| # taz.de -- Der Fall Sigi Maurer in Österreich: Belästigt, verklagt und verur… | |
| > Die Ex-Abgeordnete der Grünen, Sigrid Maurer, wehrte sich öffentlich | |
| > gegen sexuelle Belästigung. Nun wurde sie der üblen Nachrede verurteilt. | |
| Bild: Schuldig der üblen Nachrede: Sigi Maurer | |
| Wien taz | Schuldig der üblen Nachrede. Das ist das Urteil, das am Dienstag | |
| gegen die ehemalige österreichischen Grünen-Abgeordnete Sigrid Maurer | |
| erging. Angewandt wurde das Mediengesetz, da der Nachrichtendienst Twitter | |
| als Medium gilt und sich an eine größere Öffentlichkeit richtet. Deswegen | |
| warf der Richter der Beschuldigten „Verstoß gegen die journalistische | |
| Sorgfaltspflicht“ vor. Sie hätte den Mann kontaktieren müssen, bevor sie | |
| ihn öffentlich bloß stellte. Maurer wurde zu einer Geldstrafe von 3.000 | |
| Euro verurteilt, muss für erlittene Kränkung weitere 4.000 Euro an den | |
| Kläger zahlen und die Kosten des Verfahrens übernehmen. | |
| Die 33-jährige Maurer hatte einen Lokalbesitzer via Twitter als Autor | |
| aggressiver und sexistischer Mails bezeichnet. Kläger ist der Betreiber | |
| eines Craftbeer-Lokals in Wien, an dessen Pforte die ehemalige | |
| Bildungssprecherin der Grünen auf dem Weg zur Arbeit häufig vorbeigekommen | |
| war. Dort sei sie wiederholt von Männern sexistisch angesprochen worden. Am | |
| 29. Mai habe sie dann über den Messenger-Dienst des Facebook-Accounts des | |
| Biergeschäfts zwei Mails bekommen. „Hallo, du bist heute bei mir beim | |
| Geschäft vorbeigegangen und hast meinen Schwanz angeguckt als wolltest du | |
| ihn essen“, begann das eine. Wenig später folgte eines, das sie als | |
| „dreckige kleine Bitch“ ansprach. | |
| Maurer war überzeugt, dass der Betreiber des Lokals die Nachrichten | |
| abgeschickt hatte und warnte auf Twitter vor einem Besuch des Lokals. Der | |
| Betreiber sah sich zu unrecht beschuldigt. Den Computer hätte jeder | |
| Besucher nutzen können. Da Maurer nicht zweifelsfrei nachweisen konnte, | |
| dass er der Autor der Botschaften gewesen ist, entschied der Richter gegen | |
| sie. Zu einem angeblichen Gewinnentgang von 20.000 Euro infolge der | |
| Verleumdung wurde der Kläger auf den Zivilrechtsweg verwiesen. | |
| Maurer zeigte sich zunächst „sehr erschüttert“. Sie habe nicht mit einer | |
| Verurteilung gerechnet und ging in Berufung: „Es ist völlig eindeutig, dass | |
| er es gewesen sein muss.“ Auch der Lokalbesitzer gab sich nicht zufrieden. | |
| Sein Anwalt Adrian Hollaender kündigte weitere Schritte an. Was Maurer | |
| seinem Mandanten angetan habe, erfülle den Tatbestand der üblen Nachrede | |
| gemäß Paragraf 111 Strafgesetzbuch. Das sieht härtere Strafen vor. „Das hat | |
| nichts mit Politik zu tun, das hat nichts mit Feminismus zu tun, das war | |
| einfach eine rechtswidrige öffentliche Diffamierung“, so Hollaender. | |
| ## Sexistische Mails sind nicht strafbar | |
| Wenig trostreich für die Verurteilte war die vom Richter geäußerte | |
| persönliche Meinung, dass der Kläger hinsichtlich der Autorenschaft gelogen | |
| habe: „Entweder hat er es selbst getan oder einen anderen decken wollen.“ | |
| Aber das sei nicht nachzuweisen gewesen. | |
| Für Maurers Anwältin Maria Windhager ist der Prozess ein „einzigartiger | |
| Fall von Täter-Opfer-Umkehr“. Anders als die üble Nachrede sind sexistische | |
| Mails nicht strafbar. Eine Debatte über Sexismus im Netz wird folgen. | |
| „Dieser Fall zeigt klar auf, dass der österreichische Rechtsstaat Menschen | |
| im Stich lässt, wenn es um (sexistische) Hass-Nachrichten geht. Es gibt | |
| kaum Möglichkeiten sich dagegen zu wehren“, so Schifteh Hashemi Sprecherin | |
| des Frauenvolksbegehrens, das bis Montag zur Unterschrift auflag. Hashemi | |
| fordert eine „Verwaltungsstrafe für Hate Speech im Netz“. | |
| 9 Oct 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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