# taz.de -- Konflikte in Ex-Sowjetrepubliken: Bald Moldau und Georgien? | |
> Russlands Angriff auf die Ukraine wirft ein Schlaglicht auf weitere | |
> Konflikte in der Ex-Sowjetunion. Der Westen sollte sie endlich ernst | |
> nehmen. | |
Bild: Schon den nächsten Angriff im Blick? Putin bei einem russisch-belarussis… | |
Es ist nicht zu fassen: Da wird die Ukraine, ein Land mitten in Europa, auf | |
Befehl von Russlands Präsidenten Wladimir Putin gerade in Grund und Boden | |
gebombt. Gleichzeitig ergehen sich [1][Expert*innen in Analysen | |
darüber], dass Kiew noch Lichtjahre von einer EU-Mitgliedschaft entfernt | |
sei. | |
Wer so daherredet, hat den letzten Schuss nicht gehört, der in der Ukraine | |
leider noch längst nicht gefallen ist. Dem ukrainischen Präsidenten | |
Wolodymyr Selenski, der nach seiner Wahl 2019 vielfach noch als Witzfigur | |
belächelt wurde und derzeit über sich hinauswächst, kann man einiges | |
vorwerfen – doch Blauäugigkeit sicher nicht. | |
Wenn Selenski, wie in dieser Woche geschehen, den Antrag auf einen Beitritt | |
seines Landes zur EU stellt, weiß er nur zu gut, dass sein Ansinnen | |
unrealistisch ist. Doch seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges | |
steht [2][die Existenz der Ukraine auf dem Spiel]. Da lautet die Botschaft: | |
Seht her, wir gehören zu euch. Wir verteidigen nicht nur unser Land und | |
unsere Freiheit, sondern auch die Werte Europas. Wollte jemand daran | |
zweifeln angesichts der Bilder, wie sich wehrlose Ukrainer*innen | |
russischen Panzern in den Weg stellen? Wohl wissend, dass sie dafür einen | |
Preis zahlen, dessen Höhe noch gar nicht abzuschätzen ist. | |
Nur noch einmal zur Erinnerung: 2013 war es die Weigerung des damaligen | |
Präsidenten [3][Wiktor Janukowitsch], das Assoziierungsabkommen mit der EU | |
zu unterzeichnen, die die „Revolution der Würde“ auslöste und über Hunde… | |
Ukrainer*innen das Leben kostete. Wobei die Mär, der Westen habe Kiew | |
mit dem Abkommen vor die Wahl zwischen Brüssel und Russland gestellt, noch | |
immer in vielen Köpfen herumgeistert. | |
Den Feldzug Moskaus vor Augen sind jetzt auch Georgien und die Republik | |
Moldau, die ebenfalls Assoziierungsabkommen abgeschlossen haben, in Brüssel | |
mit einem Aufnahmeantrag vorstellig geworden. Dies ist ein verzweifelter | |
Hilferuf, den es ernst zu nehmen gilt. Denn Befürchtungen, Wladimir Putins | |
„Spezialoperation“ in der Ukraine könnte nicht sein letzter militärischer | |
Amoklauf auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gewesen sein, sind | |
begründet. | |
In der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien sind rund 1.500 | |
russische Soldaten, sogenannte Friedenstruppen, stationiert. Sie „bewachen“ | |
Osteuropas größtes Munitionsdepot in Cobasna, nur zwei Kilometer von der | |
Grenze zur Ukraine entfernt. An die rund 450.000 Einwohner*innen | |
Transnistriens wurden seit 2002 rund 200.000 russische Pässe verteilt. | |
Klingelt da etwas? Auch in der Ostukraine „muss“ Moskau ja seine | |
unterdrückten russischen Landsleute vor schweren Menschenrechtsverletzungen | |
schützen. Die moldauische Staatspräsidentin Maia Sandu ist stramm auf | |
Westkurs. Im vergangenen Januar verhängte Chişinău den Energienotstand, | |
weil Russland gedroht hatte, die Gaslieferungen einzustellen. Doch bei | |
dieser Art Druck muss es nicht bleiben. | |
## Alarmstufe Rot in Georgien | |
Auch in Georgien herrscht Alarmstufe Rot. Moskau hat Südossetien, das de | |
facto der Kontrolle von Tiflis entzogen ist, mit eigener Truppenpräsenz zu | |
einer militärischen Festung ausgebaut. Müßig zu erwähnen, dass das der mit | |
der EU ausgehandelten Friedensvereinbarung nach dem russisch-georgischen | |
Krieg 2008 klar widerspricht. | |
Doch damit nicht genug. Die Grenze verschiebt sich weiter nach Georgien | |
hinein (Borderisation). Festnahmen wegen Überschreitens dieser „Grenze“ | |
sind an der Tagesordnung. Das alles vollzieht sich unter dem wachsamen | |
Blick einer europäischen Beobachter*innenmission (EUMM), die dem | |
Geschehen nur tatenlos zusehen kann. Wen wundert es da, dass rund 70 | |
Prozent der Bevölkerung für einen Nato-Beitritt sind. | |
Derzeit sind alle Augen auf die Ukraine gerichtet – zu Recht. Doch der | |
Blick muss weiter reichen. Sowohl in Transnistrien als auch in Südossetien | |
lagern tickende Zeitbomben. Sie könnten gezündet werden. Aber dann sage | |
niemand, man habe das nicht voraussehen können. | |
4 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Ukraine-fordert-EU-Beitritt/!5838483 | |
[2] /Eine-Woche-nach-russischer-Invasion/!5835686 | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Wiktor_Janukowytsch | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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