# taz.de -- Präsidentschaftswahl in den USA: Die Leere links von Clinton füll… | |
> Bernie Sanders tritt gegen Hillary Clinton als demokratischer | |
> Präsidentschaftskandidat an. Er selbst nennt sich „demokratischer | |
> Sozialist“. | |
Bild: Bernie Sanders, unabhängiger Senator in Vermont, will Präsidentschaftsk… | |
NEW YORK taz | Dieser Mann ist die Antithese des Washingtoner Politikers. | |
Er definiert sich als etwas, das andere in seinem Land als Schimpfwort | |
benutzen: „demokratischer Sozialist“. Und er sagt: „Wir sollten mehr wie | |
Skandinavien werden.“ | |
Er will jene entmachten, aus deren Kassen sich andere Kongressmitglieder | |
finanzieren: die Milliardäre. Und wenn er sich über Freihandelsverträge, | |
über Hungerlöhne und über die menschengemachte Klimakatastrophe in Rage | |
redet, läuft sein Gesicht manchmal so rot an, dass Sorgen um seine | |
Gesundheit angemessen erscheinen. | |
Bernie Sanders ist ein Mann mit einem Programm und mit einer Mission. Für | |
ihn ist Politik kein Showbusiness, sondern eine – so sein O-Ton – „ernste | |
Sache“. Sein nächstes Ziel ist das Weiße Haus. Nach Jahrzehnten als | |
Einzelkämpfer – Bürgermeister in dem kleinen Bundesstaat Vermont, | |
Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus und Senator seit 2007 – glaubt er, | |
dass jetzt die Zeit reif für seine Ideen ist. „Wir können es schaffen“, | |
versichert er selbstbewusst. | |
Offiziell ist Sanders als „Unabhängiger“ im US-Kongress. Aber für 2016 | |
bewirbt er sich um die Kandidatur der Demokratischen Partei. Die Erfahrung | |
zeigt, dass linke KandidatInnen, die außerhalb der Demokratischen Partei in | |
den Wahlkampf ziehen, keine Chance haben. Und im ungünstigsten Fall – wie | |
im Jahr 2000 – sogar einem Republikaner zum Wahlsieg verhelfen können. | |
Umgekehrt ist die Demokratische Partei ihm dankbar dafür, dass er die | |
gähnende Leere links von Hillary Clinton füllt. Manche demokratischen | |
Strategen glauben, dass Clinton glaubwürdiger wird, wenn sie zumindest | |
einen Gegenkandidaten in der eigenen Partei hat. Andere hoffen, dass | |
Sanders die Politik von Clinton nach links bewegen könnte. Die linke Basis | |
will, dass Sanders ihre Themen in den nächsten Monaten im | |
Präsidentschaftswahlkampf vertritt. | |
## Obama sagt: „Ich mag Bernie“ | |
Seit Sanders am 30. April seine Kandidatur bekannt gegeben hat, reißt der | |
Zuspruch nicht ab. Schon am ersten Tag meldeten sich 100.000 Unterstützer, | |
nach vier Tagen waren mehr als drei Millionen Dollar in seiner | |
Wahlkampfkasse. Er heuerte Fachleute an, die 2008 Barack Obamas | |
Social-Media-Wahlkampf organisierten. Die Parteispitze verschickte Aufrufe | |
für ihn und Clinton. Und der Präsident erklärte: „Ich mag Bernie.“ | |
Im Vergleich zu Clintons Bekanntheitsgrad und dem Budget von mehr als 2 | |
Milliarden Dollar, mit dem sie ihren Wahlkampf bestreiten will, nimmt sich | |
Sanders klein aus. Aber er hat klargemacht, dass er gar keinen Wahlkampf | |
führen will, in dem Großkonzerne „Unterstützerkomitees“ finanzieren und … | |
Land flächendeckend mit TV-Spots beschallen. Er will eine | |
„Graswurzelbewegung“, die das Land mobilisiert. Gegen soziale Gräben, die | |
so tief sind wie seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mehr. | |
„Ich will eine politische Revolution“, sagt Sanders. Er will die | |
„Milliardärsklasse“ entmachten und „arbeitende Familien“ stärken. Das | |
klingt populistisch. Aber das Wort „Arbeiter“ kommt auch beim Sozialisten | |
Sanders nicht vor. Er verteidigt – wie Obama und Clinton – die „Middle | |
Class“. Und das Ziel seiner „Revolution“ sind Reformen. Weiter südlich a… | |
dem amerikanischen Kontinent wäre er damit ein moderater Linker. | |
## Gegen Irakkrieg und gegen TTIP | |
Mit seinen 73 Jahren gehört Sanders zur selben Generation wie Clinton. Aber | |
sie standen auf entgegengesetzten Seiten. Sanders stimmte gegen den | |
Irakkrieg. Gegen den Patriot Act, der den Weg für Schnüffelei und | |
Aussetzung von Bürgerrechten im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ | |
öffnete. Gegen das Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko. | |
Und er ist jetzt erst recht gegen die geplanten Freihandelsabkommen mit den | |
Pazifik-Anrainerstaaten und Europa, „weil sie Millionen Arbeitsplätze in | |
Billiglohnländer verlagern und den Umweltschutz und das Arbeitsrecht | |
aushöhlen werden“. Er ist für eine Anhebung des Mindestlohns, für | |
gebührenfreie öffentliche Universitäten, für höhere Spitzensteuern und für | |
eine Besteuerung von Spekulationsgeschäften. | |
Er will die Keystone-XL-Pipeline verhindern. Und er hat gerade ein Gesetz | |
in den Senat eingebracht, das vorschlägt, Banken in kleinere Teile zu | |
zerlegen, wenn sie so groß sind, dass ihr Scheitern die US-amerikanische | |
und die globale Ökonomie mit in den Abgrund reißen könnte. Im Vorwahlkampf | |
wird Clinton sich zu all dem positionieren müssen – das dürfte interessant | |
werden. | |
11 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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