# taz.de -- Berlins CDU-Kultursenator Joe Chialo: Eine Spur der Verwüstung | |
> Nachdem er Berlins Kultur demoliert hat, könnte Joe Chialo nun in den | |
> Bund wechseln. Als Willkommensgruß bringt sein Haus noch die Theater auf | |
> die Palme. | |
Bild: Mater of Disaster: Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) bei einer Demon… | |
Es kann schon als Demontage des Kulturstandorts Berlin bezeichnet werden, | |
was die Senatskulturverwaltung derzeit veranstaltet. Erst die | |
unverhältnismäßig hohen Haushaltskürzungen bei der Kulturförderung um 20 | |
Prozent – was immerhin dem Jahresetat von allen drei Opernhäusern oder den | |
fünf großen Stadttheatern plus Konzerthaus entspricht –, nun die Aufregung | |
um die künftige Rechtsform der landeseigenen Theaterbühnen. | |
Schon bei dem großen Streichkonzert für das aktuelle Haushaltsjahr fragte | |
sich die Kulturszene nicht zu Unrecht, ob sich Kultursenator Joe Chialo | |
überhaupt für seinen Bereich einsetzt. Geredet hat der CDU-Politiker und | |
ehemalige Universal-Manager mit den Kulturschaffenden jedenfalls nicht | |
darüber. | |
Das tut er bis heute nicht. Chialo, der als [1][Kulturstaatsminister für | |
die neue Bundesregierung] gehandelt wird, glänzt seit Monaten vor allem | |
durch Abwesenheit. Stattdessen ist es seine Staatssekretärin, die | |
Kulturmanagerin Sarah Wedl-Wilson, die derzeit im Rampenlicht steht. Dass | |
auch sie sich dabei nicht mit Ruhm bekleckert, zeigt die aktuelle | |
Theater-Debatte. | |
Zunächst sorgt Wedl-Wilson mit ihrer Mail an die Leitungen aller vier | |
Schauspielbühnen sowie die Chefs des Berliner Ensembles und der Schaubühne | |
– beides gemeinnützige GmbHs – über einen möglichen Rechtsformwechsel f�… | |
Unruhe. Als die Panik vor einer Privatisierung der landeseigenen Theater | |
allzu groß wird, rudert sie schließlich wieder zurück und bringt die | |
unausgegorene [2][Idee eines Stiftungsmodells] ins Spiel. | |
## Beschäftigte bleiben außen vor | |
Das alles geschieht auch hier wieder, ohne mit den betroffenen | |
Beschäftigten zu reden. Was deren durch die Sparvorgaben ohnehin schon | |
große Unsicherheit noch vergrößert und Ängste vor Entlassungen, | |
Tarifflucht, Lohndumping und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen | |
schürt – und sogar den Berliner Hauptpersonalrat auf den Plan ruft. | |
Da die Kulturverwaltung jedoch alle Gesprächsangebote dieses nicht ganz | |
unwichtigen Gremiums – das immerhin alle 130.000 Landesbeschäftigten | |
vertritt – wie auch der Gewerkschaft ignoriert, blasen die | |
Beschäftigtenvertretungen zum Widerstand gegen die Pläne und laden für den | |
29. April zu einer großen Versammlung in der Volksbühne. | |
Die Ignoranz und mangelnde Kommunikation der Senatskulturverwaltung und | |
allen voran Joe Chialos gegenüber Berlins Kulturschaffenden ist nicht nur | |
ein Schlag ins Gesicht der mehr als 150.000 Berliner*innen, die einen | |
Kulturberuf ausüben – immerhin fast zehn Prozent der Erwerbstätigen. Die | |
Planlosigkeit, mit der hier agiert wird, schadet auch der Kultur insgesamt | |
und damit der ganzen Stadt. | |
Schließlich hat Berlin außer Kultur nicht besonders viel zu bieten – die 13 | |
Millionen Tourist*innen im vergangenen Jahr kamen sicher nicht wegen der | |
guten Currywurst hierher. Wenn also schon über Geld und Kultur geredet | |
wird, sollte man nicht vernachlässigen, dass es sich dabei um einen | |
wichtigen Wirtschaftsfaktor handelt. | |
## „Dialog“ in Hinterzimmern | |
Die Spur der Verwüstung, die Joe Chialo seit seinem Antritt vor gut zwei | |
Jahren hinterlässt und die jahrelange gute Zusammenarbeit zwischen | |
Kulturverwaltung und Kulturszene unter seinem linken Amtsvorgänger Klaus | |
Lederer zunichtemacht, ist auch dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner | |
(CDU) nicht entgangen. | |
Durch seinen „Kulturdialog“ mit den Spitzen der Berliner Bühnen versucht | |
Wegner, der sich gern als kümmernder Landesvater inszeniert, verloren | |
gegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Dass dieser „Dialog“ in | |
Hinterzimmern stattfindet, dürfte dem Ziel freilich nicht gerade dienlich | |
sein. | |
Klar ist: Unter diesen Umständen Vertrauen aufzubauen wird schwierig und | |
geht nicht über Nacht. Ein Anfang wäre, die Kürzungen in der angedachten | |
Höhe, die ohne einen Kahlschlag in Berlins Kultur nicht machbar sind, | |
wieder zurückzunehmen und realistische und nachhaltige Lösungen zu finden, | |
die ja durchaus vorhanden sind. | |
Dann kann sich auch CDU-Mann Wegner als Retter der Kulturhauptstadt feiern, | |
was mit Blick auf die Wahlen in Berlin im kommenden Jahr kein schlechter | |
Schachzug wäre. Was Joe Chialo angeht, ist noch nicht ausgemacht, wo er | |
größeres Unheil anrichten kann – als Kultursenator oder als | |
Kulturstaatsminister. Das werden die [3][Iden des Merz] zeigen. | |
17 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Kuenftige-schwarz-rote-Bundesregierung/!6081261 | |
[2] /Kuerzungen-bei-Berlins-Kultur/!6078995 | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Iden_des_M%C3%A4rz | |
## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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