# taz.de -- Aufruf von Menschenrechtsorganisationen: Neuer „Tiefpunkt“ bei … | |
> Hilfsorganisationen warnen, eine neue EU-Krisenverordnung könnte das | |
> Elend der Geflüchteten weiter verschärfen. | |
Bild: Asylsuchende mit ihren Kindern im polnischen Bialowieza Ende Juni 2023 | |
BERLIN taz | Über 50 Menschenrechtsorganisationen warnen vor einer weiteren | |
Verschärfung [1][der EU-Asylpolitik] durch die derzeit unter den | |
Mitgliedstaaten diskutierte „Verordnung im Fall von Krisen, höherer Gewalt | |
und Instrumentalisierung“. | |
Die Organisationen – unter ihnen etwa ProAsyl, die Diakonie und Amnesty – | |
befürchten, die Verordnung ermögliche „die Verzögerung von Registrierungen, | |
die Verlängerung von Grenzverfahren sowie massive Absenkungen bei den | |
Unterbringungs- und Aufnahmestandards“. Deshalb müsse die deutsche | |
Bundesregierung die Pläne blockieren, so die Forderung der Organisationen | |
in ihrem Aufruf. | |
Schon im Mai hatten sich die EU-Innenminister*innen auf eine grundsätzliche | |
[2][Verschärfung der Asylpolitik] geeinigt. Ihr Kompromiss sieht vor, dass | |
bestimmte Geflüchtete beschleunigte Asylverfahren direkt an den | |
EU-Außengrenzen durchlaufen sollen, mutmaßlich [3][in Lagern mit | |
haftähnlichen Bedingungen]. Außerdem sollen Geflüchtete in sogenannte | |
sichere Drittstaaten außerhalb der EU zurück gezwungen werden, wenn sie | |
über solche Länder eingereist sind. Auch die deutsche Bundesregierung trägt | |
diese Pläne mit. | |
## Weitere Verschärfungen möglich | |
Die nun diskutierte Krisenverordnung könnte diese Regelungen in bestimmten | |
Situationen noch weiter verschärfen und bisher vorgesehene Ausnahmen | |
aufheben. So sollen deutlich mehr Geflüchtete in die Grenzverfahren | |
genommen werden können, unter bestimmten Umständen sogar alle. Das soll | |
auch für Kinder und andere besonders vulnerable Gruppen gelten, für die es | |
ansonsten eigentlich Ausnahmeregelungen gibt. Außerdem sollen die | |
Grenzverfahren und die Haft auf eine Dauer von bis zu fünf Monate | |
verlängert werden dürfen. Gleichzeitig werden die Anforderungen an | |
Unterkünfte für Geflüchtete dramatisch gesenkt. | |
Gelten soll die Verordnung in Situationen, in denen schlagartig sehr viele | |
Geflüchtete Asyl beantragen wollen und in Fällen, in denen Geflüchtete von | |
anderen Staaten instrumentalisiert werden. Ein Beispiel für letzteres | |
dürfte das Vorgehen der belarussischen Regierung sein, die Geflüchtete | |
eingeflogen und über die Grenze nach Polen und in die baltischen Staaten | |
gesendet hatte, um Druck auf die EU-Staaten auszuüben. Polen, Litauen und | |
Lettland reagierten darauf, indem sie eine Art Ausnahmezustand verhängten | |
und ihre Grenzen für Asylbewerber*innen schlossen. | |
Auch die verbotenen Mittel, zu denen Polen und auch andere EU-Staaten schon | |
griffen, könnten durch die Verordnung einfacher und leichter zu verstecken | |
sein. Polen zwang Geflüchtete teils direkt zurück nach Belarus, ohne dass | |
diese die Möglichkeit hatten, [4][einen Asylantrag] zu stellen. Solche | |
sogenannten Pushbacks sind eindeutig illegal. | |
Aktualisiert am 05.07.2023 um 15:50 Uhr. d. R. | |
5 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Gefluechtete-an-EU-Aussengrenzen/!5935339 | |
[2] /Aenderung-des-EU-Asylrechts/!5937362 | |
[3] /Neue-Asylregelung/!5937359 | |
[4] /Streit-ueber-EU-Asylpolitik/!5944427 | |
## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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