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# taz.de -- Linker Flügel der SPD: Ein bisschen Frieden
> Der linke SPD-Flügel schaffte es zuletzt nur mit internen Querelen in die
> Schlagzeilen. Am Wochenende will er sich in Magdeburg versöhnen.
Bild: Bei vielen Genossen gilt sie als linker Störfaktor: die SPD-Politikerin …
BERLIN taz | Für Magdeburger Verhältnisse war im Veranstaltungszentrum
Fichte schon einiges geboten: die angeblich größte Silvester-Party der
Stadt zum Beispiel, oder ein Konzert der Chart-Stürmer von Tokio Hotel. Der
Termin, der für dieses Wochenende angekündigt ist, setzt aber noch eins
obendrauf – zumindest was den Seltenheitswert angeht.
In der ehemaligen Fabrikhalle im Magdeburger Westen trifft sich ab
Freitagabend der zerstrittene linke Parteiflügel der SPD, und zum ersten
Mal seit Jahren sind fast alle linken Sozialdemokraten von Belang dabei.
Rund 200 Teilnehmer haben sich angekündigt, darunter einige, die sich
zuletzt nichts mehr zu sagen hatten.
Es ist eine Art Friedensgipfel, initiiert von Johanna Uekermann
(Juso-Vorsitzende), Carsten Sieling (Sprecher der linken
SPD-Bundestagsabgeordneten) und Ralf Stegner (SPD-Bundesvize). Sie wollen
eine neue Plattform gründen, die den gesamten Parteiflügel vereint. Ohne
Vereinsstrukturen und gewählte Anführer, aber mit klaren Absprachen. „Die
SPD-Linke stellt sich in Magdeburg neu auf, damit wir unsere Positionen
wirksamer als bisher vertreten können“, sagt Sieling.
Der Flügel sorgt sich um seinen Einfluss in der Partei: Das Wahlprogramm
war zwar ganz in seinem Sinne. Der Mindestlohn ist mittlerweile sogar
beschlossen und mit Andrea Nahles und Heiko Maas sitzen zwei Parteilinke in
der Regierung. Aber die wichtigsten Posten – Parteichef, Außenminister,
Fraktionsvorsitzender – besetzen noch immer konservative Genossen. Und
seitdem Sigmar Gabriel im Sommer angekündigt hat, stärker auf die
Wirtschaft zuzugehen, fürchten viele der Linken einen Rechtsruck.
## Die Grabenkämpfe
Kurz vor dem Gipfel in Magdeburg zeigten Stegner und Sieling schon einmal,
wie sie gegensteuern wollen: In der Stuttgarter Zeitung kritisierten sie
ihren Parteichef, der das SPD-Herzensprojekt Vermögenssteuer für tot
erklärt hatte. Da irre sich Gabriel, betonten beide unisono.
So koordiniert wie Stegner und Sieling soll künftig die gesamte SPD-Linke
auftreten. Bisher scheiterte das meist an internen Grabenkämpfen: Seit
Jahren arbeitet sich der Flügel an der Frage ab, wie viel Fundamentalkritik
von Links die Partei verträgt.
Auf der einen Seite steht die Demokratische Linke 21 (DL 21), einst die
Dachorganisation der SPD-Linken, und deren Vorsitzende Hilde Mattheis. Die
Ulmerin hat klare Positionen und wählt oft deutliche Worte, zum Ärger der
Pragmatiker des Flügels, die sich mehr Kompromissbereitschaft wünschen. Der
Streit eskalierte im vergangenen Juli, als Mattheis den Mindestlohn als
„verfaulten Apfel“ bezeichnete, weil er zu viele Ausnahmen vorsehe. Andrea
Nahles, als Arbeitsministerin für das Thema zuständig, trat daraufhin aus
der DL 21 aus. Weitere prominente Sozialdemokraten folgten ihr. Als
Dachorganisation taugt die DL 21 nun nicht mehr.
Stegner und andere hatten zuvor schon einmal versucht, ein Ersatzforum zu
gründen: den „Berliner Kreis“. Auch dort ging es um bessere Koordinierung,
Erfolg hatte die Plattform aber nicht. Weil sich nicht alle Teilnehmer an
Absprachen hielten, heißt es, und weil sich dort nur Funktionäre aus dem
Berliner Regierungsviertel trafen.
## Eine neue Struktur
Dieses Mal soll alles besser werden, und die Hoffnung legen die Initiatoren
vor allem auf eine neue Struktur. Einmal im Jahr sollen sich die SPD-Linken
demnach zu Konferenzen treffen, auch Mitglieder der Basis. Dort soll der
Parteiflügel nachholen, wozu er bei all seinen Konflikten zuletzt kaum mehr
gekommen ist: über linke Politik diskutieren. Über der Basis, so der Plan
der Initiatoren, thront ein Koordinierungskreis. Ein Gremium mit
einflussreichen Parteilinken aus Bund und Ländern, die dort die Strategie
des Flügels absprechen.
Über diesen Vorschlag werden die Teilnehmer des Magdeburger Gipfels gleich
zu Beginn diskutieren, am Freitagabend unter dem Punkt
„Grundsatzdiskussion“. Weil der Streit der vergangenen Monate Kraft
gekostet hat, sehnen sich die meisten Parteilinken inzwischen nach einem
Neuanfang. Gut möglich also, dass sie sich rasch auf die neue Struktur
einigen können – sogar die Kontrahentinnen Nahles und Mattheis, die beide
nach Magdeburg kommen.
Eine Frage bliebe dann aber noch immer offen: Wie viel Kritik aus den
eigenen Reihen künftig erlaubt ist. Stegner sagt: „Einfluss kann nur
ausüben, wer Kompromisse akzeptiert und Kollegen nicht als Gegner
behandelt.“ Mattheis sagt: „Natürlich haben wir klare Positionen, natürli…
braucht es in der Politik aber auch Kompromissbereitschaft.“
Auch darüber werden sie sich am Wochenende womöglich verständigen. Sie
könnten sich darauf einigen, dass Mattheis weiterhin ein bisschen lauter
mäkeln darf als andere, aber zumindest niemandem mehr in den Rücken fällt.
Mattheis könnte sich damit einen Gefallen tun: Man sollte nicht davon
ausgehen, dass alle verbliebenen DL 21-Mitglieder den Hardliner-Kurs der
vergangenen Monate unterstützen.
Und falls der Kompromiss ausfällt? Die Initiatoren von Magdeburg haben
vorgesorgt: Mattheis’ Einfluss reden sie seit Wochen klein. In die Planung
der neuen Plattform wurde sie gar nicht erst einbezogen. Und auf dem Podium
zum Abschluss der Konferenz sitzt am Samstag Mittag zwischen Stegner,
Sieling und Uekermann nicht die DL 21-Chefin – sondern deren
Stellvertreterin Daniela Kolbe.
14 Nov 2014
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
SPD
Flügelkämpfe
SPD
Heiko Maas
Ralf Stegner
Junge Union
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