# taz.de -- Mehr Grenzkontrollen wegen Migration: Abschreckung in Wort und Tat | |
> Nun soll es also doch Grenzkontrollen geben, auch weil die politische | |
> Lage anders als 2015 ist. Doch flächendeckende Kontrollen sind | |
> unrealistisch – noch. | |
Bild: Grenzschutzpolizei in Freilassing, Bayern | |
Jetzt also doch mehr Grenzkontrollen. Nach der großen Aufregung über die | |
vielen ankommenden Flüchtlingsboote auf Lampedusa und dem anschließenden | |
Abschottungschor von allen Seiten lässt SPD-Innenministerin Nancy Faeser | |
nun auch an den deutschen Grenzübergängen zu Polen und Tschechien Beamte | |
stationieren, um die Einreise von MigrantInnen nach Deutschland zu | |
überwachen. So, wie es die Union schon lange fordert. Faeser sieht sich zum | |
Handeln gezwungen, weil nach den großen, erschreckenden Worten aus den | |
eigenen Ampelreihen [1][von der „Belastungsgrenze“] (Bundespräsident | |
Steinmeier) bis zur [2][„Migration, die das Land überfordert“] (FDP) Taten | |
verlangt werden. | |
Grenzkontrollen also! Das soll hart, entschlossen und abwehrbereit klingen. | |
Ist es aber nicht automatisch. Es kommt darauf an, was an den Grenzen in | |
der Praxis wirklich geschieht. Und das ist noch nicht klar, das hängt von | |
den weiteren Entscheidungen der Regierung ab. Auch die taz hat sich da | |
schon getäuscht und nach der Einführung von Grenzkontrollen zu Österreich | |
im September 2015 getitelt: „Deutschland macht dicht.“ | |
Das Gegenteil trat ein, nie wurden mehr Asylsuchende in Deutschland | |
aufgenommen als in den Wochen danach. An der Grenze wurden die Menschen | |
zwar kontrolliert und registriert, aber nicht abgewiesen. Das war der | |
entscheidende Unterschied. Aber was ist heute zu erwarten? | |
Leider sieht es inzwischen schlechter aus für die Geflüchteten, weil die | |
politische Grundstimmung in ganz Europa noch feindseliger geworden ist und | |
die deutsche Regierung keine klare Haltung zeigt, [3][wie Angela Merkel im | |
Herbst 2015]. Sie hatte damals allerdings auch noch keine starke Opposition | |
von rechts im Nacken wie die Ampel jetzt mit der Union und der AfD bei 22 | |
Prozent. | |
## Problem wird übertrieben | |
Olaf Scholz traut sich nicht zu sagen, dass die unbestreitbar schwierige | |
Belastung der Kommunen nicht an der überschaubaren Zahl von Menschen liegt, | |
die über Italien oder Polen kommen, sondern vor allem durch die Aufnahme | |
von mehr als einer Million UkrainerInnen verursacht wurde, die zum Glück | |
Zuflucht in Deutschland fanden. Weil daran Gott sei Dank niemand rüttelt, | |
stürzen sich jetzt alle auf Geflüchtete aus anderen Ländern und übertreiben | |
das Problem maßlos. | |
Die Ampel wird deshalb wohl versuchen, einige Asylsuchende wirklich an den | |
Grenzen nach Polen und Tschechien zurückzuschicken. Klar ist aber auch, | |
dass eine flächendeckende Kontrolle aller Grenzen nur mit einem riesigen | |
Personaleinsatz und Zäunen möglich wäre. Davon sind wir zum Glück noch weit | |
entfernt. Aber was heute unvorstellbar scheint, kann noch kommen, wenn sich | |
die Politik weiter mutlos nach rechts treiben lässt. | |
26 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Steinmeier-zu-Migration/!5958393 | |
[2] https://www.fdp.de/fdp-fuer-paradigmenwechsel-der-migrationspolitik | |
[3] /Angela-Merkel-im-taz-Interview/!5437094 | |
## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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