| # taz.de -- Kürzungen bei Berlins Kultur: Angst hinter den Kulissen | |
| > Der Senat will die landeseigenen Theater ausgliedern, um Geld zu sparen. | |
| > Das könnte fatale Konsequenzen haben. Die Pläne stoßen zunehmend auf | |
| > Kritik. | |
| Bild: Berlins Kulturschaffende lassen sich nicht wegkürzen | |
| Berlin taz | Auf den Berliner Bühnen herrscht große Unsicherheit. Nach den | |
| massiven [1][Kürzungen im Kulturetat] von 135 Millionen Euro in diesem Jahr | |
| und weiteren 150 Millionen im kommenden Jahr, ist eine Umstrukturierung der | |
| landeseigenen Theater im Gespräch. Am Freitag trafen sich der Regierende | |
| Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die Staatssekretärin für Kultur, Sarah | |
| Wedl-Wilson, mit Vertreter*innen der Bühnen und Orchester zum | |
| „Kulturdialog“. Dabei wurde ausgelotet, wo gespart werden kann sowie über | |
| alternative Rechtsformen gesprochen. | |
| Über den genauen Inhalt der Gespräche wurde Stillschweigen vereinbart. Da | |
| der Dialog mit den Theatern, Bühnen, Opern sowie Gedenkstätten und Museen | |
| noch andauere, würden noch keine Ergebnisse vorliegen, heißt es | |
| schmallippig aus der Senatskulturverwaltung von Joe Chialo (CDU). Der | |
| Regierende spricht von einem „intensiven und vertrauensvollen Austausch“: | |
| „Mein Ziel ist es, die hohe Qualität von Kunst und Kultur in Berlin auch in | |
| finanziell herauszufordernden Zeiten zu sichern und mit den Einrichtungen | |
| eine Kulturagenda 2035 zu entwickeln“, so Wegner. | |
| Auch wenn die zunächst befürchtete Privatisierung der landeseigenen Theater | |
| wohl nicht kommen wird, sind die Ängste unter den Theaterschaffenden groß. | |
| Denn im Raum steht eine Umwandlung in Stiftung öffentlichen Rechts nach dem | |
| Vorbild der Stiftung Oper in Berlin. Betroffen von den Planungen sind die | |
| Volksbühne, das Gorki-Theater, das Deutsche Theater, das Theater an der | |
| Parkaue und das Konzerthaus – allesamt ehemalige Osttheater. | |
| Daniel Wesener, Sprecher für Kulturfinanzierung der Grünenfraktion, begrüßt | |
| zwar, dass der Regierende Bürgermeister mit dem Kulturdialog „einen Ausweg | |
| aus der [2][selbst verschuldeten Krise] sucht“. Doch wenn er sein | |
| Versprechen einhalten wolle, dass keine große Berliner Kultureinrichtung | |
| ihre Pforten schließen muss, führe kein Weg an einer deutlichen Reduzierung | |
| der Kürzungsvorgaben vorbei, so Wesener zur taz. | |
| ## Beschäftigte werden nicht einbezogen | |
| Dass die CDU stattdessen eine Diskussion über die Rechtsform der | |
| landeseigenen Theaterbetriebe vom Zaun breche, sei „fachlich völlig | |
| abwegig, aber auch politisch dumm“: „Damit lassen sich keinerlei echte | |
| Einspareffekte erzielen, vielmehr kostet die Überführung in privatrechtlich | |
| organisierte Landesunternehmen zunächst einmal mehr Geld.“ Wesener mahnt | |
| zudem an, dass es sich bei dem betroffenen Personal um Landesbeschäftigte | |
| handelt, die ein Recht darauf hätten, „dass der Senat nicht länger nur über | |
| sie redet, sondern auch endlich mit ihnen“. | |
| Noch-Kultursenator Joe Chialo, der als [3][Kulturstaatsminister für die | |
| neue Bundesregierung im Gespräch ist], steht schon länger wegen seiner | |
| mangelnden Kommunikation mit der Kulturszene [4][in der Kritik]. Rechtlich | |
| gesehen müsste bei einer Umstrukturierungen der landeseigenen Theater der | |
| Personalrat von Anfang an mit einbezogen werden. | |
| Dies sei aber bislang nicht geschehen, kritisiert Daniela Ortmann vom | |
| Berliner Hauptpersonalrat, der die 130.000 Landesbeschäftigten vertritt. | |
