| # taz.de -- Stiftung für fünf landeseigene Bühnen?: Weg mit der Exceltabelle… | |
| > Die Personalräte der Häuser sind bei den Gesprächen um eine eventuelle | |
| > Stiftung nicht dabei. Ein Unding. Deshalb gab es Personalversammlung samt | |
| > Demo. | |
| Bild: „Wir sind viele, wir sind laut!“, hieß es Dienstag vor der Volksbüh… | |
| Berlin taz | Das güldene Banner an der Fassade über dem Eingang zur | |
| Volksbühne am [1][Rosa-Luxemburg-Platz] glänzt mit der Mittagssonne um die | |
| Wette. „Die Kunst bleibt frei“ steht in Versalien darauf. Es schmückt die | |
| allererste häuserübergreifende Personalversammlung von verschiedenen | |
| Theatern in Berlin. Der Senat, so könnte man sagen, hat sie initiiert, | |
| obwohl die Personalräte der einzelnen Häuser bei dieser Angelegenheit | |
| eigentlich außen vor bleiben sollten. Hat aber nicht geklappt. | |
| Am Dienstagmittag diskutieren Hunderte Mitarbeiter:innen von fünf | |
| landeseigenen Häusern nichts weniger als ihre Zukunft. Denn die ist in | |
| Gefahr. Darauf macht eine bunte wie lautstarke Kundgebung vor der | |
| Volksbühne mit kurzen Reden von Vertreter:innen der betroffenen Häuser | |
| und solidarischen Grußadressen von Berliner Ensemble und Schaubühne und der | |
| Freien Szene aufmerksam. | |
| Moderator Konstantin Kohl von Verdi setzte zur Begrüßung den kämpferischen | |
| Ton: „Nein zur Ausgliederung der Berliner Landesbühnen! Theater gehören den | |
| Berliner:innen und deshalb in die öffentliche Hand und nicht in die | |
| Logik der Märkte!“ | |
| Aus Fünf mach Eins: Mit dieser Formel lassen sich Bestrebungen seitens des | |
| Senats zusammenzufassen, Volksbühne, Gorki-Theater, Deutsches Theater, | |
| Theater an der Parkaue und Konzerthaus in eine gemeinsame Stiftung | |
| öffentlichen Rechts nach dem Vorbild der Stiftung Oper in Berlin zu | |
| überführen. | |
| ## Eine Stiftung für fünf Häuser | |
| Eine Stiftung für fünf Häuser: Das würde – analog zur [2][Stiftung Oper] … | |
| bedeuten, unter anderem die bislang autark existierenden Verwaltungen und | |
| Werkstätten zusammenzuführen. Die Vorstellung sorgt für enormen | |
| Diskussionsbedarf. Für die Versammlung der fünf betroffenen Häuser wurden | |
| die Proben für zwei Stunden unterbrochen. Eingeladen waren der Regierende | |
| Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die Kulturstaatssekretärin Sarah | |
| Wedl-Wilson. Letztere nahm die Einladung an. | |
| Wegner und Wedl-Wilson führen seit einigen Wochen Gespräche mit den | |
| Intendanzen der Häuser – [3][gewissermaßen hinter den Kulissen], denn es | |
| wurde Stillschweigen über diesen „Kulturdialog“ genannten Austausch | |
| vereinbart. Ein zweites Treffen fand dem Vernehmen nach am 11. April statt, | |
| für Mitte Juni soll die nächste Runde geplant sein. Wegner und Wedl-Wilson | |
| haben dabei die Federführung seitens des Senats übernommen, der eigentlich | |
| zuständige Kultursenator Joe Chialo (CDU) blieb außen vor. | |
| Rechtlich gesehen müssten bei einer Umstrukturierung der landeseigenen | |
| Theater die jeweiligen Personalräte von Anfang an mit einbezogen werden. | |
| Dies sei bislang nicht geschehen, kritisierte Daniela Ortmann vom Berliner | |
| Hauptpersonalrat, der die 130.000 Landesbeschäftigten vertritt, im Vorfeld | |
| der Versammlung. Sie überbrachte „solidarische Grüße“ und sagte, dass das | |
| Gremium beschossen hat, „eisern jede Form von Ausgründung oder | |
| Benachteiligung aller Beschäftigten zu verhindern“. Die Auskünfte der | |
| Kulturstaatssekretärin „könnten niemanden zufrieden stellen“, formulierte | |
| sie es diplomatisch – und forderte mehr Informationen ein. | |
| Diplomatisch ist Elisabeth Zumpe nicht, die als Souffleuse an der | |
| Volksbühne arbeitet. Sie sagt: „Wir hatten einen konstruktiven Austausch, | |
| der allerdings sehr einseitig blieb. Die Kulturstaatssekretärin konnte uns | |
| nichts Konkretes sagen beziehungsweise sah auch überhaupt nicht ein, dass | |
| sie uns bisher überhaupt nicht einbezogen hat. Unsere Personalversammlung | |
| war das erste Mal, dass wir in einen Dialog gekommen sind, nichtsdestotrotz | |
| blieben all unsere Fragen mehr oder mindern unbeantwortet.“ | |
| ## „Es geht wohl eher um Kontrolle als um Sparen“ | |
