Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nachwuchs der CDU: Schuss aus der Hüfte
> Nach zwölf Jahren tritt Philipp Mißfelder als Junge-Union-Chef ab. Um den
> einflussreichen Job gibt es jetzt eine Kampfabstimmung.
Bild: Jung bei der Union: Mißfelder vor 10 Jahren beim Deutschlandtag.
BERLIN taz | Bislang galt Philipp Mißfelder als der ewige Vorsitzende der
Jungen Union (JU). Seit 2002 steht der mittlerweile 35-Jährige der
Jugendorganisation von CDU und CSU vor, keiner seiner Vorgänger hatte das
Amt länger inne. Aber jetzt ist Schluss.
An diesem Wochenende trifft sich die Junge Union zu ihrem Deutschlandtag in
Inzell. Gleich am Freitagabend sieht die Tagesordnung unter Punkt 19 a) die
Wahl des neuen Bundesvorsitzenden vor. Erstmals in der JU-Geschichte wird
es eine Kampfabstimmung geben.
Ins Rennen um den einflussreichen Posten gehen der JU-Bundesvize Benedict
Pöttering und der Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Paul Ziemiak.
Pöttering, Sohn des früheren EU-Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering,
hatte seine Kandidatur im Mai in einem offenen Brief an die Mitglieder
erklärt. Ein unübliches Verfahren – schließlich galt seit Januar Ziemiak
als gesetzt. Der hatte sich bereits die Unterstützung der meisten
Landesverbände gesichert. Seither erfreut sich die Öffentlichkeit am
Schlagabtausch der Kontrahenten.
Pöttering, auch nicht mehr ganz jugendliche 31 Jahre alt, gibt dabei den
Rebellen. „Immer nur Ja sagen ist schädlich für die Demokratie“, erklärte
er jüngst gegenüber der dpa. Aufgabe der Jungen Union sei es, politische
Fehlentwicklungen zu benennen: „Wenn nicht wir, wer sonst?“
## Saalmikrofone bleiben unbenutzt
Wer je einen CDU-Parteitag erlebt hat, wo die Saalmikrofone unbenutzt
bleiben und vorsichtige Kritik an der Koalition mit zitternder Stimme
vorgetragen wird, weiß, was Pöttering meint. Lebendige Debattenkultur sieht
anders aus. Pöttering befürwortet gar eine Basisabstimmung über
Koalitionsverträge à la SPD. Das Rentenpaket nennt er
„Generationenungerechtigkeit per Gesetz“. Stattdessen müsse über die „R…
mit 70“ geredet werden.
Eine Provokation, vergleichbar der des scheidenden Philipp Mißfelder, der
2003 erklärt hatte, er halte nichts davon, „wenn 85-Jährige noch künstliche
Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“.
Paul Ziemiak tritt da leiser auf. Cicero-Online gegenüber hat er gerade
erklärt, es ginge „nicht darum, es den Leuten nicht zu gönnen, sondern um
die Frage, wer das am Ende bezahlen soll. Die ehrliche Antwort ist nämlich:
Wir, die junge Generation.“ Der 29 Jahre alte Student erklärte jüngst im
Deutschlandfunk, Politik dürfe „nicht banalisiert werden.“
Inhaltlich jedoch ist Paul Ziemiak gar nicht so weit entfernt von
Pöttering. Gemäß der alten Junge-Union-Linie, immer noch ein bisschen
rechtslastiger sein zu wollen als die Partei, ging er auf
Konfrontationskurs zu Parteiführung und schloss Koalitionen mit der AfD
ausdrücklich nicht aus. Im Hinblick auf das milliardenschwere Rentenpaket
erklärte er, die Union brauche die JU als Korrektiv. Die Bundesregierung
habe in der Koalition „so viele Kompromisse eingehen müssen, dass einiges
dann sehr weich gespült wird“.
Am Freitagabend wird man wissen, wer die mächtige Jugendorganisation von
CDU und CSU führen wird. Der Verband hat 117.000 Mitglieder, im Bundestag
sitzen zahlreiche Abgeordnete aus der JU. Der Posten gilt als
Karrieresprungbrett und hat Strahlkraft auf CSU und CDU. Da wundert es
nicht, dass am Freitag sogar Angela Merkel nach Inzell reist, um zu
schauen, wer neuer Chef wird.
Der bisherige Vorsitzende Philipp Mißfelder muss sehen, wo er bleibt. In
der CDU bekleidet er bald keinen relevanten Posten mehr. Zur Neuwahl des
CDU-Präsidiums Ende 2014 will er nicht erneut antreten. Und noch ist er
zwar außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, aber wegen seiner
Russland-Nähe umstritten. Im April hat er sich von seinem Landesverband
Nordrhein-Westfalen zum Schatzmeister wählen lassen. Das ist die
Minimallösung für einen, der gern in die Wirtschaft netzwerkt.
18 Sep 2014
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Junge Union
CDU
Philipp Mißfelder
Parteien
Wahlkampf
CDU-Parteitag
Junge Union
Junge Union
Philipp Mißfelder
Philipp Mißfelder
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wahlkampf in Baden-Württemberg: Die Enkel der Hetzerin
Die Grünen finden, dass die Junge Union mit einem Plakat rassistische
Ressentiments schürt. Es wäre nicht das erste Mal.
Die Steuern und die CDU: Einkommen steigt, Kaufkraft sinkt
Der Parteispitze ist ein ausgeglichener Haushalt wichtiger als Ärger um
ungerechte Steuer-Folgen. Worum geht es beim Zoff um die „kalte
Progression“?
Kommentar Aus von JU-Chef Mißfelder: Jenseits der Politik
Anders als seine Vorgänger wird der scheidende JU-Vorsitzende Mißfelder
wohl keine Karriere in der CDU machen. Er hat andere Optionen.
Deutsche Parteien und ihr Nachwuchs: Ganz schön viel Jugend
Jung und weiblich – das wären die Parteien gern. Verrückt, sie haben doch
große Jugendorganisationen. Aber die gehören scheinbar nicht richtig dazu.
Mißfelder verlässt CDU-Präsidium: Jungspund geht aus Altersgründen
Philipp Mißfelder, Vorsitzender der Jungen Union, zieht sich aus dem
CDU-Präsidium zurück. Seinen Job soll der gesundheitspolitische Sprecher
der Partei übernehmen.
CDU-Politiker Mißfelder: Mit Rüffel davongekommen
Der einst scharfe Putin-Kritiker Mißfelder feiert neuerdings gerne mit dem
„Diktator“, wie er ihn einst nannte. Dafür muss er sich vor der
Unionsfraktion erklären.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.