# taz.de -- Steinmeiers Äußerung zu Migration: Ein furchtbares Vorbild | |
> Der Bundespräsident verschweigt die rechte Gewalt der 90er Jahre und legt | |
> der Bundesregierung nahe, es wie damals zu machen. Das ist erschreckend. | |
Bild: Die Äußerung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war geschicht… | |
Er fühle sich an die 1990er Jahre erinnert, sagt Bundespräsident | |
Frank-Walter Steinmeier in den „Tagesthemen“, als er auf die gegenwärtige | |
Debatte um Geflüchtete in Deutschland angesprochen wurde. „Ob Sie es | |
glauben oder nicht: Ich war bei dem [1][Asylkompromiss 1992/93] an den | |
Verhandlungen beteiligt.“ | |
Man glaubt es. Wirklich schwer zu glauben ist aber, was Steinmeier in den | |
folgenden Minuten sagt und insinuiert. Angelehnt an den Asylkompromiss, mit | |
dem Union, FDP und SPD vor 30 Jahren das Asylrecht dramatisch | |
einschränkten, [2][fordert Steinmeier eine Begrenzung „sogenannter | |
illegaler Migration“]. Damals wie heute habe es „Überlastungssignale“ von | |
Bürgermeister*innen gegeben, behauptet der Bundespräsident. | |
Das ist eine atemberaubende Verdrehung der Geschehnisse damals. | |
„Überlastungssignale“ mag es gegeben haben, doch dem Asylkompromiss | |
vorangegangen waren 1992 vor allem das [3][Pogrom von | |
Rostock-Lichtenhagen,] die [4][rassistischen Morde von Mölln] und andere | |
rechte Gewalttaten. | |
Die Politik reagierte nicht auf überarbeitete Beamt*innen in den | |
Lokalverwaltungen der deutschen Gemeinden – sie kuschte viel mehr vor dem | |
neu entfesselten deutschnationalen Mob, der migrantische Menschen bedrohte | |
und ermordete. | |
In der Folge strichen Union, FDP und SPD mit dem uneingeschränkten | |
Grundrecht auf Asyl einen Punkt aus dem Grundgesetz, der eine direkte | |
Konsequenz aus dem Terror Nazi-Deutschlands gewesen war. | |
Seit dieser unrühmlichen Entscheidung haben Menschen, die aus sogenannten | |
sicheren Herkunftsländern fliehen oder über sogenannte sichere Drittstaaten | |
einreisen, kaum mehr eine Chance auf Schutz in Deutschland. | |
Dass Steinmeier die rechte Gewalt der 90er Jahre verschweigt und der | |
heutigen Bundesregierung nahelegt, es zu machen wie damals, ist | |
erschreckend. Wie sich Union, FDP und SPD damals dem Druck der | |
Rechtsradikalen beugten, [5][darf eben gerade nicht Vorbild sein für das, | |
was heute zu tun ist]. Er muss eine Warnung bleiben für das, was sich nicht | |
wiederholen darf. | |
3 Oct 2023 | |
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[3] /25-Jahre-Pogrom-von-Lichtenhagen/!5435662 | |
[4] /Gedenken-an-die-Morde-von-Moelln/!5078871 | |
[5] /Debatte-25-Jahre-nach-Solingen/!5506017 | |
## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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