# taz.de -- Kommentar Patriot Act: Kein Auslaufen auf Dauer | |
> Der US-Geheimdienst NSA muss erst einmal seinen Datenhunger zügeln. | |
> Leider wird das nicht sehr lange anhalten. | |
Bild: Satellitenstation des NSA in den Appalachen in West Virginia. | |
Die gute Nachricht vorweg: Seit Mitternacht darf die NSA die Metadaten von | |
Telefonanrufen in den USA – und andere private Daten der BürgerInnen – | |
nicht mehr erfassen. Zumindest vorläufig nicht. | |
Das Gesetz über diese Schnüffeleien war bis zum 1. Juni 2015 befristet. Da | |
der Senat in Washington sich unfähig zeigte, zu entscheiden, ob er die NSA | |
ein bisschen reformieren oder ob er sie weiter machen lassen will wie | |
bisher, [1][lief das Gesetz einfach aus]. | |
Eine kleine Minderheit, angeführt von dem republikanischen | |
Präsidentschaftskandidaten Rand Paul, erreichte damit ihr Ziel. Die | |
Angstmacher hingegen, darunter zwei Geheimdienstchefs und der US-Präsident, | |
die vor angeblichen terroristischen Gefahren warnen, konnten sich nicht | |
durchsetzen. | |
Es ist das erste Mal in der Geschichte des „Patriot Act“, dass die Macht | |
der SchnüfflerInnen radikal schrumpft. Seit der ursprünglichen Annahme des | |
„Patriot Act“ in den panik- und angsterfüllten Wochen direkt nach den | |
Attentaten von 11. September 2001 hatten die Kongressabgeordneten zuvor bei | |
jeder Erneuerung der Gesetze den Vorschlägen der SchnüfflerInnen mit großen | |
Mehrheiten zugestimmt. 14 Jahre lang blieben die KritikerInnen ungehört. | |
## Wandel nach Snowden | |
Erst die Enthüllungen von Edward Snowden haben das geändert. Er löste bei | |
seinen eigenen Landleuten zwar keinen sofortigen Stimmungsumschwung aus. | |
Aber zwei Jahre danach tragen seine Mühen Früchte. An die Stelle der Angst | |
vor Terrorismus, sind Fragen an die Verantwortlichen getreten: Nach dem | |
Ausmaß der Schnüffelei, nach ihrem Sinn und nach ihrem Preis für die | |
Demokratie. | |
Dieser Stimmungswandel hat dafür gesorgt, dass in der vergangenen Woche | |
eine große Mehrheit der Abgeordneten im Repräsentantenhaus - darunter | |
DemokratInnen und RepublikanerInnen - für eine kleine Reform der NSA | |
gestimmt hat. Und dafür, dass sich am Sonntag der republikanische Chef des | |
Senats, der eigentlich am bisherigen NSA-Kurs festhalten wollte, nicht | |
durchsetzen konnte. | |
Nicht zuletzt wirkt sich der Wandel auch auf Snowden persönlich aus. Er ist | |
zwar weiterhin als Flüchtling in Moskau. Doch in der öffentlichen Meinung | |
seines Heimatlandes ist er längst vom „Kriminellen“ und „Verräter“ de… | |
2013 zu jenem geworden, der die Debatte über die Schnüffelei der Dienste | |
angestossen hat. | |
## Ende der guten Nachricht | |
Leider endet damit die gute Nachricht. Denn das Auslaufen eines Teils des | |
„Patriot Acts“ soll nicht von Dauer sein. Nach seinem Scheitern vom Sonntag | |
will der republikanische Chef des Senats schon in den nächsten Tagen | |
versuchen, die bereits vom Repräsentantenhaus angenommene kleine Reform der | |
NSA zu übernehmen. | |
Sollte ihm das gelingen, könnte die Schnüffelei in weiten Feldern | |
weitergehen. Allerdings würden die inländischen Telefon-Metadaten künftig | |
nicht mehr automatisch an die NSA gehen, sondern bei den | |
Telefongesellschaften bleiben und nur auf gezielte Anfragen weiter gegeben | |
werden. | |
Als klarer Sieger geht Rand Paul aus dieser Runde in Washington hervor. Der | |
Libertäre, der gegen das Recht auf Abtreibung, gegen Umweltschutzgesetze | |
und gegen eine allgemeine Krankenversicherung eintritt, hat bei der | |
Schnüffelei das Richtige gesagt. Er wollte zwar mehr erreichen, als eine | |
Aus-Zeit von ein paar Tagen. Aber er hat ein Thema für die Wahlen von 2016 | |
gesetzt und er hat sich dabei gegenüber allen anderen | |
PräsidentschaftskandidatInnen – sowohl republikanischen, als auch | |
demokratischen – profiliert. Es bleibt das Geheimnis der DemokratInnen, | |
warum sie dieses Politikfeld fast komplett einem Rechtsaußen überlassen | |
haben. | |
1 Jun 2015 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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