# taz.de -- Abgabe für Krisenprofiteure: Koalitionskrach um Übergewinnsteuer | |
> SPD und Grüne legen im Streit über eine Sondersteuer für Krisengewinnler | |
> nach. Die FDP bleibt weiterhin strikt dagegen. | |
Bild: SPD-Vorsitzende Saskia Esken | |
BERLIN afp/rtr | In der Debatte über eine Steuer auf krisenbedingte Gewinne | |
von Unternehmen ist in der Ampelkoalition kein Kompromiss in Sicht. | |
SPD-Chefin Saskia Esken regte an, mit den [1][Einnahmen aus einer | |
Übergewinnsteuer] weitere Entlastungen für Bürger:innen zu finanzieren. | |
Die Grünen kündigten ein Konzept für eine „Ergänzungsabgabe“ für | |
Unternehmen an. Die FDP allerdings blieb bei ihrem Nein. | |
Esken sagte, die Gegenfinanzierung weiterer Entlastungen der | |
Verbraucher:innen „kann auch durch eine Übergewinnsteuer für | |
Unternehmen erfolgen, die ohne eigene zusätzliche Leistung von der Krise | |
profitieren“. Sie verwies auf Erfahrungen in anderen Ländern: „Viele | |
europäische Partner haben es uns vorgemacht und eine Übergewinnsteuer | |
erfolgreich eingeführt.“ | |
In [2][Großbritannien etwa müssen Öl- und Gaskonzerne wie BP und Shell] | |
vorübergehend auf ihre Zusatzgewinne 25 Prozent Steuern zahlen. Damit | |
sollen Teile eines Entlastungspakets für inflationsgeplagte britische | |
Haushalte finanziert werden. Spanien, Italien und Ungarn haben ähnliche | |
Abgaben angekündigt. | |
Esken sagte, viele große Stromkonzerne verdienten derzeit | |
überdurchschnittlich, „weil sie ihren Strommix zum aktuell höchsten | |
Marktpreis verkaufen können, auch wenn ihr Kostenmix diese Preise gar nicht | |
rechtfertigt“. Die SPD-Chefin fordert seit Längerem eine Übergewinnsteuer, | |
auch bei den Grünen gibt es Unterstützung für die Idee, etwa von | |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. | |
## Grüne arbeiten an Modell | |
Die Grünen-Fraktion brachte eine Abgabe ähnlich dem Solidaritätszuschlag | |
ins Spiel. „Am geeignetsten wäre technisch gesehen wahrscheinlich eine | |
Ergänzungsabgabe in der Körperschaftssteuer“, sagte Katharina Beck, | |
finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, der Welt. Die Fraktion | |
arbeite an einem solchen Modell und nehme dabei auch Bezug auf Lösungen in | |
anderen Ländern. „Orientieren können wir uns in manchen Aspekten am | |
italienischen Modell“, sagte Beck. Sie sprach von einer „befristeten | |
Abgabe“. | |
[3][Die FDP bekräftigte ihre Ablehnung] einer Übergewinnsteuer. „Es ist an | |
der Zeit, die Debatte um die Übergewinnsteuer ein für alle Mal zu | |
begraben“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Rheinischen Post vom | |
Dienstag. „Wir sollten uns jetzt vielmehr darauf konzentrieren, die | |
Menschen nachhaltig zu entlasten und unsere Wirtschaft wieder auf Kurs zu | |
bringen.“ Eine Übergewinnsteuer „würde willkürlichen Besteuerungsmaßnah… | |
des Staates Tür und Tor öffnen“, warnte Djir-Sarai. | |
## Italienische Konzerne verweigern Zahlung | |
Viele italienische Energieunternehmen haben die erste, bis Ende Juni | |
fällige Zahlung der Übergewinnsteuer offenbar verweigert. Der Regierung | |
fehlen damit Einnahmen von mehr als 9 Milliarden Euro, wie aus einem der | |
Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Dokument des Finanzministeriums in | |
Rom hervorgeht. Zwischen 10 und 11 Milliarden Euro sollten durch eine | |
25-prozentige Übergewinnsteuer auf Energiekonzerne eingenommen werden, die | |
vom drastischen Anstieg der Öl- und Gaspreise profitiert haben. | |
Der staatlich kontrollierte Energiekonzern ENI gab bekannt, er habe die | |
erste Rate gezahlt. Italiens größter Energieversorger Enel erklärte, er | |
habe 2,6 Milliarden Euro für die Zahlung der von den italienischen, | |
spanischen und rumänischen Regierungen auferlegten Sondersteuern verbucht. | |
Unternehmen, die die Zahlungsfrist Ende Juni verpasst haben, können die | |
Abgabe in den kommenden Wochen oder Monaten nachzahlen. Allerdings werden | |
dann Strafgebühren und Zinsen fällig. | |
2 Aug 2022 | |
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