| # taz.de -- Kulturelle Teilhabe in der Diskussion: „Wie wenig Kultur können … | |
| > Die Kulturbranche hat bei vielen einen exklusiven Ruf. Gemeinsam mit | |
| > Expert:innen will die Berliner Linken-Fraktion das ändern. | |
| Bild: Die Berliner Kulturszene will mehr Menschen erreichen | |
| Berlin taz | „Wie wenig Kultur können wir uns denn leisten?“, fragt Vera | |
| Allmanritter vom Institut für kulturelle Teilhabeforschung am | |
| Dienstagvormittag bei einem Fachgespräch der Linken-Fraktion in Berlin. Sie | |
| spielt damit auf die [1][Kürzungen] an, die der Berliner Kulturszene in | |
| Anbetracht der misslichen Haushaltslage drohen. Formate wie der | |
| Kinderkulturmonat, Querklang oder das Jugendsprungbrett Kultur mussten | |
| bereits weichen. | |
| An diesem Tag geht es aber um weitaus mehr – darum, wie man die | |
| Kulturbranche für alle öffnen kann. Unter dem Motto „Kulturelle Teilhabe: | |
| eine Frage der Gerechtigkeit, ein nicht eingelöstes Versprechen“ wurden | |
| Kulturschaffende aus verschiedenen Bereichen ins Abgeordnetenhaus | |
| eingeladen. Die Politikwissenschaftlerin Vera Allmanritter ist eine von | |
| drei Expertinnen, die das Gespräch mit Evidenz untermauert. | |
| Ihre Zahlen zeigen den Ist-Zustand: Fast alle Berliner:innen würden | |
| Kulturangebote besuchen, schließlich gäbe es ja auch ein riesiges Angebot. | |
| Zumindest, wenn man den Kulturbegriff, so wie Allmanritter, weit fasst. Für | |
| sie zählen etwa Clubs zur Kulturszene, für andere in der Runde gehören | |
| selbst Parks dazu. Wenn man den Begriff aber auf „[2][Hochkultur]“ | |
| beschränkt, dann empfinden etwa 30 Prozent der Bevölkerung diese als „nicht | |
| für Menschen wie mich“. | |
| ## Kulturelle Bildung ist entscheidend | |
| Die meisten wenden sich von der Kultur ab, weil sie zu wenig Zeit, zu wenig | |
| Geld oder zu wenige Angebote nach ihrem Geschmack in der Nähe haben. | |
| Marketingmaßnahmen würden diese Verlorenen größtenteils gar nicht mehr | |
| erreichen, sondern nur das Stammpublikum. | |
| Zudem konkurriert Kultur mit anderen Freizeitangeboten. Während der | |
| Covid19-Pandemie mussten sich viele Berliner:innen ein anderes Hobby | |
| suchen, bis heute bleiben davon starke Umgewöhnungs- und | |
| Entwöhnungseffekte. Auch die Erwartungen der Menschen haben sich geändert, | |
| berichtet Allmanritter. Beispielsweise steigt das Verlangen nach | |
| Mitbestimmung. | |
| Natürlich ist die Antwort darauf, warum manche sich so ausgeschlossen | |
| fühlen, aber viel komplizierter als das. Viele Faktoren haben einen | |
| möglichen Einfluss auf das kulturelle Interesse. Darunter Bildung, Wohnort, | |
| Barrieren oder die generellen Lebensumstände. Entscheidend sei insbesondere | |
| die kulturelle Bildung, sagt Allmanritter. Wer als Kind oder | |
| Jugendliche:r positive Erfahrungen mit Kultur sammelt, ist auch im | |
| Erwachsenenalter empfänglicher dafür. | |
| In Berlin sei die Zusammenarbeit zwischen Kultur und Bildung ausbaufähig, | |
| sagt die Politikwissenschaftlerin. Es fehle an einem strategischen Ziel. | |
| „Es braucht einen Kulturwandel“, sagt Allmanritter. Sie rät zu | |
| evidenzbasierter Arbeit, also: Statistiken kennen und nach ihnen handeln. | |
| ## Fehlende Barrierefreiheit | |
| In der offenen Diskussion des Fachgesprächs wird klar, dass das Thema viele | |
| Kulturschaffende umtreibt. Charlotte Bartesch vom FELD Theater für junges | |
| Publikum in Tempelhof-Schöneberg kritisiert die fehlende Barrierefreiheit, | |
| etwa für taube und gehörlose Kinder. Das liege auch daran, dass es wegen | |
| des exklusiven Ausbildungszugangs kaum taube Künstler:innen gebe. | |
| „Repräsentation und Identifikation sind extrem wichtig“, sagt Bartesch. | |
| Es gibt so viele offene Probleme, dass dieser Text nicht mal im Ansatz | |
| dafür ausreicht. Einig sind sich die Anwesenden aber in zwei Punkten: Es | |
| braucht eine langfristige [3][Förderung] und mehr Zusammenarbeit mit | |
| Betroffenen. | |
| 16 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kuerzungen-bei-Berlins-Kultur/!6078995 | |
| [2] /Berliner-Clubszene/!5727462 | |
| [3] /Kuerzungen-im-Berliner-Haushalt/!6054378 | |
| ## AUTOREN | |
| Lea Knies | |
| ## TAGS | |
| Hochkultur | |
| Die Linke | |
| Abgeordnetenhaus | |
| Hochkultur | |
| Kulturpolitik | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Kolumne Diskurspogo | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kulturelle Teilhabe: Miteinander statt übereinander reden | |
| Hochkultur schließt viele Menschen aus. Der Begriff sollte geweitet und der | |
| Zugang geöffnet werden. | |
| Kürzungen bei Berlins Kultur: Angst hinter den Kulissen | |
| Der Senat will die landeseigenen Theater ausgliedern, um Geld zu sparen. | |
| Das könnte fatale Konsequenzen haben. Die Pläne stoßen zunehmend auf | |
| Kritik. | |
| Kürzungen im Berliner Haushalt: Kultur vor dem Aus | |
| Berlin will drei Milliarden Euro einsparen. Eine riesige Kulturszene bangt | |
| gemeinsam mit Jugendclubs und anderen um ihre Existenz. Fünf Betroffene | |
| berichten. | |
| Ausschluss von Migrant*innen: Ein Senat, der Berlin und seine Kultur nicht mag | |
| Ausgerechnet bei der Diversitätsförderung in der Kultur wird nun | |
| gestrichen. Gebildete Migrant*innen im Theaterfoyer passen nicht ins | |
| Bild der CDU. |