| # taz.de -- Kommentar Femizide in Deutschland: Gewalt gegen Frauen hat System | |
| > Frauen müssen Angst um ihr Leben haben, weil sie Frauen sind. Die | |
| > Verharmlosung häuslicher Gewalt muss aufhören und ihre Aufklärung | |
| > einsetzen. | |
| Bild: Beratungsstellen und Hilfetelefone müssen ausgebaut werden | |
| Sechs Männer vergewaltigen und [1][foltern in Indien eine Studentin in | |
| einem Bus], sie stirbt an ihren inneren Verletzungen. Bei Demonstrationen | |
| auf dem Tahrirplatz im [2][ägyptischen Kairo werden Frauen umringt], von | |
| der Gruppe getrennt und vergewaltigt. Die 15 Jahre alte Mia aus Kandel wird | |
| von ihrem Ex-Freund aus Afghanistan ermordet. All das sind Fälle von Gewalt | |
| gegen Frauen, die in deutschen Medien skandalisiert werden – zu Recht. | |
| Nicht skandalisiert wird, dass in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau | |
| umgebracht wird, in den meisten Fällen von ihrem eigenen deutschen Mann. | |
| Nicht skandalisiert wird, dass die Anzahl von Frauen, die verprügelt, | |
| verbrüht, gewürgt werden, deren Kiefer gebrochen und auf die geschossen | |
| wird, in Partnerschaften mit deutschen Männern bei rund 77.000 angezeigten | |
| Fällen jährlich liegt – und die Dunkelziffer liegt viermal so hoch. | |
| Nicht skandalisiert wird, dass [3][jede dritte Frau in Deutschland] | |
| zwischen 16 und 85 Jahren körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt hat, | |
| die meisten davon durch deutsche Täter. | |
| Gewalt gegen Frauen und Femizide – das betrifft immer nur die anderen. Aus | |
| einer kulturell scheinbar überlegenen Position heraus ist es hierzulande | |
| kaum Thema, dass die physische und psychische Gesundheit und die Rechte von | |
| Frauen so massiv verletzt werden. Vielleicht passiert mal eine | |
| „Beziehungstat“, eine „Familientragödie“ oder ein „Eifersuchtsdrama�… | |
| privaten Schlafzimmer – aber das nur, weil der Täter so darunter litt, dass | |
| seine Frau ihn verlassen wollte. Als Frauenmord wird das nicht bezeichnet. | |
| ## Endlich umfassend aufklären | |
| Gewalt ist ein Mittel, um Frauen zu kontrollieren. Dass die Taten deutscher | |
| Männer verharmlost werden, liegt daran, dass sie es sind, die hegemoniale | |
| Macht haben. Das Wort einer Frau kommt nicht an gegen das des | |
| Chefredakteurs oder des Wirtschaftsbosses. Denn das Bild, das diese Männer | |
| von sich zeichnen, ist keines, in dem sie ihre Frauen zusammenschlagen. | |
| Doch sie tun es, wie die Kriminalstatistik deutlich zeigt. | |
| Auch weil diese Taten medial kaum interessieren, sind Strukturen, die sie | |
| auffangen, eklatant unterfinanziert. [4][350 Frauenhäuser kennen keine | |
| andere Situation], als ausgebucht zu sein. Und das Papier, das die | |
| Bundesrepublik im Rahmen der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen zu | |
| Prävention, Schutz der Opfer und Bestrafung der Täter verpflichtet, ist | |
| geduldig. | |
| Über Gewalt muss endlich umfassend aufgeklärt, Beratungsstellen wie | |
| Hilfetelefone müssen ausgebaut – und die Täter müssen bestraft werden. Dass | |
| Frauen Angst um ihr Leben haben, weil sie Frauen sind, ist Alltag im | |
| Deutschland des Jahres 2018. Es ist der Schmerz jeder Einzelnen – aber die | |
| Gewalt hat System. Und sie muss endlich zum Skandal werden. | |
| 20 Nov 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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