# taz.de -- Tag der deutschen Einheit in Hamburg: Deutschland darf nicht schei�… | |
> Zur diesjährigen Einheitsfeier in Hamburg soll es auch einen Gegenprotest | |
> geben. Die Behörden schritten bereits wegen des Mottos ein. | |
Bild: Deutschland feiern: Ist das gesunder Patriotismus oder kann das weg? | |
Hamburg taz | Der Protest soll die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen | |
Einheit stören: Am 2. und 3. Oktober finden die diesjährigen | |
[1][Einheitsfeierlichkeiten in Hamburg statt.] Doch schon jetzt stört der | |
Protest die Behörden – wegen seines Mottos: Die Hamburger Polizei schritt | |
gegen das Demonstrationsmotto „Deutschland, Du mieses Stück Scheiße!“ ein. | |
„In der Parole sieht die Polizei eine Verunglimpfung des Staates“, sagt | |
eine Person aus dem Organisationsteam der Demonstration der taz. | |
Die Polizei habe sich an die Staatsanwaltschaft gewandt, erklärt die Person | |
– die Ermittler*innen sähen in der Parole den Straftatbestand der | |
Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (siehe Kasten) erfüllt. | |
Die Polizei bestätigt das gegenüber der taz: „Aufgrund des Tenors wurde mit | |
dem Staatsschutz der Polizei Hamburg und der zuständigen Staatsanwaltschaft | |
Rücksprache gehalten und geprüft, ob es sich hierbei um eine strafbare | |
Aussage handeln könnte“, erklärt ein Sprecher der Polizei. | |
„Dieses wurde dahingehend bejaht, sollte dieser Ausspruch öffentlich in | |
einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts verwendet werden.“ | |
Dann würde es sich um jene Verunglimpfung handeln. Weiter erklärt der | |
Sprecher der Polizei, die Einschätzung sei den Demoanmelder*innen | |
mitgeteilt worden. | |
## Organisator*innen verweisen auf Rechtsprechung | |
Die Mitteilung nahm das Organisationsteam für die Vorabdemonstrationen am | |
2. Oktober gelassen hin. Statt sich in einem Rechtsstreit zu verstricken, | |
änderte es einfach das Motto. Unter dem Slogan „Deutschland? Es gibt nix zu | |
feiern“ startet nun die Demonstration am Hauptbahnhof gegen 19 Uhr. „Wir | |
wollten nicht, dass das Plakatieren und Bewerben der Demonstration sogleich | |
zu strafrechtlichen Ermittlungen führt“, erklärt die Person aus dem Team. | |
Doch ob die Einschätzung von Polizei und Staatsanwaltschaft richtig ist, | |
bezweifeln die Demoanmelder*innen – und weisen auf die vergangene | |
Rechtsprechung hin. In Berlin sei jüngst „Deutschland, Du mieses Stück | |
Scheiße!“ als nicht strafrelevant betrachtet worden. [2][Auch schon 2015 | |
hatte die Polizei in Berlin wegen dieser Parole auf einem Transparent | |
ermittelt.] Die Staatsanwaltschaft stellte bei der erbetenen Würdigung | |
daraufhin aber auch keinen Straftatbestand fest. | |
Einen Rechtsstreit, den es später eventuell gewinnen würde, wollte das | |
Organisationsteam allerdings auch nicht führen, weil solche | |
Rechtsstreitigkeiten erst viel später enden und gegenwärtig viel Aufwand | |
bedeuten. | |
Im Aufruf ist das Orga-Team aber deutlich: „Mit Bier, Party und guter Laune | |
soll auf den Staat und seine Volksgemeinschaft angestoßen werden. Egal, wie | |
das Motto lautet oder wo die ‚Feierlichkeiten‘ abgehalten werden, es gibt | |
am Tag der Deutschen Einheit nix zu feiern.“ | |
## Kein Grund zum Feiern | |
Der Feiertag würde sich seit „der Annexion der DDR in das kapitalistische | |
System der Bundesrepublik“ als das ausmachen, was es sei: „ein großes Stü… | |
Scheiße“. Die Wiedervereinigung mit dem einhergehenden [3][„Rechtsruck der | |
1990er Jahre“] habe schließlich den Boden für die fortschreitende | |
„autoritäre Formierung in Deutschland“ gelegt. Dieser Boden habe auch zu | |
den „rassistischen Taten des NSU“, dem Aufkommen der AfD und dem sich | |
etablierende Rassismus in der Mitte der Gesellschaft beigetragen, heißt es | |
weiter. | |
Die anstehende Demonstration ist eingebettet in eine bereits laufende | |
Veranstaltungsreihe zu „Deutschland, Rechtsruck und antifaschistische | |
Perspektive“. In der Reihe referierten etwa Felix Krebs vom Hamburger | |
„Bündnis gegen Rechts“ und Florian Schubert, Ausstellungsmitgestalter von | |
„Tatort Stadion“ über die Baseballschlägerjahre in der Hansestadt. | |
Max Czollek las erst am Dienstag zum „Versöhnungstheater“, eine | |
„Wiedergutwerdung ohne Wiedergutmachung“. Und über 7.000 Menschen kamen | |
Anfang September zu dem Konzert von Danger Dan vor der Roten Flora. Im | |
Oktober ist noch eine Lesung „Erinnern stören“ mit Lydia Lierke und Massimo | |
Perinelli geplant, die Geschichten ehemaliger Gastarbeiter*innen und | |
von Geflüchteten vortragen. | |
Die Hamburger Innenstadt sowie die Hafencity mit der Elbphilharmonie sind | |
während der Feiertage Hochsicherheitszonen. Bundeskanzler Olaf Scholz | |
kommt, ebenso hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) | |
angekündigt. Weitere Gäste aus Politik und Gesellschaft und Hunderttausende | |
Bürger:innen werden erwartet. Die Elbphilharmonie, in deren Hotel die | |
Ministerpräsidenten schlafen sollen, der Michel und das Maritime Museum | |
schützt die Polizei ebenso besonders. | |
Zehn Hundertschaften aus Hamburg und 14 aus anderen Bundesländern werden | |
dafür im Einsatz sein. Bundespolizei und Spezialeinheiten stehen bereit. | |
„Es wird nicht im Ansatz so [4][wie damals beim G20-Gipfel]“, sagte | |
unlängst eine Polizeisprecherin. | |
27 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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