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# taz.de -- Geldpolitik in Europa: Inflation liegt inzwischen unter null
> Europa drohen sinkende Preise und ökonomischer Stillstand, sagen die
> einen. Andere finden Deflation gar nicht schlimm. Und die EZB?
Bild: Die Finanzwelt schaut am Donnerstag gespannt auf die Europäische Zentral…
HAMBURG taz | Die Preise in der Eurozone steigen kaum noch. Seit
Jahresbeginn legten sie um gerade mal 0,3 Prozent zu – weit weniger als die
2 Prozent, die die Europäische Zentralbank für notwendig hält, um
Stabilität zu garantieren. Deshalb schaut die Finanzwelt am heutigen
Donnerstag gespannt nach Frankfurt, wo sich der EZB-Rat mit den
Notenbankchefs der zehn Nicht-Eurostaaten aus der Europäischen Union
trifft. Wie wird er auf den Preisverfall reagieren?
Handeln scheint angesagt, denn es geht immer schneller bergab. Vor allem
der Einbruch der Rohölpreise dürfte die Inflationsrate im Euroraum im
Dezember auf –0,1 Prozent drücken, erwarten Analysten. Kostet das Barrel
Ende Januar nur noch 60 US-Dollar, würde die Teuerung im Februar auf –0,5
Prozent fallen, so die Commerzbank.
Gleichbleibende oder gar sinkende Preise können eine Reihe Probleme
schaffen: Sie bremsen möglicherweise die Nachfrage, weil die Verbraucher
bei größeren Käufen abwarten, ob die Preise nicht noch weiter fallen.
Andererseits kann eine moderate Deflation auch positiv wirken – es kommt
darauf an, welche Preise sinken. Die Energiepreise sind es erst seit
kurzem.
Dass Energie billiger werde, sei „eine gute Nachricht“ für die
Weltwirtschaft, meint die Direktorin des Internationalen Währungsfonds,
Christine Lagarde. Sie erwartet ein „zusätzliches Wirtschaftswachstum“ von
bis zu 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Industrieländern, die
wie Deutschland auf Ölimporte angewiesen sind. Und auch der weit weniger
keynesianische Bundesbank-Boss Jens Weidmann erkennt „fast ein kleines
Konjunkturprogramm“.
## Sinke Preise nicht immer schlimm
Der Hintergrund: Ein leichter Preisverfall bedeutet, dass auch
Investitionen billiger werden. Und der Staat kann alte und teure Kredite
durch neue, preiswerte ersetzen. So wird der Bund laut Bundesfinanzagentur
2015 etwa 200 Milliarden Euro an frischen Krediten fast zum Nullzinssatz
aufnehmen können, um höher verzinste Altdarlehen abzulösen.
Auch Professor Friedrich Thießen, Finanzmarktexperte an der Technischen
Universität Chemnitz, hat keine Angst vor Deflation. „Da gibt es neue
Forschungsergebnisse.“ Sinkende Preise seien gar nicht immer so gefährlich,
wie behauptet werde, sagte er der taz. Die Deflationsangst der Notenbanken
resultiere noch aus der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren und sei
überholt.
EZB-Präsident Mario Draghi sieht das anders. In seinem Haus wird das größte
Ankaufprogramm von Wertpapieren in der EZB-Geschichte erwogen. Eine
Geldspritze von bis zu 1.000 Milliarden Euro soll eine deflationäre
Abwärtsspirale mit sinkenden Preisen und ökonomischem Stillstand
verhindern. Allerdings zweifelt mancher an der Wirksamkeit. EZB-interne
Modellrechnungen sollen ergeben haben, dass die Preise durch eine weitere
„Dicke Bertha“, also einen solchen Eingriff in die Märkte, möglicherweise
nur um 0,15 Prozentpunkte ansteigen würden. Immer noch weit von den
angestrebten 2 Prozent Inflationsrate entfernt.
## Erste Ankaufprogramme verpufften
Schon die ersten Aufkaufprogramme, mit denen die EZB 2012 und 2014 Geld in
den Markt gepumpt hatte, verpufften weitgehend. Statt die Kreditvergabe der
Banken und die Konjunktur anzukurbeln, landeten die Milliarden auf den
Aktien- und Immobilienmärkten und jagten dort die Kurse und Preise nach
oben.
Allerdings gibt es mit der „Inflations“-Rate von unter 0 Prozent jetzt eine
neue Qualität. Diese macht es noch wahrscheinlicher, dass die EZB jetzt
oder sehr bald breit angelegte Staatsanleihenkäufe beschließen wird.
18 Dec 2014
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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EZB
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Frankfurt am Main
Inflation
Finanzpolitik
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Deutschland
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Schwerpunkt Finanzkrise
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