Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deutsche Parteien und ihr Nachwuchs: Ganz schön viel Jugend
> Jung und weiblich – das wären die Parteien gern. Verrückt, sie haben doch
> große Jugendorganisationen. Aber die gehören scheinbar nicht richtig
> dazu.
Bild: Philipp Mißfelder 2002: Da war er schon Häuptling der JU, aber noch sch…
BERLIN taz | Was hat er nicht für einen Widerhall erfahren, der Peter
Tauber. „Jünger und weiblicher“ solle die CDU werden, hat der
Generalsekretär vor kurzem erklärt. Wer würde da schon widersprechen?
Schließlich gelten insbesondere die beiden Volksparteien gern als
verstaubter Klub älterer Herren. Die SPD mit ihrer Troika im vergangenen
Bundestagswahlkampf geriet zum Sinnbild hierfür. Manch einer warnt
angesichts des demografischen Wandels gar vor einer „Gerontokratie“.
Das muss man sich einmal vorstellen. Da gibt es die [1][Junge Union (JU)],
die nach eigenen Angaben über 100.000 Mitglieder hat, und der
CDU-Generalsekretär vermisst den Nachwuchs in der Partei. Ein Anruf im
Bundesvorstand der JU: Vielleicht möchte sich ja dort jemand über die
Nichtbeachtung empören? Laura Stoll ist medienpolitische Sprecherin und
findet das alles nicht so dramatisch. „Ist ja ein gutes Ziel, für die Union
als Ganzes“. Vielleicht sei es in manchen Teilen Deutschlands schwierig,
sich „gegen alte Hasen“ durchzusetzen. Aber sonst? Sie hat es ja auch
geschafft: von der 16-jährigen Laura im Ortsverband in Sachsen-Anhalt bis
zur 29-jährigen Laura Stoll im Bundesvorstand.
Es ist wohl wenig überraschend, dass die höchsten Vertreter der
Parteijugend mit Kritik am Status Quo sparen. Sie profitierten schließlich
davon. Doch ein Telefonat mit der Basis verschafft einen anderen Eindruck.
Paul Schuster (Name geändert) ist seit etlichen Jahren in der JU aktiv und
nach reichlich Arbeit mittlerweile immerhin mit einem Posten in der JU
ausgestattet. Er ist einer, der den Apparat der JU kennt.
## „Das ist ein Bienensystem“
Er sagt: „Die Mutterparteien unterschätzen die Jugend.“ Die JU würde für
Wahlkämpfe, Plakate kleben und Infostände missbraucht. „Das ist ein
Bienensystem“, meint Paul Schuster. Strukturen müssten „deutlich
reformiert“ werden, viele fühlten sich bei den Hilfsarbeiten „massiv
unterfordert“. Ein Raum voller 65-jähriger „Silberköpfe“ wirke abstoße…
„Es wird so getan, als würde die Jugend durch den 34-jährigen Philipp
Mißfelder repräsentiert“, empört sich Schuster. Natürlich wäre der Vorsi…
der JU – wie bei den Jusos – ein Karrieresprungbrett. Doch das sei kein
Selbstzweck.
Paul Schuster möchte nicht einmal ausschließen, dass die JU überflüssig
ist. Warum Jugendliche aus den Parteien überhaupt organisatorisch
ausgeschlossen werden, vermag ohnehin keiner recht zu beantworten. Ein
bisschen neidisch blickt Schuster daher zu den Grünen. „Die schaffen das,
die jungen Leute in die Parteiarbeit einzubinden“, findet er. „Bei uns
gibt's doch nur den einen Quotenjungen für die Kameras“, beklagt Schuster.
Theresa Kalmer findet auch, dass es bei den Grünen gut läuft. Sie ist
Bundessprecherin, wie der Vorstand der [2][Grünen Jugend (GJ)] heißt. Sie
mache nur „gute Erfahrungen.“ Die GJ sei eine Art grüner Thinktank, der
Impulse und grüne Ideen in die Mutterpartei hineintrage. „Wir haben
Freiraum, die Positionen selbst zu erarbeiten und zum Bundeskongress kommen
auch Grüne, die mitdiskutieren“, erzählt Kalmer. Um nach vorne zu kommen,
brauche man Idealismus und „muss auch mal auf die Pauke hauen“, sagt sie.