| Ende April soll daher eine gemeinsame Versammlung mit den Personalräten der | |
| fünf betroffenen Häuser stattfinden, zu der auch Wegner und | |
| Kulturstaatssekretärin Wedl-Wilson eingeladen sind. | |
| „In den Häusern herrscht erhebliche Unruhe“, so Ortmann zur taz. Die Angst | |
| sei groß, dass nach einem Rechtsformwechsel Theater geschlossen, Häuser | |
| zusammengelegt und Beschäftigte entlassen werden könnten. Außerdem gebe es | |
| die Befürchtung, dass mit der Ausgliederung der Theater aus dem | |
| öffentlichen Dienst auch die [5][Hauptstadtzulage von 150 Euro monatlich] | |
| entfallen und sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern könnten. Umso | |
| wichtiger sei daher, dass die Beschäftigten mehr als nur Gerüchte hören. | |
| Klares Ziel sei, die Ausgliederung zu verhindern. „Wir sehen darin keinen | |
| Nutzen für den Landeshaushalt, im Gegenteil.“ | |
| ## Vorbild Stiftung Oper | |
| Auch Verdi ist strikt gegen eine Umwandlung. Die Gewerkschaft befürchtet, | |
| dass die Theater durch eine Ausgliederung auch aus dem Tarifvertrag der | |
| Länder (TV-L) fallen könnten. Mitbestimmung spiele bei den derzeitigen | |
| Reformplänen allerdings keine Rolle, kritisiert der zuständige | |
| Gewerkschaftssekretär, Konstantin Kohl. Bereits Mitte März habe man den | |
| Regierenden und die zuständige Staatssekretärin zu Gesprächen über die | |
| Pläne mit den Theatern aufgefordert – bislang ohne Erfolg. | |
| „Was ist das für ein Demokratieverständnis, wenn nach Gutsherrenart in | |
| Hinterzimmern zwischen Politik und Geschäftsführungen Dinge beschlossen | |
| werden?“, so Kohl über das Treffen am Freitag. Er befürchtet, dass dadurch | |
| Widerstand verhindert und Fakten geschaffen werden sollen. | |
| Die Angst der Beschäftigten vor einem Stellenabbau ist mit Blick auf die | |
| Überführung der Opern in eine Stiftung nicht unbegründet. Nach jahrelangem | |
| Streit über den Unterhalt der drei Opernhäuser wurde 2004 ein Kompromiss | |
| geschlossen: Statt eines der Häuser zu schließen, sollte hinter den | |
| Kulissen gespart werden, indem die Deutsche Oper, die Komische Oper, die | |
| Staatsoper Unter den Linden, das Staatsballett Berlin und der Bühnenservice | |
| in der [6][Stiftung Oper in Berlin zusammengeschlossen wurden]. Laut Verdi | |
| wurden im Zuge dessen über 70 Menschen entlassen. | |
| Für Manuela Schmidt, kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, taugt | |
| die Opernstiftung nicht als Vorbild für Einsparungen bei den Theatern. | |
| „Ganz sicher hat man vergessen, wie lange es gebraucht hat, wie viele Jahre | |
| ins Land gingen und wie viel Arbeit und Einbeziehung aller Beteiligten es | |
| bedurfte, bis ein solch tragfähiges Konstrukt endlich Wirklichkeit wurde“, | |
| so Schmidt zur taz. Zwar sei eine Stiftung Theater ist nicht per se ein | |
| Tabu, aber so ein Prozess brauche Zeit und funktioniere nur gemeinsam mit | |
| den Theatern und ihren Personalvertretungen. | |
| Zumal es laut Wesener bessere Ideen für eine Reduzierung von Kosten im | |
| Kulturbetrieb gibt, etwa durch Zusammenlegungen bei der Infrastruktur, wie | |
| Depots oder Probebühnen, die teilweise teuer am Markt angemietet werden | |
| müssten. „Umso unverständlicher ist es, dass die CDU die wenigen | |
| verbliebenen Landesimmobilien, die sich für eine Kulturnutzung eignen, | |
| lieber an Private zu kommerziellen Zwecken abgeben will.“ | |
| 14 Apr 2025 | |
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| Marie Frank | |
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