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# taz.de -- Femizide in Österreich: Erst pöbeln, dann morden
> Der als „Bierwirt“ bekannte Mann hatte einst die Politikerin Sigrid
> Maurer sexuell belästigt. Nun hat er mutmaßlich seine Noch-Partnerin
> getötet.
Bild: Sigrid Maurer bei einer Pressekonferenz im März. Sie zeigte sich nach de…
Wien taz | Tatort: ein Gemeindebau in Wiens 20. Bezirk Brigittenau.
Donnerstag gegen 20 Uhr überwältigten Beamte der Polizei-Sondereinheit WEGA
einen volltrunkenen Mann, der im Hof mit einer Pistole hantierte. In einer
Wohnung des weitläufigen Baus rang eine 35-jährige Frau nach einem
Kopfschuss mit dem Tod. Wenige Stunden später starb sie im Krankenhaus. Der
mutmaßliche Täter: ein Mann, der als „Bierwirt“ eine gewisse Bekanntheit
erlangt hat.
Der 42-jährige Wiener, der ein Craftbeer-Lokal betreibt, focht jahrelang
einen [1][Rechtsstreit mit der Fraktionschefin der Grünen, Sigrid Maurer],
aus. Sie war auf ihrem Weg zur Arbeit immer wieder von Männern, die vor dem
Lokal ihre Bierkrüge stemmten, verbal belästigt worden. Eines Tages erhielt
sie über Facebook Botschaften aus der Kneipe, die den Gewaltfantasien eines
sexuell Frustrierten entsprungen sein mussten. Als sie diese öffentlich
machte, wurde sie vom Bierwirt verklagt: üble Nachrede. Nach längerem Hin
und Her vor dem Wiener Landesgericht [2][zog er schließlich seine Klage
zurück].
Der Mann, der der Öffentlichkeit seit dieser Affäre als „Bierwirt“ bekannt
ist, soll jetzt seine ehemalige Lebensgefährtin vor den Augen ihrer zwei
Kinder und ihrer Mutter erschossen haben. Die Frau, die vor Gericht noch
ein tadelloses Leumundszeugnis für ihn abgeben hatte, wollte ihn offenbar
endgültig verlassen.
Sigrid Maurer reagierte betroffen: „Wir kennen die Mechanismen hinter der
Gewalt: Frauenverachtung, Unfähigkeit, Konflikte zu lösen, die Wahrnehmung,
Männer wären Frauen übergeordnet“. Vor Gericht hatte der Mann das Reden
seinem Anwalt überlassen. Reue war ihm nicht anzumerken.
## Der gekränkte Mann
In den bestürzten Analysen des jüngsten Frauenmordes ist viel von toxischer
Männlichkeit die Rede. „Männer werden immer kränkbarer, dünnhäutiger, und
sie können diese Gefühle nicht ansprechen. Damit kocht und wuchert die
Aggression innerlich weiter“, sagt der Psychologe Reinhard Haller im
[3][Kurier]. Der Narzissmus sei früher eine Sünde gewesen: „Heute wird er
zum Lebensideal. Trump hat es vorgelebt. Doch dazu gehört eben auch die
Kränkbarkeit, die dann zur Achillesferse wird.“
In der Tat kann man bei den bisher neun [4][Femiziden] in Österreich seit
Jahresbeginn ein Muster verfolgen: gekränkter Mann will die Trennung seiner
Frau/Freundin/Lebensgefährtin nicht hinnehmen und bringt sie um. Neun
Frauen sind bisher nach diesem Muster ermordet worden. Die meisten Täter
haben sich gestellt. Einer hat die Frau in ihrem Zeitungskiosk mit Benzin
übergossen und angezündet. Dann verschloss er die Tür und warf den
Schlüssel weg. Die Frau starb vier Wochen später an ihren schweren
Verbrennungen.
Unter den bisherigen Tätern finden sich Zuwanderer genauso wie autochthone
Österreicher. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), die bisher wenig für den
Schutz von Frauen geleistet hat, will jetzt einen Gipfel gegen Gewalt gegen
Frauen einberufen.
2 May 2021
## LINKS
[1] /Der-Fall-Sigi-Maurer-in-Oesterreich/!5538486
[2] /Urteil-gegen-Sigi-Maurer-aufgehoben/!5580311
[3] https://kurier.at/chronik/oesterreich/haller-maenner-betteln-flehen-drohen-…
[4] /Sexualisierte-Gewalt/!5754805
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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