Die Zusammenarbeit aber laufe prima, alle würden miteinander sprechen. Doch
auch Grüne haben gelegentlich Schwierigkeiten mit dem Auftreten ihres
Nachwuchses, wie die parteiinternen Reaktionen auf das [3][„Juhuu“-Video]
der jungen Europaabgeordneten Ska Keller, Jan Philipp Albrecht und Terry
Reintke letztens zeigten.
## Peinlich, wenn die CSU Facebookpartys macht
[4][Die Jusos] haben nach Angaben der Juso-Bundesvorsitzenden Johanna
Uekermann etwa 70.000 Mitglieder. Beim Mittagessen unweit des
Willy-Brandt-Hauses widerspricht sie der Darstellung der ausgegrenzten
Jugend. „Das ist eine Frage der Sichtweise“, sagt die 26-Jährige. Die Jusos
seien schließlich als linker Flügel schon in die Partei direkt eingebunden.
Und trotz dieser Nähe äußerten sich die Jusos häufiger kritisch als die
organisatorisch unabhängigere JU.
Thematisch beschränkten sich die Jusos zwar nicht auf Jugendthemen. Dennoch
könne man als Parteinachwuchs jüngere Menschen natürlich besser ansprechen.
Das gelingt den Mutterparteien in der Tat nur mit eher mäßigem Erfolg. Es
wird schnell peinlich, wenn die CSU Facebookpartys macht, findet Uekermann.
„Das ist nicht authentisch.“ Besser wäre es, die Jugendlichen ernst zu
nehmen, ihren Forderungen Gehör zu verschaffen und sie mitentscheiden zu
lassen.
Die Jugend ernst nehmen. Das gelingt auch in der SPD nicht jedermann.
Jedenfalls, wenn man den Erfahrungen von Bert (Name geändert) Glauben
schenken darf. Als er mit knapp 18 in die SPD eintrat und seinem Ortsverein
im Ruhrgebiet zur Jahreshauptversammlung einen Besuch abstattete, da betrat
er eine ruchige Kneipe voller grauer Eminenzen, die ihn erstaunt ansahen.
Was er dort wolle, fragte man ihn. „Ich bin Sozialdemokrat“, erwiderte Bert
irritiert.
Sie schickten ihn zu den Jusos. Dort könne er ja mitmachen, das hier sei
eher nichts für ihn. Bei den Jusos planten sie da gerade ein Dosenwerfen in
der Innenstadt. „Ich habe mich abgeschoben gefühlt“, erzählt er. „Warum
sind eigentlich alle unter 35 Zwangsmitglied der Jusos?“, fragt Bert. „Wir
sollen im Sandkasten spielen, während die großen Jungs Politik machen.“
25 Jul 2014
## LINKS
[1] http://www.junge-union.de/ueber-uns/
[2] http://www.gruene-jugend.de/
[3] http://www.youtube.com/watch?v=XPynZgJgMt4
[4] http://www.jusos.de/
## AUTOREN
Henning Rasche
## TAGS
Junge Union
Jusos
Grüne Jugend
Johanna Uekermann
Peter Tauber
SPD
Junge Union
Junge Union
Schwerpunkt Angela Merkel
Ska Keller
SPD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Linker Flügel der SPD: Ein bisschen Frieden
Der linke SPD-Flügel schaffte es zuletzt nur mit internen Querelen in die
Schlagzeilen. Am Wochenende will er sich in Magdeburg versöhnen.
Kommentar Aus von JU-Chef Mißfelder: Jenseits der Politik
Anders als seine Vorgänger wird der scheidende JU-Vorsitzende Mißfelder
wohl keine Karriere in der CDU machen. Er hat andere Optionen.
Nachwuchs der CDU: Schuss aus der Hüfte
Nach zwölf Jahren tritt Philipp Mißfelder als Junge-Union-Chef ab. Um den
einflussreichen Job gibt es jetzt eine Kampfabstimmung.
Angela Merkel wird 60: Alles recht staatsfraulich
Sie führt ihre Partei wie einen VEB. Der Laden brummt. Eine Würdigung der
sechzigjährigen Angela Merkel – 25 Jahre nach dem Mauerfall.
Kommentar Grüne EU-Parlamentarier: Karriere-Kinder an der Macht
Das Youtube-Video der Brüsseler Jung-Grünen um Ska Keller beweist: Ihnen
täte das Einüben üblicher Floskeln vom Allgemeinwohl sogar ganz gut.
Kommentar Burschenschaften und Parteien: Burschis müssen draußen bleiben
Der SPD-Vorstand schließt Doppelmitgliedschaft in Partei und Burschenschaft
rigoros aus. Gilt aber nicht im Nachhinein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.