# taz.de -- Die Steuern und die CDU: Einkommen steigt, Kaufkraft sinkt | |
> Der Parteispitze ist ein ausgeglichener Haushalt wichtiger als Ärger um | |
> ungerechte Steuer-Folgen. Worum geht es beim Zoff um die „kalte | |
> Progression“? | |
Bild: Kalte Progression heißt weniger Geld im Portemonnaie - wenn Steuern und … | |
BERLIN taz | In letzter Minute hat die CDU einen Kompromiss im | |
parteiinternen Streit um den Abbau der sogenannten kalten Progression | |
gefunden. Danach soll noch bis 2017 – also in der laufenden | |
Legislaturperiode – mit einem Schritt zur Abmilderung begonnen werden. Die | |
Mittelstandsvereinigung und der Arbeitnehmerflügel der CDU wollen | |
erreichen, dass die sogenannte kalte Progression noch in dieser | |
Legislaturperiode gestoppt wird, doch die Parteiführung lehnte das bisher | |
ab. | |
Was ist „kalte Progression“? | |
Wer viel verdient, zahlt prozentual mehr Steuern als jemand, der wenig | |
verdient: Diese „Progression“ ist der Kern des deutschen Steuersystems. Sie | |
wird jedoch zum Problem, wenn eine Einkommenssteigerung nur die Inflation | |
ausgleicht. Dann steigt der Steuersatz geringfügig an, obwohl die Kaufkraft | |
faktisch nicht gestiegen ist. Dieser Effekt wird als „kalte Progression“ | |
bezeichnet. | |
Wie viel kostet das die Arbeitnehmer? | |
Bei der momentan geringen Inflationsrate von etwa 1 Prozent ist der Effekt | |
begrenzt: Wer 2.000 Euro im Monat verdient, zahlt bei einer 1-prozentigen | |
Gehaltssteigerung von 20 Euro knapp 6 Euro im Monat als zusätzliche Steuern | |
an den Staat. Bei einem Gehalt von 3.000 Euro steigen die Steuern um 10 | |
Euro, bei 5.000 Euro Monatsgehalt sind es 21 Euro, die der Staat zusätzlich | |
kassiert, ohne dass die reale Kaufkraft steigt. | |
Was lässt sich dagegen tun? | |
Um zu verhindern, dass Arbeitnehmer durch die kalte Progression zusätzlich | |
belastet werden, müsste die Steuertabelle regelmäßig an die Inflation | |
angepasst werden. Unter dem Schlagwort „Steuerbremse“ fordert das etwa der | |
Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann: „Wir | |
wollen ein Signal von diesem Parteitag aussenden, dass die CDU das Thema | |
kalte Progression konsequent und verbindlich angeht.“ | |
Was spricht gegen eine solche Änderung? | |
Das Bundesfinanzministerium schätzt den Effekt der kalten Progression für | |
2015 auf 2,4 Milliarden Euro. Dies Geld würde dem Staat fehlen, wenn er es | |
den Bürgern zurückgäbe. Und damit wäre der ausgeglichene Haushalt in | |
Gefahr, zu dem sich die Regierung verpflichtet hat. Weil dieser „von großem | |
Wert“ sei, wolle sie die Abschaffung der kalten Progression erst für den | |
Zeitpunkt versprechen, „an dem wir die dafür vorgesehenen finanziellen | |
Spielräume haben“, hatte CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel der Welt am | |
Sonntag gesagt. Auch Finanzminister Schäuble erteilte den Forderungen eine | |
Absage. | |
Was sagt der Koalitionspartner? | |
Die SPD will die kalte Progression ebenfalls abschaffen. Im Wahlkampf hatte | |
sie aber gefordert, im Gegenzug den Spitzensteuersatz zu erhöhen. Am Montag | |
drängte auch SPD-Chef Sigmar Gabriel auf schnelle Maßnahmen gegen die kalte | |
Progression. Zur Gegenfinanzierung verwies er nun auf die anstehenden | |
Verhandlungen über den Solidaritätszuschlag. | |
8 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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