| Die Idee mit der Stiftung kommt im Gorki-Theater „sehr schlecht an“, sagt | |
| Philipp Friesel vom Personalrat des Theaters am Rande der Kundgebung der | |
| taz. Vor allem die Aussicht auf Haustarife, der damit einhergehende | |
| Austritt aus dem Tarifvertrag und damit auf Lohnverzicht würden viele vor | |
| den Kopf stoßen. Auch weil die Gehälter an den landeseigenen Theater eine | |
| Orientierung für alle anderen Theater und auch die Freie Szene darstellen. | |
| „Wenn wir nach unten trudeln, trudelt auch der Rest nach unten.“ Und ob | |
| Theater mit einer Stiftung am Ende günstiger zu haben ist? „Das ist | |
| Augenwischerei“, sagt Friesel, „es geht wohl eher um Kontrolle als um | |
| Sparen.“ | |
| Klaus Lederer war auch da, eingeladen von Verdi. Der ehemalige | |
| Kultursenator der Linken hielt wie gewohnt eine zündende Rede (auch die | |
| längste). „Mit der Zeit, und davon bleibt uns nicht viel“, sagte er, | |
| „müssen wir ein paar mehr werden. Und wir müssen dafür sorgen, dass die | |
| Politik zurückkehrt in die Haushaltsplanaufstellung des Landes Berlin“. Er | |
| forderte ein Ende der Exceltabellen-Mentalität und einen echten Dialog. | |
| Eine alternative Rechtsform für die fünf landeseigenen Einrichtungen, weil | |
| das Land Berlin knapp bei Kasse ist. Ist das der Weisheit letzter Schluss? | |
| Daniel Wesener hat dem widersprochen. Der Sprecher für Kulturfinanzierung | |
| der Grünen-Fraktion begrüßt zwar, dass der Regierende Bürgermeister mit dem | |
| Kulturdialog „einen Ausweg aus der selbst verschuldeten Krise sucht“. Doch | |
| wenn er sein Versprechen einhalten wolle, dass keine große | |
| Kultureinrichtung ihre Pforten schließen muss, führe kein Weg an einer | |
| deutlichen Reduzierung der Kürzungsvorgaben vorbei, sagte Wesener unlängst | |
| der taz. | |
| ## „Keinerlei echte Einspareffekte“ | |
| Dass die CDU stattdessen eine Diskussion über die Rechtsform der | |
| landeseigenen Theaterbetriebe vom Zaun breche, sei „fachlich völlig | |
| abwegig, aber auch politisch dumm“. Denn „damit lassen sich keinerlei echte | |
| Einspareffekte erzielen, vielmehr kostet die Überführung in privatrechtlich | |
| organisierte Landesunternehmen zunächst einmal mehr Geld.“ | |
| Wesener mahnt zudem an, dass es sich bei dem betroffenen Personal um | |
| Landesbeschäftigte handelt, die ein Recht darauf hätten, „dass der Senat | |
| nicht länger nur über sie redet, sondern auch endlich mit ihnen“. | |
| Von „Atemnot der Kunstszene in der deutschen Hauptstadt“ sprach denn auch | |
| Cécile Schortmann in der [4][„Kulturzeit“ am Donnerstag letzter Woche] | |
| einen Beitrag anmoderierend, der sich mit den Einsparungen in der Berliner | |
| Kulturlandschaft beschäftigt. Das werktägliche Kulturmagazin auf 3sat | |
| machte einen Abstecher in die Werkstätten der Volksbühne in der Thulestraße | |
| in Pankow, ein Betrieb des Landes, hier arbeiten 24 Menschen. Die | |
| Volksbühne ist berühmt für ihre oft riesigen, verrückten und meist | |
| aufwändigen Bühnenbilder. Sie sind mehr als bloße Ausstattung, sie sind | |
| „elementarer Bestandteil des Gesamtkunstwerkes“ heißt es ganz richtig in | |
| dem Beitrag. | |
| Zu Wort kommt auch der Leiter der Werkstatt, Stefan Möllers, der natürlich | |
| am liebsten autonom bleiben möchte, zum Sparen aber bereit ist. „Wir sind | |
| Teil des Hauses, ganz und gar“, sagt er, „ein Teil des Organismus.“ Die | |
| Volksbühne ohne die eigene Werkstatt? Das wäre für das Haus „eine | |
| schmerzhafte, deutliche Amputation“. | |
| Matthias Lilienthal sieht das auch so und hat Vorschläge für Einspareffekte | |
| parat. Er könnte sich vorstellen, sagt er in dem TV-Beitrag, die Struktur | |
| zu verschlanken, über das Einwerben von Drittmitteln nachzudenken, über | |
| Sponsoring, und auch über einen das Theater unterstützenden Förderverein. | |
| 29 Apr 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.volksbuehne.berlin/#/de/spielplan | |
| [2] https://www.oper-in-berlin.de/de/stiftung/ueber-uns/ | |
| [3] /Kuerzungen-bei-Berlins-Kultur/!6078995 | |
| [4] https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/sudan-ein-voelkermord-und-niemand-sie… | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hergeth | |
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