# taz.de -- Moldaus Premierin über Ukraine-Krieg: „Ernsthafte Herausforderun… | |
> Regierungschefin Natalia Gavrilita fordert vom Westen finanzielle | |
> Unterstützung, um Flüchtlingen aus der Ukraine noch besser helfen zu | |
> können. | |
Bild: Ankunft ukrainischer Flüchtlinge aus der Republik Moldau auf dem Frankfu… | |
taz: Frau Gavrilita, Moldau ist als kleines Nachbarland der Ukraine vom | |
Krieg besonders betroffen. Wie geht es Ihrem Land? | |
Natalia Gavrilita: Seit Beginn des Krieges sind etwa eine Viertelmillion | |
Menschen aus der Ukraine nach Moldawien gekommen. [1][Die Republik Moldau] | |
hat nur 2,6 Millionen Einwohner. Der Zustrom von Flüchtlingen hat die | |
ohnehin schon großen Herausforderungen noch vergrößert: Pandemie, | |
Energiekrise, zweistellige Inflation und ein schwaches institutionelles | |
Umfeld, das durch jahrelange politische Instabilität verursacht wurde. Aber | |
ich bin stolz auf die außerordentliche Mobilisierung der moldauischen | |
Gesellschaft nach Kriegsbeginn – Tausende von Freiwilligen haben den aus | |
der Ukraine kommenden Menschen jede erdenkliche Hilfe angeboten. | |
Der Hafen von Odessa, das wichtigste Tor zur Republik Moldau, ist nicht | |
funktionsfähig, so dass das Land keine Produkte über die traditionellen | |
Routen einführen kann. Was heißt das für Sie? | |
Die anhaltende russische Invasion in der Ukraine stellt unsere Lieferketten | |
vor ernsthafte logistische Herausforderungen, und wir müssen bestimmte | |
Waren möglicherweise aus anderen Ländern beziehen als vor dem Krieg. | |
Deshalb ist es wichtig, dass die Europäische Union uns bei der Einfuhr von | |
Produkten aus anderen Ländern unterstützt und dafür europäische Häfen wie | |
den Hafen von Constanta nutzt. Es ist auch wichtig, unseren Produzenten zu | |
helfen, mehr in die EU zu exportieren und die Liste der Produkte, die gemäß | |
dem Assoziationsabkommen exportiert werden können, wesentlich zu erweitern. | |
Sollte die EU sonst noch etwas tun? | |
Um ganz offen zu sein: Wir brauchen eine sehr flexible und umfassende | |
direkte finanzielle Unterstützung, insbesondere in Form von Zuschüssen und | |
Budgethilfe. Natürlich sind wir verpflichtet, jede Hilfe nach den höchsten | |
Transparenzstandards zu verwenden. Wir haben von der EU und den | |
Mitgliedstaaten – wie auch von den Vereinigten Staaten – nachdrückliche | |
Botschaften der Unterstützung erhalten. Wir sprechen auch mit dem IWF, der | |
EU und anderen Partnern über den weitergehenden Finanzierungsbedarf zur | |
Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Krieges in der | |
Ukraine. | |
Gibt es etwas, was Sie speziell von der deutschen Regierung erwarten? | |
Es wäre eine große Hilfe, wenn weitere EU-Mitgliedsstaaten bereit wären, | |
[2][Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen, die sich derzeit in Moldau | |
befinden]. Diese Umverteilung würde uns eine gewisse Atempause verschaffen | |
und es uns ermöglichen, uns gut um die in Moldau verbliebenen Flüchtlinge | |
zu kümmern. | |
Auch die Separatisten in Transnistrien erneut ihre Unabhängigkeit erklärt. | |
War das Strategie? | |
[3][Die Region Transnistrien] strebt seit 30 Jahren nach Unabhängigkeit, | |
und solche Erklärungen wurden bereits früher abgegeben, als die Republik | |
Moldau verschiedenen europäischen Gremien beitrat oder auf ihrem | |
europäischen Weg voran kam. Die Mehrheit der moldauischen Bevölkerung will | |
die EU-Integration vorantreiben. Unser Ziel ist es, dass die Republik | |
Moldau ein vollwertiges EU-Mitglied wird, auch mit der Region | |
Transnistrien, und so Wohlstand und den Schutz der Freiheiten und Rechte | |
aller Bürger gewährleistet. | |
Der Krieg in der Ukraine k ö nnte die Lage in Transnistrien eskalieren | |
lassen. Sehen Sie eine Chance, das Problem langfristig zu l ö sen? | |
Bisher ist die Lage in der Region Transnistrien stabil, und wir alle | |
hoffen, dass dies auch so bleiben wird. Unsere Position bleibt unverändert: | |
Jede Lösung muss unsere territoriale Integrität in vollem Umfang | |
respektieren. Und natürlich sind wir weiterhin bereit, konkrete Schritte zu | |
erörtern, um das Vertrauen zwischen den beiden Ufern des Dnjestr zu | |
stärken. | |
W ürde sich die Situation verschlimmern, wenn Russland Odessa angreift? | |
Ich hoffe aufrichtig, dass ein solches Szenario nicht eintritt. Da Odessa | |
in unmittelbarer Nähe zu unserer Grenze liegt, müssten wir wahrscheinlich | |
mit einem stärkeren Zustrom von Schutzsuchenden rechnen, was unsere ohnehin | |
schon überlasteten Kapazitäten weiter belasten würde. | |
2 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sergio Matalucci | |
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