| # taz.de -- Proteste in Brüssel gegen EU-Asylpolitik: Das Mittelmeer ist „ei… | |
| > Geflüchtete und NGOs protestieren in Brüssel gegen die EU. Während sich | |
| > die Regierungschefs treffen, werden Notruf-Mails bis Samstag vorgelesen. | |
| Bild: Die Rettungsweste eines Geflüchteten im italienischen Roccella Ionica, K… | |
| Berlin taz | Angesichts [1][der jüngsten Unglücke mit Hunderten Toten] und | |
| den [2][geplanten Asylrechtsverschärfungen] klingt der Tagesordnungspunkt | |
| beim EU-Gipfel „Migration im Einklang mit den Grundsätzen, Werten und | |
| Grundrechten der EU“ für viele Flüchtlinge und Hilfsorganisationen wie | |
| Hohn. Seit Mittwochvormittag protestieren sie deshalb mit einer | |
| Aktionswoche vor den EU-Institutionen in Brüssel. Am Donnerstag und Freitag | |
| kommen die 27 Staats- und Regierungschefs in der belgischen Hauptstadt | |
| zusammen. | |
| Den Auftakt der Protesten machte eine am Mittwoch gestartete Performance | |
| der Initiative Alarm-Phone. Der Titel: „We kindly request You to stop | |
| Killing“ („Wir bitten höflichst darum, mit dem Töten aufzuhören“). Die | |
| Initiative betreibt eine Notrufnummer für Flüchtlinge, die auf See in Not | |
| geraten. | |
| Auf einer Bühne vor dem Brüsseler Parlamentsgebäude stapelten 15 | |
| Aktivist:innen am Mittwoch Ausdrucke von rund 1.300 E-Mails, die sie | |
| seit Januar an staatliche Rettungsstellen geschickt hatten. Um 900 | |
| Seenotfälle, bei denen Menschen sich per Satellitentelefon an sie gewandt | |
| hatten, ging es dabei. Doch: „Viele unserer Notrufe bleiben unbeantwortet“, | |
| sagte eine Sprecherin des Alarm-Phones der taz. | |
| Zuletzt hatten sich sowohl die Insassen des am 14. Juni [3][südlich der | |
| griechischen Stadt Pylos gesunkenen Bootes mit über 700 Menschen], als auch | |
| die Insassen eines am 20. Juni [4][vor den Kanarischen Inseln gesunkenen | |
| Bootes] mit 61 Menschen an das Alarm-Phone gewandt. Erst zehn Stunden, | |
| nachdem die NGO die Koordinaten an die Rettungsstellen weitergegeben hatte, | |
| traf in diesem Fall Hilfe ein – zu spät. Hunderte solcher unterlassener | |
| Hilfeleistungen hat das Alarm-Phone seit 2014 dokumentiert. | |
| ## Geflüchtete spricht am Donnerstag mit EU-Abgeordneten | |
| 48 Stunden lang nonstop wollen die Aktivist:innen nun in Brüssel ihre | |
| Notruf-Mails vorlesen. „Das Mittelmeer ist nicht nur ein Friedhof – auch | |
| ein Tatort“, sagte die Alarm-Phone-Vertreterin. Am Donnerstag dann spricht | |
| der aus dem Südsudan stammende Geflüchtete David Yambio auf Einladung der | |
| Linksfraktion im Parlamentsgebäude mit Abgeordneten. | |
| Yambio vertritt die Gruppe Refugees in Libya. Dabei handelt es sich um | |
| mehrere Hundert Geflüchtete, die in libyschen Lagern interniert waren. Nach | |
| ihrer Freilassung hatten sie ab Oktober 2021 gegen ihre Misshandlungen mit | |
| einer Mahnwache vor der UNHCR-Zentrale in Tripolis protestiert. Im Januar | |
| 2022 [5][hatte die libysche Regierung die Mahnwache mit Gewalt geräumt]. | |
| Rund 250 der Protestierenden wurden nach Angaben Yambios damals in das | |
| Arbeitslager Ain-zara nahe Tripolis gebracht, wo sie bis heute inhaftiert | |
| sind. Die EU und die UN müssten sich für ihre Freilassung einsetzen, | |
| fordert Yambio. | |
| Für Samstag hat die Gruppe zu einer Demonstration in Brüssel aufgerufen. | |
| Ihr Protest richtet sich vor allem dagegen, dass die von der EU aufgebaute | |
| libysche Küstenwache seit 2016 über 100.000 Menschen auf dem Mittelmeer | |
| eingefangen und zur Internierung nach Libyen zurückgebracht hat. Yambio | |
| selbst wurde nach eigenen Angaben fünf Mal auf dem Meer eingefangen, bevor | |
| ihm im Juni 2022 die Flucht nach Italien gelang. | |
| In diesem Jahr betraf dies nach UN-Angaben bis zum 1. Juni rund 7.400 | |
| Menschen. Auch deshalb hatte sich [6][der Schwerpunkt des Transitgeschehens | |
| zuletzt nach Tunesien verlagert]. | |
| In Brüssel als Hauptstadt der EU seien „die wichtigsten Institutionen, die | |
| für das endlose Leid und den Tod an den Grenzen Europas, aber auch für die | |
| unmenschlichen Bedingungen für Flüchtlinge und Migranten in Libyen, | |
| Tunesien und Niger verantwortlich sind“, heißt es im Demo-Aufruf. Man wolle | |
| diese mit „den Stimmen und Forderungen der Flüchtlinge konfrontieren, die | |
| ihre unmenschliche Politik der Grenzabschottung überlebt haben oder noch | |
| erleben“. | |
| 29 Jun 2023 | |
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| [3] /Bootskatastrophe-auf-Fluchtroute/!5941300 | |
| [4] /Bootsunglueck-vor-den-Kanaren/!5942578 | |
| [5] /Gefluechtete-in-Libyen-vertrieben/!5825230 | |
| [6] /Migrantinnen-in-Tunesien/!5917526 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
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