# taz.de -- Sparliste der Berliner Kulturverwaltung: Kreative Buchführung mit … | |
> Teils stümperhaft, teils fehlerhaft: In der 130-Millionen-Euro-Sparliste | |
> der Berliner Senatsverwaltung für Kultur gibt es etliche Ungereimtheiten. | |
Bild: Lästige Details: Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) | |
Berlin taz | Es wirkt wie ein winziges Detail. Trotzdem ist es bezeichnend | |
für die von CDU und SPD vorgelegten „Konsolidierungslisten“ für das | |
Haushaltsjahr 2025, dass unter den von Kultursenator Joe Chialo | |
eingereichten Einzelposten an einer Stelle ein Kürzungsvorhaben auftaucht, | |
das dort überhaupt nicht hingehört. Zumindest nicht in der Größenordnung. | |
Die Rede ist vom [1][nun gestrichenen eintrittsfreien Museumssonntag]. In | |
der ersten Konsolidierungsliste wie auch in der jüngsten Korrektur ist das | |
kulturelle Teilhabeprojekt des rot-grün-roten Vorgängersenats mit einem | |
Einsparvolumen von 2 Millionen Euro unter den „Sonstigen Zuschüssen an | |
Museen“ aufgeführt. | |
Das Problem: Im vor einem Jahr verabschiedeten Haushaltsplan der | |
Senatskulturverwaltung findet sich zwar genau hier ebenfalls ein Betrag zum | |
Museumssonntag. Nur beläuft der sich bei den „Sonstigen Zuschüssen“ nicht | |
auf 2 Millionen, sondern auf gerade mal 251.000 Euro, gelabelt als | |
„Maßnahmen zur Senkung der Zugangsbarrieren, Öffentlichkeitsarbeit, | |
eintrittsfreie Zeit“. 2 Millionen von 251.000 wegkürzen – wie soll das | |
gehen? | |
## „Einen schlanken Fuß gemacht“ | |
„Das ist Mumpitz“, sagt der Sprecher für Kulturfinanzierung der | |
Grünen-Fraktion, Daniel Wesener, zur taz. Die 2 Millionen Euro seien zwar | |
eine realistische Gesamtgröße für den Museumssonntag. Der Betrag finde sich | |
im eigentlichen Chialo-Etat aber nicht als Sammelposten unter „Sonstiges“, | |
sondern kleinteilig aufgesplittet in den jeweiligen Zuschüssen der | |
Kulturverwaltung an die einzelnen Museen. | |
Auch wenn es, so der ehemalige Finanzsenator Wesener, „formal | |
haushaltsrechtlich in Ordnung geht“, dass der Betrag nun einfach irgendwo | |
zusammengefasst wurde: „Es zeugt davon, [2][dass sich die Koalition hier | |
einen schlanken Fuß gemacht hat]. Die haben sich gar nicht bemüht, in die | |
einzelnen Ansätze zu gehen.“ Das könne man so machen, sei aber „schlampig | |
gearbeitet“. | |
Überhaupt gebe es gerade in Chialos Kürzungslisten eine ganze Reihe von | |
Beispielen, wo die Spitzen von CDU und SPD teilweise – wie hier – nicht | |
ordentlich, teilweise aber auch fehlerhaft vorgegangen seien. Letzteres | |
betreffe unter anderem die vorgesehenen Kürzungen bei den Zuschüssen für | |
das Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes | |
(DAAD) von 416.500 auf 266.500 Euro. | |
Wie sich die Kulturverwaltung das genau vorstellt, bleibt tatsächlich ihr | |
süßes Geheimnis. Schließlich hängt bei dem Programm das Auswärtige Amt | |
finanziell mit drin. Und mit dem gebe es, so Wesener, „eine vertragliche | |
Bindung“, aus der sich der Senat nicht einseitig per Haushaltsbeschluss | |
ausklinken könne. | |
## Luftbuchung Stadtmuseum | |
Gleiches gilt für den anvisierten [3][Ausstieg der Stiftung Stadtmuseum | |
Berlin aus dem Humboldt-Forum]. 3,6 Millionen Euro glaubt Chialo, mit dem | |
Auszug der Berlin-Ausstellung der Stiftung im ersten Obergeschoss der | |
Stadtschloss-Imitation einsparen zu können. „Nichts gegen den Auszug“, sagt | |
Wesener: „Aber auch das ist eine Luftbuchung, denn auch hier laufen | |
Verträge. Die können nicht sagen: Zum 1. Januar ziehen wir aus und dann hat | |
sich die Sache.“ | |
Wie der Tagesspiegel am Mittwoch berichtet, sei das Stadtmuseum dabei nicht | |
nur „aus organisatorischen und vertraglichen Gründen“ vorerst weiter an den | |
Standort gebunden. Hinzu komme, so ein Museumssprecher, dass ein Auszug auf | |
die Schnelle ohnehin mehr Ausgaben als Einsparungen produzieren würde. Kein | |
Geld, keine Kapazitäten, keine Vertragsfreiheit: Wann die Koffer im | |
Stadtschloss gepackt werden können, ist dann auch aktuell völlig offen. | |
2025 dürfte es nicht sein. | |
Letztlich zeichne sich bereits jetzt ab, „dass das Haushaltschaos 2025 | |
weitergehen wird, zumindest im Kulturbereich“, sagt Wesener mit Verweis auf | |
einen Eintrag mit dem freundlich klingenden Titel „Haushaltsreste“. Der | |
wurde in der jüngsten Korrekturrunde gerade um etwas mehr als eine Million | |
auf nun minus 10,7 Millionen Euro erhöht. | |
Faktisch handelt es sich um eine zusätzliche Pauschalkürzung in Höhe von | |
einem Prozent des Kulturetats. Wo jetzt dieser Betrag aus dem Budget wieder | |
herausgepresst wird, mit welchen Folgen für welche Zuwendungsempfänger, ob | |
die ihnen zugesagten Mittel ganz, teilweise oder gar nicht fließen: All das | |
ist nach wie vor unklar. | |
„Zur Wahrheit gehört daher, dass es zu weiteren Kürzungen kommen wird – | |
auch bei Einrichtungen und Projekten, die in der Einsparliste des Senats | |
nicht auftauchen“, ließ Chialo die von seinem Haus geförderten | |
Einrichtungen bereits Ende November nach Veröffentlichung der ersten Liste | |
des Grauens per Rundschreiben wissen. Daran hat auch die korrigierte | |
„Konsolidierungsliste“ nichts geändert. | |
11 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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