# taz.de -- Berlins CDU-Kultursenator Joe Chialo: Kein Geld, kein Plan | |
> Nach der jüngsten brutalen Kürzungsrunde dilettiert die CDU-geführte | |
> Kulturverwaltung schon an der nächsten. Selbst die SPD hat die Faxen | |
> dicke. | |
Bild: Sparen, bis es quietscht: Kultursenator Joe Chialo (CDU) | |
Berlin taz | Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat ein Händchen dafür, die | |
Kunst- und Kulturszene der Hauptstadt gegen sich aufzubringen. Die Empörung | |
über die von Chialo für das laufende Jahr gerade erst [1][widerstandslos | |
durchgewunkenen 130-Millionen-Euro-Kürzungen] in seinem Etat ist noch nicht | |
abgeebbt, da geistern schon die nächsten Katastrophenzahlen durch den | |
Nachrichtenorbit. | |
Nach einem Videocall des Senators mit Vertreter:innen der Kulturszene | |
am Mittwochabend standen plötzlich Einsparungen in Höhe von 300 Millionen | |
Euro für 2026 und 2027 im Raum – zusätzlich zu den 130 Millionen, um die | |
der ursprünglich mal etwas mehr als eine Milliarde Euro umfassende | |
Jahresetat der Kulturverwaltung zuletzt für die nächsten Jahre abgesenkt | |
wurde. | |
Ganz so wild soll es dann doch nicht kommen. Denn tatsächlich sehen die am | |
Tag zuvor [2][vom Senat beschlossenen Eckwerte für den kommenden | |
Doppelhaushalt] im Chialo-Etat zwar weitere Kürzungen vor – aber dann doch | |
nicht in diesem Ausmaß. Für das kommende Jahr etwa geht es um 34 Millionen | |
Euro, die auf Chialos 130-Millionen-Sparliste noch einmal obendrauf gepackt | |
werden müssen. | |
Klingt verkraftbar, ist es aber nicht, sagt Daniel Wesener. Der Sprecher | |
für Kulturfinanzierung der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus und | |
ehemalige Finanzsenator geht davon aus, dass im kommenden Jahr alles in | |
allem trotzdem fast 100 Millionen Euro „irgendwie aus der Kulturförderung | |
herausgestrichen werden müssen“. | |
## Tückische Einmaleffekte | |
Bei den 34 zusätzlich einzusparenden Millionen wird es Daniel Wesener | |
zufolge jedenfalls nicht bleiben, weitere rund 65 Millionen dürften | |
hinzukommen. Das ist jener Kürzungsbetrag, der in Chialos aktuellem | |
130-Millionen-Streichkonzert nur „durch klassische Einmaleffekte“ wie | |
[3][den Verzicht auf Investitionen oder das Verfrühstücken der Rücklagen] | |
der Kulturinstitutionen erbracht wird. | |
„Das Geld ist nun weg“, sagt Wesener zur taz. In der Folge bedeutet das, | |
dass es 2026 erneut, dann aber woanders weggenommen werden muss. Der Etat | |
bleibt schließlich auch im kommenden Jahr abgesenkt. | |
Er habe die „herauszustreichenden“ 100 Millionen Euro mal auf den aktuellen | |
Kulturhaushalt umgelegt, sagt Wesener. Das Ergebnis: Selbst wenn die | |
gesamte Projektförderung für sämtliche Sparten, die kulturelle Bildung und | |
die Bezirkskultur zum Jahreswechsel komplett gestrichen werden, kommt die | |
Kulturverwaltung nicht auf diesen Betrag. | |
Ihm fehle „wirklich jede Fantasie, wie die anstehenden Kürzungen im | |
Kulturhaushalt 2026 umgesetzt werden können“, sagt der Grünen-Politiker. Er | |
habe bislang gedacht, die Kulturverwaltung habe keinen Plan. „Aber es ist | |
viel schlimmer: Angesichts dieser Zahlen kann es auch gar keinen Plan | |
geben.“ | |
## Déjà-vu zur vorangegangenen Kürzungsrunde | |
Das sieht in der schwarz-roten Koalition auch die SPD so: „Es ist klar, | |
dass Einsparungen im Kulturbereich vorgenommen werden müssten – aber das | |
hier passt doch vorn und hinten nicht“, sagt Melanie Kühnemann-Grunow, die | |
kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, zur taz. Mehr noch: „Da fehlt | |
mir inzwischen auch der Wille, das in irgendeiner Weise zu verteidigen.“ | |
Sie hätte sich gewünscht, „dass wir uns erst einmal zusammensetzen und die | |
Zahlen plausibilisieren“, so Kühnemann-Grunow. „Und ganz ehrlich, ich habe | |
da ein Déjà-vu.“ Schon bei der Kürzungsrunde im vergangenen Jahr habe | |
Chialo auf Kommunikation verzichtet. | |
Herausgekommen war dann jene – [4][im Detail teils stümperhaft | |
zusammengestellte] – Einsparliste, deren Auswirkungen derzeit spürbar | |
werden, ob bei den [5][angehobenen Eintrittspreisen und gestrichenen | |
Produktionen bei Theater- und Opernhäusern] oder den [6][auf der Kippe | |
stehenden Honoraren in den kommunalen Galerien der Bezirke]. | |
Dass die 2025 durch Einmaleffekte zusammenkommenden 65 Millionen Euro im | |
kommenden Jahr an Stellen eingespart werden müssen, die bislang verschont | |
blieben, sei ihr bei Chialos Plänen von Beginn an klar gewesen, sagt | |
Melanie Kühnemann-Grunow. Ihre Befürchtung ist aber, dass die | |
Kulturverwaltung nun wirklich alle Kürzungen auf die freie Szene und den | |
Bereich der kulturellen Bildung abwälzt. | |
Aber möglicherweise ist Joe Chialo da auch längst ausgeflogen und ein:e | |
Nachfolger:in muss sich mit seinen Haushaltshinterlassenschaften | |
herumschlagen. Das Gerücht, dass der ehemalige Musikmanager nach der | |
Bundestagswahl [7][unter einem möglichen CDU-Kanzler Friedrich Merz | |
Kulturstaatsminister des Bundes wird], hält sich jedenfalls wacker. | |
22 Feb 2025 | |
## LINKS | |
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[5] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-21… | |
[6] /Kulturausschuss-debattiert-Kuerzungen/!6070499 | |
[7] /Rueckblick-auf-110-Tage-Wahlkampf/!6071036 | |
## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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