Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Intendant Berndt Schmidt über Kürzungen: „Manche empfinden das …
> Der Friedrichstadt-Palast muss im nächsten Jahr noch mehr sparen als
> zunächst gedacht. Das sei fatal für die Motivation, so Intendant Berndt
> Schmidt.
Bild: Ein echter Kassenschlager: Szene aus der aktuellen Show „Falling in Lov…
taz: Herr Schmidt, sind Sie sauer angesichts des Sparszenariums? Der
Friedrichstadt-Palast muss im nächsten Jahr mit 1,6 Millionen Euro weniger
Fördermittel auskommen – hieß es anfangs. Doch nun bekommt das Revuetheater
noch einmal 250.000 Euro weniger. Das macht zusammen ein Minus von 1,85
Millionen Euro. Macht Sie das wütend?
Berndt Schmidt: Ich bin überrascht. Bei vielen großen Theatern wurde die
Sparsumme gesenkt, bei anderen blieb sie gleich. Wir waren die einzige
Bühne, bei der die Sparsumme noch einmal deutlich erhöht wurde. Das führt
im Haus zu einer großen Demotivation. Und manche empfinden das als
Ohrfeige.
taz: Es gab kurz vor Bekanntgabe der neuen – sagen wir mal – [1][Sparziele]
eine Runde von einigen Intendanten großer Berliner Theater mit dem
Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Da waren Sie nicht eingeladen,
nehme ich mal an?
Schmidt: Doch, da war ich dabei.
taz: Ach so. Können Sie davon berichten? Oder war Verschwiegenheit
vereinbart?
Schmidt: Bei dem Gespräch ist Kai Wegner mit dem Thema offen umgegangen,
und das weiß ich zu würdigen. Er hat gesagt, dass durch diesen Prozess, so
wie er gelaufen ist, auch durch die Kurzfristigkeit und die Kommunikation,
Vertrauen beschädigt wurde. Deswegen bringt er sich jetzt in den Prozess
ein und will Gespräche führen, die bis Mitte des nächsten Jahres zu
Entscheidungen über die Kultur in 2026 und den nachfolgenden Jahren führen
können. Es soll nicht so sein wie dieses Mal, dass man immer erst in die
Zeitung gucken muss, um zu erfahren, welche Entscheidung einem gerade
betrifft. Er sieht das Problem. Ich rechne ihm hoch an, dass er die Kultur
quasi unter seine Ägide nimmt. Das ist in meinen Augen vielversprechend.
taz: Dann noch mal nachgefragt. Nach diesem Gespräch wird jetzt bei den
anderen Theatern weniger gespart – in Ihrem Haus aber mehr. Das ist doch
[2][gelinde gesagt irritierend]?
Schmidt: Ich verstehe schon, dass der Senat und das Parlament schauen
müssen, welche Häuser mit welchen Entscheidungen in existenzielle Not
geraten. Da gab es ja in der ersten Sparliste durchaus Entscheidungen, die
unbeeindruckt von Sachverstand waren. Insofern kam es zu Festlegungen, die
nun im parlamentarischen Prozess korrigiert werden sollen. Demotivierend
für mich und mein Team ist, dass ein Haus, das sich anstrengt und
wirtschaftlich relativ gut dasteht, sozusagen zur Belohnung jetzt noch
einmal eine Viertelmillion obendrauf gesetzt bekommt.
taz: Wie viel Subventionen bekommen Sie denn vom Senat im Jahr?
Schmidt: 17,3 Millionen Euro. Wenn wir davon ausgehen, dass der Kulturetat
bei etwa einer Milliarde Euro liegt, dann sind das unter 2 Prozent. Und
dass man bei uns immer noch etwas mehr herausquetscht, ist für die
Motivation im Haus schwierig. Man muss aber sagen: Wir kriegen das schon
irgendwie hin. Auch wenn es uns schwer trifft, geraten wir dadurch nicht in
existenzielle Nöte. Wir müssen noch nicht an die Arbeitsplätze ran.
taz: Wo müssen Sie dann ran, wenn nicht ans Personal?
Schmidt: Wir haben das Glück, dass wir mit unserer aktuellen Grandshow
[3][„Falling in Love“] einen Hit gelandet haben. Wir haben daher
außergewöhnlich gute Umsätze. Und das weiß man natürlich im Senat. Insofern
ist das in Ordnung, dass wir deutlich belastet werden. Mein Punkt ist
jedoch, dass in dieser zweiten Runde keinem anderen Theater mehr
Einsparungen auferlegt wurden – außer uns. Aber wir werden das wohl leisten
können aus der Rücklage, die wir durch den Gewinn in diesem Jahr bilden
werden.
taz: Die Rücklagen sind sicher für etwas anderes gedacht, oder?
