZB-Rat tagt das nächste Mal am 22. Januar. | |
Diese Sitzung wird mit Spannung erwartet und steht auch im Schatten der | |
Wahl in Griechenland. Der deutsche Wirtschaftsweise Lars Feld warnt bereits | |
vor Eile. „Wenn die EZB drei Tage vor der Wahl in Griechenland umfassende | |
Staatsanleihekäufe beschließen würde, wäre das sehr schädlich für ihre | |
Reputation.“ | |
5 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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