Schmidt: Diese Rücklagen bräuchten wir eigentlich für schwierigere Zeiten,
die wir durch unseren Produktionsrhythmus regelmäßig haben. Alle zwei Jahre
präsentieren wir eine Show, danach stehen drei Monate mit den Proben für
die neue Show an. Und da gibt es keine Vorstellungen und damit keine
Einnahmen, aber höhere Kosten. Rücklagen sind bei uns also eine gute Sache.
taz: Wie hoch fällt der Gewinn 2024 aus?
Schmidt: Das Jahr läuft noch, das kann man schlecht sagen. Wir werden wohl
bei einem Plus von rund 2,5 Millionen Euro landen. Da gehen noch Steuern
runter und dann landet man schätzungsweise bei 1,6 Millionen – das
entspricht in etwa der alten Einsparsumme.
taz: Damit ist das bei allem Unmut eine recht komfortable Lage. Aber wenn
wir in die nächsten Jahre schauen: Wie blicken Sie in die Zukunft? Mit
einem sicherlich stets ausverkauftem Haus?
Schmidt: Auch wir merken, dass die wirtschaftliche Situation, die reale und
die gefühlte Verteuerung des Lebens, Auswirkungen hat, auch auf den
Tourismus. Das Geld sitzt nicht mehr so locker und dass wir stets
ausverkauft sind, ist daher nicht gesetzt. Deshalb setze ich große
Hoffnungen auf die Gespräche, die Kai Wegner auf den Weg bringen will, um
mit der Kultur zu reden, damit sie mitgenommen, damit unser Sachverstand
gehört wird. Natürlich kann die Politik dann andere Entscheidungen treffen,
aber so hat man immerhin die Möglichkeit, sich zu äußern, bevor entschieden
wird.
taz: Dann wünsche ich Ihnen, dass Ihre Hoffnung nicht enttäuscht wird. Weil
Sie es eben ansprachen, der Friedrichstadt-Palast ist ja ein
[4][Touristenmagnet]. Wie setzt sich Ihr Publikum eigentlich zusammen?
Schmidt: Rund die Hälfte, oder leicht darüber, kommt aus der Stadt und der
Region, der Rest aus ganz Deutschland, und rund 15 Prozent machen
internationale Gäste aus.
taz: Gibt es noch Karten für die Feiertagsvorstellungen, falls unsere
Leser:innen noch ein Geschenk suchen?
Schmidt: Es gibt noch Karten, aber die werden jetzt langsam weniger. Doch
man findet noch in allen Preiskategorien etwas. Und mit einem Gutschein ist
man ja auch immer gut beraten.
taz: Die Show „Falling in Love“ läuft noch wie lange?
Schmidt: Bis Anfang Juli nächsten Jahres.
taz: Dann kommen die drei Monate Schließzeit, während die neue Show
einstudiert wird?
Schmidt: Ja, und ab Ende September 2025 beginnen die Previews und Anfang
Oktober hat die neue Show „Blinded by Delight“ Premiere.
18 Dec 2024
## LINKS
[1] /Sparliste-der-Berliner-Kulturverwaltung/!6055910
[2] /Berliner-Sparliste/!6048322
[3] https://www.palast.berlin/show/falling-in-love/
[4] https://www.visitberlin.de/de
## AUTOREN
Andreas Hergeth
## TAGS
Kürzungen
Sparhaushalt
Berliner Senat
Kulturförderung
Joe Chialo
Kai Wegner
TV-Serien
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Freie Szene
Joe Chialo
Kürzungen
Schwarz-rote Koalition in Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
ZDF-Serie „Der Palast“: Ab jetzt müssen wir Geld verdienen
Aller Anfang nach der DDR war schwer, aber das Ende kann nicht schlecht
sein. Die zweite Staffel von „Der Palast“ lebt von Figuren in der zweiten
Reihe.
Haushaltskürzungen in Berlin: Der Sparhammer baumelt weiter
Trotz Rücknahmen im Umwelt- und Verkehrsbereich: Der BUND sieht in den
Haushaltsbeschlüssen Dilettantismus und Verantwortungslosigkeit.
Sparhaushalt und die Freie Szene: Die große Verunsicherung
Am Donnerstag beschließt die schwarz-rote Mehrheit im Abgeordnetenhaus den
Sparhaushalt. Die Kultur lässt Federn. Die Freie Szene ist stark betroffen.
Sparliste der Berliner Kulturverwaltung: Kreative Buchführung mit Joe Chialo
Teils stümperhaft, teils fehlerhaft: In der 130-Millionen-Euro-Sparliste
der Berliner Senatsverwaltung für Kultur gibt es etliche Ungereimtheiten.
Sparkurs im Berliner Kulturhaushalt: Ohne fachliche Expertise
Arm und unsexy: Berlin macht dem Rest der Republik gerade vor, wie Sparen
in der Kultur auf keinen Fall organisiert werden sollte.
Berliner Sparliste: Erhöht doch die Einnahmen!
Die schwarz-rote Hauptstadtkoalition spart, wo sie kann: Kultur, Verkehr,
Soziales. Das ist für den globalen Standort Berlin ein schlechtes Zeichen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.